Die Taufe – ein Zeugnis und ein Siegel des Geistes der Versöhnung
Die Geistestaufe ist nur eine, zerfällt aber in drei Teile. – Die Bedeutung der Geistestaufe. – Die Schlüssel zum Reich der Himmel. – Eine weitere Geistestaufe ist verheißen, diese aber allem Fleisch. – Deren Bedeutung. – Gebet um den Geist. – Das Zeugnis des Geistes. – Die Wichtigkeit dieses Zeugnisses. – Kein Friede mit Gott ohne dasselbe. – Nur wenige wissen, ob sie dasselbe haben oder nicht. – Woran wir es erkennen können. – Des Geistes Begleiterscheinungen: „geheiligt durch den Geist“, „erfüllt mit dem Geist“. – Das Siegel des Geistes. – Die Verheißung, deren Siegel er ist, bis zum Tag der Befreiung. – Die höchste Stufe muss angestrebt und festgehalten werden.
Als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle an einem Orte beisammen. Und plötzlich geschah aus dem Himmel ein Brausen, wie von einem daher fahrenden, gewaltigen Wind, und erfüllte das ganze Haus, wo sie saßen. Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen. Und sie wurden alle mit heiligem Geist erfüllt und fingen an in anderen Sprachen zu reden, wie ihnen der Geist gab auszusprechen.
Apostelgeschichte 2:1-4
Der Tag der Pfingsten ist eine sehr wichtige Tatsache in der Geschichte der Kirche (Herauswahl) des Evangeliums-Zeitalters. Er bewies, dass unser Erlöser für uns vor seinem Gott erschienen war, dass er, unser großer Hohepriester, dem Vater das Verdienst seines 50 Tage zuvor auf Golgatha vollendeten Opfers angeboten, dass der Vater das Opfer als vollgültig angenommen hatte, und dass also die Apostel und anderen Gläubigen, welche Jesum angenommen hatten und zum Vater zu kommen und Söhne Gottes gemäß Joh. 1:12 zu werden wünschten, nunmehr als solche anerkannt waren. Denn durch sein Kommen über sie bewies der Geist, dass sie angenommen waren; deshalb heißt er der „Geist der Kindschaft“, d.h. der Aufnahme an Kindesstatt in die Familie Gottes.
War nun diese Tatsache von solcher Wichtigkeit, so musste sie auch deutlich erkennbar gemacht werden. So wichtig es also einerseits war, dass die Apostel und die anderen Gläubigen den heiligen Geist, den Geist göttlicher Gnade in ihren Herzen empfingen, ebenso wichtig war es, dass eine den Sinnen zugängliche Kundgebung neben herging, welche nicht allein für sie selbst, sondern auch für alle späteren Gläubigen einen befriedigenden Beweis dafür gab, dass die Ausgießung des heiligen Geistes tatsächlich stattgefunden und Gott mithin die Herauswahl als Söhne und Miterben Christi angenommen hatte.
Aber kein Zug in der Pfingsterzählung nötigt uns, unsere Ansicht hinsichtlich des „heiligen Geistes“ zu ändern und anzunehmen, derselbe sei eine neben dem Vater und dem Sohne bestehende Person. Im Gegenteil liegt gerade in dem Umstand, dass alle den heiligen Geist empfingen, ein Beweis mehr dafür, dass derselbe nicht eine Person ist, sondern eine von einer Person ausgeübte Kraft – der von Gott auf seine eben erst angenommenen Kinder ausgeübte und in ihnen wirksame Einfluss. Das ersieht man im weiteren daraus, dass die verschiedenen Fähigkeiten und natürlichen Anlagen der Apostel unter diesem Einfluss neue Kraft, neues Leben und größere Dimensionen erhielten. Hierauf bezieht sich die vom Apostel (Eph. 4:8) zitierte Stelle des Alten Testaments, wo wir lesen, dass unser Herr Jesus, nachdem er hinaufgestiegen, für die Menschen Gaben empfangen (Psalm 68:18) und den Menschen Gaben gegeben – geistige Gaben, Fähigkeiten. Die große Gabe, sein eigenes Leben, hatte er schon gegeben und damit den Rückkaufpreis für die ganze Menschenwelt aufgebracht. Und unter den erkauften Millionen, die Menschheit bis an das Ende des Zeitalters umfassend, war auch die „kleine Herde“, die ihm in besonderer Weise, als Braut, als Miterben und Teilhaber an der Königswürde gegeben war. Die Herauswahl derselben hatte bereits begonnen; die Erstlinge harrten des Pfingstsegens, und die Zeit ihrer Anerkennung war gekommen. Der Vater war es, der die Herauswahl Christi anerkannte in dem Sinne, dass er durch ihre Erfüllung mit seinem heiligen Geiste als einem Einfluss, einer Macht, die Aussöhnung der Gläubigen mit ihm besiegelte. Nun wurden sie nicht mehr als Sünder und Fremdlinge, ja sogar nicht mehr als Knechte betrachtet, sondern als Söhne, „Teilhaber an der himmlischen Gabe“.
War nun diese Gabe des heiligen Geistes vom Vater, als deren Ursprung, deren Quelle, so werden wir doch belehrt, dass sie in geeigneter Weise ausgegossen wurde durch Gottes hochgeehrten Stellvertreter, Christus Jesus; unser Haupt und unseren Herrn, durch den jeder Segen Gottes gekommen ist und kommen wird. In der Tat lesen wir im Pfingstbericht (Apg. 2), wo Petrus unter der Leitung des heiligen Geistes den Gegenstand erläuterte: „Jesus, nachdem er durch die Rechte Gottes erhöht worden ist und vom Vater die Verheißung des heiligen Geistes empfangen, hat dieses ausgegossen, was ihr (jetzt) sehet und höret.“
Demgemäss kann auch nie zu viel Wichtigkeit gelegt werden auf diese Taufe mit dem heiligen Geiste; sie bezeichnet die Anerkennung der Herauswahl, und ohne sie hätten wir keinen Beweis dafür, dass das Opfer unseres Herrn als Lösegeld angenommen worden, und dass wir nun als gerecht gerechnet werden.
Hinwiederum müssen wir uns aufs entschiedenste verwahren gegen die bei vielen ernsten Christen herrschende, aber darum nicht minder schriftwidrige und also irrige Idee, dass wir häufige Taufen mit dem heiligen Geiste erwarten und zu erlangen suchen sollen. Diese Erwartung kann sich auf keine Verheißung im Worte Gottes stützen; sie steht vielmehr im Widerspruch mit dem in demselben kundgemachten Plan Gottes. Merke, dass die Schrift nur drei Taufen mit dem heiligen Geist namhaft macht, und dass jede derselben, aber auch nicht eine mehr, notwendig war, indem die drei die Abteilungen der einen Taufe waren. Die drei Taufen sind:
- Die Taufe unseres Herrn Jesus,
- Die Taufe zu Pfingsten,
- Die Taufe des Kornelius, des ersten von Gott als „Sohn“ anerkannten Heiden.
Wir wollen diese drei Taufen kurz in dieser Reihenfolge betrachten.
1. Unseres Herrn Taufe mit dem heiligen Geist war nicht allein für ihn selbst unentbehrlich, damit er teilhaftig werde der göttlichen Macht – er war die göttliche Kraft in ihm und das Unterpfand seiner Empfängnis zur, und seines Erbanspruches auf die göttliche Natur, – sondern es war außerdem auch angezeigt, das eine äußerliche Kundgebung oder Anerkennung Jesu stattfinden werde, die anderen ermöglichte, in ihm den Gesalbten Gottes zu erkennen. Diese Kundgebung oder Begleiterscheinung war die Gestalt einer Taube, welche auf ihn hernieder stieg und über ihm leuchtete. Der Text gibt nicht zu verstehen, dass die Leute überhaupt diese Kundgebung der göttlichen Gunst sahen; die Meinung ist vielmehr, dass Johannes der Täufer, der damals ein Reformationswerk in Israel verrichtete und als Prophet, als Knecht Gottes anerkannt war, allein das Herniedersteigen des Geistes auf unseren Herrn sah und hernach davon zeugte. Denn der Text lautet (1. Joh. 1:32, 33): „Und Johannes zeugte, sagend: Ich schaute den Geist aus dem Himmel hernieder fahren einer Taube gleich, und er blieb auf ihm; und ich kannte ihn nicht (wusste nicht, dass er der Messias war); aber der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist hernieder fahren und auf welchen ihm bleiben, dieser ist es, der mit heiligem Geist tauft; und ich sah und bezeugte, dass dieser der Sohn Gottes ist.“
2. Die Taufe der Herauswahl zu Pfingsten sollte, wie Johannes hier erklärt, das Werk Christi sein, des, der mit heiligem Geiste tauft. Petrus bestätigt es, wie wir gesehen, indem er verkündet, dass Christus seinen heiligen Geist ausgegossen habe. Er allein kann so taufen, weil er die Welt erkauft hat, alle erkauft mit seinem teuren Blut, weil niemand zum Vater kommt, denn durch ihn, weil der Vater niemanden richtet, sondern alles Gericht dem Sohne überlassen hat, und endlich, weil der Sohn nach seiner Erhöhung als des Vaters Stellvertreter handelt, um alle, die zum Vater kommen durch ihn, in volles Einvernehmen mit dem Vater zu bringen.
Die Taufe war, wie wir schon gesehen, notwendig von einer sichtbaren Kundgebung begleitet wie diejenige Jesu, damit sie wahrgenommen und bezeugt werden könne. Weder das Brausen, das den Raum erfüllte, noch die gespaltenen Zungen von Feuer, die sich auf jeden von ihnen (wahrscheinlich den Aposteln, sie dergestalt als besondere Vertreter des Herrn und Mundstücke des heiligen Geistes bezeichnend) setzten, noch die Taube, die Johannes sah, waren der heilige Geist, sondern nur wahrnehmbare Erscheinungen des Unsichtbaren. Die Taube, das Symbol der Friedfertigkeit und Reinheit, war eine passende Darstellung des Geistes der Liebe Jehovas, der Jesum erfüllte, und die „gespaltenen Zungen“ ein passendes Wahrzeichen für die Apostel als vom heiligen Geist geleitete Zeugen. – Apg. 2:32, 3:15, 5:32, 10:39, 41, 13:31
3. Endlich war eine besondere Kundgebung der göttlichen Macht notwendig bei der Annahme des Kornelius als des ersten Erwählten aus den Nationen. Denn bisher waren die Nationen von jeglicher Gnade ausgeschlossen gewesen, nicht einmal als Knechte annehmbar. Infolgedessen war es für die Gläubigen aus der Beschneidung keineswegs selbstverständlich, dass von nun an die Nationen der größeren Ehre der Sohnschaft würdig erachtet würden. Daher musste Gott seine Gnadenerweisung an die Heiden deutlich und unmissverständlich kundmachen. Wie wir schon gesehen, war es mit Gottes Plan nicht vereinbar, dass irgend ein Unbeschnittener angenommen würde, bevor die Gnadenzeit der siebzig Wochen für die Juden abgelaufen war (3 ½ Jahre nach Pfingsten). Daher konnte die Tatsache, dass Bekehrte aus den Nationen Miterben gleichen Ranges mit Bekehrten aus den Juden werden konnten, nicht schon durch die Taufe zu Pfingsten angedeutet werden, und angesichts der tiefeingewurzelten Vorurteile der Apostel sowie der anderen Juden war es sehr angezeigt, dass die Annahme des Kornelius den Aposteln durch die selben Zeichen bekundet wurde, welche zu Pfingsten wahrgenommen worden waren. Doch ist es nicht notwendig, anzunehmen, dass die „gespaltenen Zungen von Feuer“ sich auf Kornelius setzten; er empfing wahrscheinlich nur, gleich den übrigen Bekehrten aus den Juden, einige der Gaben, die zu Pfingsten auf alle kamen.
Auf welche andere Weise hätten wir je wissen können, dass die Nationen von Gott angenommen seien? Wäre die Taufe mit dem heiligen Geist und die übrigen Pfingstgaben auf die Gläubigen vom Samen Abrahams nach dem Fleisch beschränkt geblieben, so hätten hinsichtlich der Stellung der Kinder Gottes, die nach dem Fleisch aus den Nationen stammen, das ganze Evangeliums-Zeitalter hindurch Zweifel fortbestanden, ob sie denn auch wirklich angenommen seien. Durch die Taufe des Kornelius aber mit heiligem Geist bekundete der Herr ganz unzweideutig, dass hinfort in Bezug auf die Annahme als Kind Gottes in Christo kein Unterschied mehr bestehe „zwischen Jude und Grieche, Freien und Knechten, Mann oder Weib.“ Niemand ist annehmbar durch sich selbst, infolge der ihn anhaftenden Sünde; daher wird von nun an in ihm nur angenommen, wer zum Vater kommt durch seinen geliebten Sohn, unseren Herrn. – 1. Kor. 12:13
Außer diesen drei Fällen von Taufen mit dem heiligen Geist erwähnt die heilige Schrift durchaus keine. Es hat daher die Anschauung vieler Kinder Gottes, dass sie noch weitere Taufen mit dem heiligen Geist erwarten, erbeten und herbeiführen helfen sollen keine Berechtigung. Solche weitere Taufen sind ganz unnötig, weil die eine Taufe zu Pfingsten mit ihrem Nachtrag im Hause des Kornelius allen Erfordernissen genügt. Diese beiden Taufen galten nicht nur den Einzelpersonen, die zunächst den Segen davontrugen, sondern außerdem der von ihnen vertretenen Herauswahl, dem Leibe des Christus als Ganzes. Dass diese Taufe der Herauswahl in zwei Abschnitten erfolgte, zunächst zu Pfingsten an den ersten Gläubigen aus der Judenschaft, und dann im Hause des Kornelius an den ersten Gläubigen aus den Nationen, steht allein in vollem Einklang mit dem, was unser Herr vor seiner Kreuzigung in Bezug darauf dem Petrus sagte: „Ich will dir die Schlüssel zum Reiche der Himmel geben.“ (Matth. 16:19) Ein Schlüssel versinnbildlicht die Macht, aufzuschließen; und dass von mehr als einem Schlüssel die Rede, deutet an, dass mehr als eine Tür aufzuschließen war. Tatsächlich waren es denn auch der Türen zwei und demgemäss auch zwei Schlüssel, und Petrus war es, der beide Schlüssel gebrauchte, wie es der Herr vorausgesagt, der vor den Juden und vor den Nationen je eine Tür aufschloss. Den ersten Schlüssel gebrauchte er zu Pfingsten, wo er der erste und hauptsächlichste Redner war, der die neue Gnadengabe des Geistes den ersten dreitausend Gläubigen vermittelte, die alsbald durch die geöffnete Tür eingingen (Apg. 2:37-41). Wiederum, als die Zeit gekommen war, dass die frohe Botschaft auch den Nationen verkündigt werden sollte, war es Petrus, den der Herr, seiner einst getroffenen Wahl gemäß, aussandte, dem Kornelius befehlend, Petrus zu sich zu bitten, und dem Petrus befehlend, zu Kornelius zu gehen und ihm und seinem Hause die frohe Botschaft zu verkündigen. Da brauchte Petrus den zweiten Schlüssel, die Tür des Königreiches vor den Nationen aufzuschließen, und Gott war des Zeuges, indem er auf Kornelius und die anderen Gläubigen aus den Nationen seines heiligen Geistes wunderbare Gaben und Kundgebungen ausgoss.
Die richtige Auffassung dieser Taufe mit heiligem Geist ist die einer Ausgießung und Salbung, die aber so vollständig ist, sich so über jedes Glied des Leibes erstreckt, dass sie einer Eintauchung (Taufe) gleichkommt. Diese Salbung oder Taufe hat das ganze Evangeliums-Zeitalter hindurch gedauert, von Anbeginn bis jetzt einen jeden erreichend, durchdringend, heiligend, segnend und salbend, der in den gesalbten „Leib“ (die Herauswahl, die da ist sein Leib) gekommen ist und kommt. Und das wird so bleiben, bis das letzte Glied angenommen und vollständig gesalbt sein wird. Darum sagt der Apostel Johannes, indem er von der Taufe als von einer Salbung (Weihung) spricht: „Die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibet in euch.“ (1. Joh. 2:27; vgl. Psalm 133:2) Er spricht nicht von zahlreichen Salbungen, die sie empfangen hätten, sondern von der einen Salbung, da ein mehreres überflüssig wäre und mit dem göttlichen Plan nicht im Einklang stünde.
Vom Standpunkt Gottes aus ist eben die Herauswahl ein Ganzes. Denn, „gleichwie der Leib einer ist, aber viele Glieder hat, …. also auch der Christus. … Ihr aber seid der Leib Christi und (einzeln genommen) Glieder insonderheit“ (1 Kor. 12:12 – 27). In Übereinstimmung hiermit geht die Schrift, wenn sie von unserem Verhältnis zum Vater spricht, immer von der Anschauung aus, dass wiewohl der Herr sich eines jeden einzelnen unter uns besonders annimmt, wir in den Augen des Vaters nicht sowohl als Einzelwesen, sondern als Glieder oder Teile eines Einzelwesens gelten, das da ist der Christus, Haupt und Leib. Darum bezeichnet denn auch die Schrift die Aufnahme, die Taufe in den Leib Christi als den ersten Schritt, den wir zu tun haben, nachdem wir gläubig geworden.
Wir wollen hier die Frage der Taufe im allgemeinem nicht besprechen, sondern sie für eine spätere Betrachtung aufsparen. Wir weisen nur auf die Tatsache hin, dass Gläubige aufgefordert werden, in den Christus getauft zu werden; damit sie der Taufe in den heiligen Geist teilhaftig werden. Da der heilige Geist nicht eine Person, sondern, ein heiliger Geist, ein Einfluss ist, den die Herauswahl besitzt, so müssen alle, die dieser Gnadengabe teilhaftig werden wollen, zu dieser Herauswahl, die da ist sein Leib, in Beziehung treten. Auf andere Weise ist der heilige Geist nicht erhältlich. Wir verstehen unter dieser Beziehung zur Herauswahl nicht den Eintritt in irgend eine „Kirche“ menschlichen Ursprungs, heiße sie nun Methodisten-, Presbyterianer-, Lutherische- oder Katholische-Kirche. Wir meinen die Mitgliedschaft in der Herauswahl, deren Mitglieder mit Sicherheit nur daran erkannt werden können, dass sie den heiligen Geist der Liebe haben, der sich durch seine mancherlei Früchte ausweist.
Wer also tatsächlich mit Christus eins wird und somit tatsächlich eins wird mit allen Gliedern seines Leibes, fühlt kein Bedürfnis, um gegenwärtige oder zukünftige Pfingstsegnungen zu beten, sondern vermag freudig und vertrauensvoll auf die Segnung zu Pfingsten und im Hause des Kornelius zurückzublicken und in derselben den Beweis zu erblicken, den der Vater von der Annahme der Herauswahl als eines Ganzen, durch Christum, gegeben hat. Mit dieser göttlichen Anordnung sollten alle vollauf zufrieden sein können. Wir sagen nicht, dass unser Herr denjenigen zürnt, die nicht klar sehen und daher im Widerspruch mit seinem Willen um viele Pfingsttage beten. Wir denken vielmehr, dass er sich ihrer Unwissenheit erbarmen, ihre Gebete, wiewohl sie damit auf falscher Fährte sind, ansehen und ihnen, ohne seinen Plan zu ändern, einen Segen zu teil werden lassen wird (soweit dies mit ihren trügerischen Hoffnungen und ihrer Missachtung des Wortes Gottes vereinbar ist), dass Seufzen ihrer Herzen nach Gemeinschaft mit ihm in Berücksichtigung ziehend.
Es ist befremdlich, dass diese lieben Freunde, die beständig um eine Taufe mit dem heiligen Geiste beten, nie bemerkt haben, dass die Apostel weder selbst um zukünftige Pfingsten beteten noch die Herauswahl anweisen, es zu tun. Halten sie sich für weiser als die inspirierten Apostel, oder als heiliger denn sie, als mehr bestrebt, mit dem heiligen Geiste erfüllt zu sein? Wir wollen zuversichtlich hoffen, dass sie sich keinen so selbstsüchtigen und selbstherrlichen Einbildungen hingeben, sondern dass ihre Gefühle denen von unwissenden Kindern gleichen, die gedankenlos und manchmal eigensinnig gütige Eltern mit Bitten um unnötige und nie versprochene Gaben und Vergünstigungen quälen, die ihnen nicht gewährt werden können.
Die allgemeine Taufe mit dem Geiste
„Hernach will ich ausgießen meinen Geist auf alles Fleisch.“ – Joel 2:28
Der heilige Geist ist bestimmt, das Mittel der Aussöhnung zwischen dem Allmächtigen und dem mit Christi teuren Blute erkauften sündigen Menschengeschlecht zu sein. Wie es der Zweck des Opfers Christi war, den Weg zu eröffnen, auf dem Gott gerecht sei und gleichwohl alle gerecht machen könnte, sofern sie an ihn (Christum) glauben und durch ihn (Christum) zum Vater zu kommen suchen, so ist es das Werk des verherrlichten Mittlers, so viele zur vollen Gemeinschaft und Übereinstimmung mit Gott zurückzubringen, als dahin zurückzukehren unter den (vom Tod) Zurückgekauften willig sind, nachdem sie die hierzu nötige Gelegenheit erhalten haben und zu der hierzu nötigen Erkenntnis (der Wahrheit) werden gebracht worden sein. Dieses Werk der Zurückbringung der Sünder zu Übereinstimmung mit Gott zerfällt, wie wir gesehen, in zwei Teile, deren erster die Herauswahl, d.h. die Zurückbringung einer kleinen Herde während des Evangeliums-Zeitalters ist, und deren zweiter die Zurückbringung so vieler von der Großzahl der Menschheit sein wird, als da während des tausendjährigen Reiches sich zurückbringen lassen wollen.
Die Grundlage der Übereinstimmung mit Gott ist aber nicht die, dass Gott gleichsam auf unsere Stufe hernieder steigt, Sünde übersieht oder entschuldigt und uns als Sünder zu Gnaden aufnimmt. Die Sünder müssen vielmehr ihre Sünden ablegen, von Herzen den Maßstab der göttlichen Gerechtigkeit für ihre eigenen Handlungen, Worte und Gedanken annehmen und zu voller Herzensübereinstimmung mit Gott zurückkehren, so dass sie des himmlischen Vaters heiligen Geist, Sinn, Willen und Herzensstandpunkt nachzusuchen und desselben auf dem hierzu bestimmten Wege unter der Fürsorge Christi teilhaftig zu werden entschlossen sind, indem sie ihm den Platz des eigenen Sinnes, Willens und Herzensstandpunktes anweisen und so durch Erneuerung ihrer Gesinnung umgestaltet werden. Diese Umgestaltung fordert Gott im Evangeliums-Zeitalter von der Herauswahl, im kommenden Tausendjahr-Zeitalter wird er sie von der Welt verlangen, und der Christus wird diese Wiederaussöhnung der Welt mit Gott vermitteln. Nicht ein Jota vom göttlichen Gesetz wird abgeändert werden; Sünde und Unvollkommenheit kann niemals entschuldigt oder als Vollkommenheit und Gerechtigkeit gerechnet werden. Vielmehr wird die Menschheit der Gewalt des Christus unterstellt sein zu ihrer Neugestaltung und Wiederbringung zu der Gottähnlichkeit, die durch Vater Adams Übertretung verloren gegangen ist; und eines der Mittel, durch welche die Welt wieder zur Übereinstimmung mit Gott gebracht wird, besteht in dem Ausschluss des Einflusses Satans (2. Kor. 4:4; Offb. 20:2), welcher jetzt die Menschheit in Ketten der Blindheit gefangen hält. Die Welt wird alsdann statt unter dem Einfluss eines Geistes der Täuschung und des Irrtums, des Aberglaubens und der Unwissenheit, unter dem des Geistes der Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe stehen. Die äußerlichen Verhältnisse, unter deren Druck die Menschen jetzt zu leiden haben, so dass ihre Herzen mit Zorn und Bosheit, mit Hass und Streit- und Selbstsucht erfüllt werden, sollen verändert werden, indem sie nicht mehr jenem bösen Einfluss, der mehr und mehr eingedämmt und schließlich gänzlich beseitigt werden soll, stehen, so dass an Stelle obiger böser Eigenschaften Rechtschaffenheit, Güte, Milde, Mitteilsamkeit und Liebe die Menschenherzen erfüllen werden.
In dieser Weise wird, durch Vermittlung des Christus, der heilige Geist Gottes über die Menschheit ausgegossen werden, ihr erst Licht und Klarheit gebend, dann ihr Hilfe, Beistand und Stärke leihend, die vererbten bösen Neigungen zu überwinden, und schließlich sie im Guten unterweisend und hierdurch zu der durch Vater Adams Ungehorsam verloren gegangenen Gottebenbildlichkeit zuführend.
Während diese großartigen Aussichten für die Menschheit unser Herz mit einer Freude erfüllen, wie sie die Kinder Gottes in der vergangenen Zeit bei weitem nicht kennen konnten, bilden sie für die Feinde des Herrn keinen Trost, und ebenso für diejenigen, welche, nachdem sie Gelegenheit erhalten, den heiligen Geist zu empfangen und sich von ihm erfüllen zu lassen, sich ablehnend verhalten. Der heilige Geist wird auf alles Fleisch ausgegossen werden; aber es wird eines Willensaktes jedes einzelnen bedürfen, um der mit dieser Ausgießung verbundenen Segnungen teilhaftig zu werden: gerade wie es im gegenwärtigen Evangeliums-Zeitalter von den Gläubigen, welche mit heiligem Geist erfüllt und gesegnet zu werden wünschen, gefordert wird, dass sie die hierzu gesetzten Mittel anwenden, sich ganz weihen und die Wahrheit in sich aufnehmen, auf dass sie „den Geist der Wahrheit“ haben möchten. Wenn einst der große Verkünder der Wahrheit und Lebensspender, der Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks (der ganze Christus, Haupt und Leib) hervortreten wird, um die Welt zu segnen, dann wird dies Segnung und ewiges Leben bedeuten für alle diejenigen, die seine Worte hören und aufnehmen und darnach tun, Vernichtung im zweiten Tod aber für alle diejenigen, die auf ihn zu hören sich weigern, als geschrieben steht: „Eine jegliche Seele, die irgend auf jenen Propheten nicht hören wird, soll aus dem Volke ausgerottet werden.“ – Apg. 3:23
In Joels Weissagung sind, wie man bemerken wird, die Ereignisse in umgekehrter Reihenfolge erwähnt. Der Prophet spricht zuerst von der Ausgießung des heiligen Geistes auf alles Fleisch, und hernach von derjenigen auf die Herauswahl. Ohne Zweifel bezweckte der Herr, indem er den Propheten so schreiben ließ, einige herrliche Einzelheiten dieser seiner großen Verheißung zu verbergen oder zu verhüllen, bis die Zeit kommen würde, wo sie verstanden werden sollten (Dan. 12:9, 10). Wiewohl die Stelle jahrhundertlang immer wieder gelesen worden, konnte sie doch nicht in ihrem vollen Werte klar erkannt werden, bis die von Gott bestimmte Zeit da war. Das ganze Evangeliums-Zeitalter hindurch hat der Herr seinen Geist bloß auf seine Knechte und Mägde ausgegossen, und dies bedeutete für sie ein großes Glück, für alle, die in den Christus getauft und als Söhne seiner Salbung teilhaftig wurden. Auf diesen Zug der Weissagung verwies der Apostel in seiner Pfingstrede. Er zitierte zwar die Weissagung unverkürzt, aber, vom heiligen Geist geleitet, ging er auf deren ersten Teil nicht näher ein, da die Zeit, ihn zu verstehen, noch nicht gekommen war. Daher unterließ es auch Petrus, von dem Unterschied zu reden, wonach der heilige Geist im jetzigen Evangeliums-Zeitalter allein auf Gottes Knechte und Mägde und erst im kommenden Zeitalter auf alles Fleisch ausgegossen werden sollte, und sagte bloß mit Hinweisung auf seine und der anderen Gläubigen Salbung mit heiligem Geist: „Dies ist, wovon im Propheten Joel gesagt ist“ – ein Teil, der Anfang der Erfüllung.
Die vollständige Erfüllung liegt auch heute noch in wenn auch sehr naher Zukunft. Der Prophet verkündete auch noch weitere Dinge neben der Ausgießung des heiligen Geistes auf alles Fleisch, welche zu Pfingsten noch in der Zukunft lagen. Er verkündete die Verfinsterung von Sonne und Mond und das Kommen des großen und schrecklichen Tages des Herrn, der jetzt unmittelbar bevorsteht, und der auf der Grenze zwischen den beiden Zeitalter steht, in deren erstem nur die Knechte und die Mägde, die Herauswahl, im letzteren aber alles Fleisch des heiligen Geistes teilhaftig werden soll.
Wie wir gesehen, wird der Geist Gottes, der im nächsten Zeitalter über die Welt kommen wird, kein anderer sein als der, der im gegenwärtigen Zeitalter über die Herauswahl kommt; denn er ist nach wie vor der Geist der Wahrheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Übereinstimmung mit Gott, der Geist oder Einfluss, den Gott ausüben wird zu Gunsten der Gerechtigkeits- und Wahrheitsliebe und der Güte. Aber ein Unterschied wird doch bestehen in den Folgen, die die Verleihung des Geistes nach sich zieht. Ihn jetzt empfangen und in Übereinstimmung mit ihm wandeln, bringt uns unvermeidlich in Konflikt mit dem überall um uns her herrschenden Geist dieser Welt. Darum sagt auch die Schrift allen denen, die den heiligen Geist jetzt aufnehmen und seiner Leitung sich anvertrauen, voraus, dass sie sich auf Widerstand und Verfolgung seitens derjenigen gefasst machen müssen, die den heiligen Geist nicht haben, und diese bilden die weitaus größte Überzahl. Ganz anders im kommenden Zeitalter. Da wird die Aufnahme des heiligen Geistes keine Verfolgung nach sich ziehen, aus dem einfachen Grunde, weil die gegenwärtige Ordnung der Dinge einer neuen wird Platz gemacht haben. Wie Satan jetzt der Fürst der Welt ist, so wird alsdann Christus der Fürst der Welt sein. Wie jetzt die Mehrzahl der Menschen, wissentlich oder unwissentlich, willentlich oder unwillentlich, unter Satans Einfluss steht, so wird alsdann die ganze Menschheit unter dem Einfluss des Christus und seiner gerechten Herrschaft stehen. Die Erkenntnis der Wahrheit wird alsdann Gemeingut werden für klein und groß. Das Gesetz des kommenden Zeitalters wird ein Gesetz der Gerechtigkeit, Güte und Wahrheit sein und durchgeführt werden, da es die Zeit des Reiches Gottes sein wird. Daher werden diejenigen, welche sich diesem für die Welt neuen Gesetz unterwerfen und den Geist der Wahrheit haben, deshalb nicht Verfolgung leiden müssen, sondern vielmehr Gunst und Segen finden und in dem Maße gedeihen, als sie den Geist der Heiligung in sich aufnehmen.
Den heiligen Geist besitzen, wird im 1000-jährigen Zeitalter nicht, wie im gegenwärtigen, die Empfängnis durch den Geist, zu einer späteren geistigen Natur, noch die Annahme an Kindesstatt und Aufnahme in die Miterbschaft des Christus an dessen königlicher Gewalt bedeuten. Diese Bedeutung und Verheißung hat die Verleihung und Aufnahme des heiligen Geistes nur im gegenwärtigen Evangeliums-Zeitalter und nur für die Klasse der Knechte und Mägde (Joel 2:28), welche dadurch, dass sie im gegenwärtigen Zeitalter den heiligen Geist aufnehmen und sich von ihm leiten lassen, mit dem Geist des Fürsten dieser Welt in Konflikt geraten und um der Gerechtigkeit willen leiden müssen, auf welchen aber auch deshalb der Geist der Gerechtigkeit (d.h. der göttlichen Natur) und der Geist Gottes ruht. – 1. Petr. 4:14
Den heiligen Geist besitzen wird im Tausendjahrzeitalter nur bedeuten, dass der Besitzer mit dem Christus in Übereinstimmung gekommen ist, und auch mit Gott übereinstimmt und des Segens teilhaftig werden kann, den Gott für die Menschheit im allgemeinen in Bereitschaft hält, und der nicht in einer Verwandlung aus der menschlichen in die göttliche Natur, sondern in die Wiederherstellung zu der durch Adams Fall eingebüssten menschlichen Vollkommenheit bestehen wird (Apg. 3:19-21). Den heiligen Geist besitzen wird alsdann ein Zeichen dafür sein, dass das Werk der Erneuerung – durch den zweiten Adam, zur Vollkommenheit der menschlichen Natur, die ihnen Christi großes Sühnopfer erkauft – in ihnen angefangen ist und sie, wenn sie die Entwicklung dieses Werkes nicht hindern, schließlich zu voller Gottebenbildlichkeit auf menschlicher Stufe bringen wird.
Die Segnungen, welche Christus als Wiederhersteller der Welt im 1000-jährigen Zeitalter wird zu gute kommen lassen, sind diejenigen, die er durch seine Selbstaufopferung für die Welt erkauft hat. Als Mensch Christus Jesus war er durch seine Hingabe der volle Rückkaufpreis für den Menschen Adam, auf welchen die Strafe kam. So sind es denn Adams Menschennatur, Rechte, Vorzüge, Leben und Herrschaftsansprüche, die durch das große Opfer für die Sünden zurück erworben wurden. Diese zurück erworbenen Dinge sind es, in deren Besitz die wiederhergestellte, erneuerte Welt durch ihren Wiederhersteller oder Vater, Christum Jesum, unseren Herrn, den zweiten Adam, wieder eingesetzt werden soll. – Eph. 1:14; Apg. 3:19-23
Wiewohl nun Christus nicht der zweite Adam war, als er als der Herr Jesus im Fleische wandelte, sondern es erst nach seiner Auferstehung zu einem Geistwesen ward, bedeutet nun keineswegs, dass er als zweiter Stammvater der Menschheit dieser Leben und Natur der Geistwesen verliehen wird. Im Gegenteil wird er ihr nur das Leben geben, nicht aber die Natur, die, wie im 4. Kapitel hier vor gezeigt worden, nicht vom Vater, sondern von der Mutter stammt. So hieß Adam ein Sohn Gottes, weil er zum sittlichen Ebenbild Gottes geschaffen war; die göttliche Natur aber hatte er nicht, sondern vielmehr die Natur seiner Mutter, die Erde. Die Aufgabe des Menschen inmitten der irdischen Schöpfung war, deren Beherrscher zu sein. An dieser Aufgabe hat sich durch den Ungehorsam und Fall Adams nichts geändert; der Mensch wird sie noch erfüllen, und nachdem einmal das Übel, welches der Widersacher über die Erde gebracht, gänzlich wird ausgetilgt worden sein, wird ihm durch Christum dazu verholfen werden.
Die Herauswahl des gegenwärtigen Evangeliums-Zeitalters wird, wie wir gesehen, eine Ausnahme von der Wiederherstellung bilden. Sie wird hoch erhöht, zur Herrlichkeit der Braut und Miterbin Christi erhoben werden und wird daher jetzt in besonderer Weise „gerichtet“, d.h. geprüft, auf die Probe gestellt, fähig und würdig gemacht, am Königreich teilzunehmen nach ihrer Verwandlung aus der menschlichen Natur zur göttlichen, die hoch über allen Engeln, Fürstentümern und Gewalten (im Reich der Geister) steht.
Das Gebet um den heiligen Geist
Wenn wir nun auch nicht angewiesen werden, um neue, nicht verheißene Taufen mit dem heiligem Geiste zu bitten, so werden wir doch sehr ausdrücklich gelehrt, um den heiligen Geist als eine gute Gabe zu bitten. „So denn ihr, die ihr doch arg seid, euren Kindern gute Gaben geben könnt, wie viel mehr wird euer himmlischer Vater den heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.“ (Luk. 11:13). Auch hier wiederum gibt der Sohn, durch den doch alle Dinge sind, dem Vater Ehre und Ruhm, indem er ihn als die Quelle des Segens bezeichnet. Das ganze Erlösungs- und Versöhnungswerk ist des Vaters Werk, der Sohn ist bloß dessen Vollstrecker. Darum erklärt er, dass es des Vaters Wohlgefallen sei, uns mehr und mehr mit seinem heiligen Geist zu erfüllen. Nach diesem Gut, nach diesem großen Segen fordert er uns auf zu suchen und zu trachten. Was irdische Gaben anbelangt, so belehrt uns unser Erlöser, dass unser himmlischer Vater wisse, was wir bedürfen, besser als wir es wissen, welche irdischen Gaben für uns förderlich sind und welche uns hinderlich wären. Darum sollen wir nicht wie die nicht Wiedergezeugten und Heiden um irdische Gaben bitten und flehen, sondern vielmehr, wie es Kindern gegenüber dem Vater gebührt, zu diesem und seiner Vorsehung volles Vertrauen habend, erwarten, dass er uns das zuträglichste verleihen wird, und mit dieser Hoffnung und Zuversicht uns zufrieden geben. Daran hingegen hat der himmlische Vater Freude, wenn wir nach immer reichlicherer Erfüllung mit heiligem Geist, nach mehr und mehr Übereinstimmung unserer Gesinnung mit seinem Geist trachten und verlangen. Diesen Wunsch verheißt er zu erfüllen. Dabei verfährt er in der Weise, dass er die Verhältnisse seiner Kinder so ordnet, dass in ihnen selbst oder in ihrer Umgebung liegende Hindernisse überwunden werden, so dass sein Geist der Liebe in ihnen reichlich vorhanden sei und sie schließlich ganz erfülle.
Das ist aber nicht eine neue Taufe mit dem heiligen Geist. Diese Taufe fand im Anfang statt; was jetzt zu tun übrig bleibt, ist, die Schleusen nach jeder Richtung hin zu öffnen, um den heiligen Geist der Liebe und Wahrheit überall hindringen und alle unsere Taten, Worte und Gedanken durch dringen zu lassen. Wir bedürfen aber göttliche Hilfe, die Wirksamkeit der Weisheit und Vorsehung des Herrn in uns, um zu erkennen, was die Schleusen verstopft und wie wir die Hindernisse beseitigen können. Der heilige Geist kann nur denen in vollem Maße zuteil werden, welche ihn ernstlich verlangen, darum bitten und danach trachten. Wir müssen demselben durch Austreibung des Geistes dieser Welt in unsern Herzen Raum schaffen. Auch der Eigenwille muss Platz machen. Je mehr Raum wir zu schaffen wünschen, um den heiligen Geist aufnehmen zu können, um so williger und ängstlicher bestrebt sind wir, jeden entgegen wirkenden Einfluss und Willen zu beseitigen. Dies ist die Gesinnung, die der Herr bei uns sucht. Hieran denkt der Apostel in seinem Gebet für die Herauswahl in Ephesus, wenn er schreibt (Eph. 3:7-19): „Dass der (Geist des) Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne (d.h. dass er darin als König, Herrscher und Lenker jeglichen Gedankens, Wortes und Handelns throne), auf dass ihr, in der Liebe (dem heiligen Geist, der heiligen Gesinnung) gewurzelt und gegründet, völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe (der Liebe Gottes) sei, und zu würdigen vermöget die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, damit ihr erfüllt werden möget mit der ganzen Fülle Gottes.“ Wer mit dem Geiste des Christus erfüllt ist und die Liebe, die der Christus an den Tag gebracht hat, vollständig zu würdigen vermag, der wird den Geist des Vaters in aller Fülle empfangen.
Kein Wort in der aus Lukas angeführten Stelle kann so gedeutet werden, dass sie den Sinn bekäme, unser himmlischer Vater sähe es gerne, wenn seine Kinder um einen andern Gott, eine ihm selbst gleiche dritte Person aus einer Dreieinigkeit bitten würden. Diese Voraussetzung würde vielmehr auf die angeführte Stelle und den Kontext gar nicht passen, und wer sie dennoch festhält, kann die wahre Schönheit und Kraft der aus Lukas zitierten Verheißung nicht sehen. Es wäre fürwahr gar zu befremdlich, wenn eine Person der Dreieinigkeit von der andern sagen wollte, sie sei imstande und willens, uns die dritte in derselben Weise zu gebe, wie irdische Eltern ihren Kindern Brot, einen Fisch oder ein Ei geben (Luk. 11:11, 12). Hingegen wird die Stelle leicht verständlich, wenn unter dem heiligen Geist eine Sache verstanden wird, nämlich die göttliche Gesinnung oder der in verschiedenen Richtungen zur Stärkung, Ermutigung und geistigen Auferbauung der Kinder Gottes geltend gemachte göttliche Einfluss.
Unsere Stelle (Luk. 11:11-13) zieht eine Parallele zwischen gütigen irdischen Vätern, die ihren Kindern irdische Nahrung reichen, und unserem gütigen himmlischen Vater, der denen, so ihn bitten, seinen heiligen Geist gibt. Aber gleichwie der irdische Vater die erbetene Nahrung nur in den Bereich des ihn bittenden Kindes bringt, sie ihm aber nicht aufzwingt, so hat auch unser himmlischer Vater die guten Segnungen seiner Gnade in den Bereich seiner geistigen Familie gebracht, zwingt sie uns aber nicht auf. Uns muss vielmehr danach hungern und dürsten; wir müssen danach trachten, ihn darum bitten, nicht mit Zweifeln im Herzen, sondern im festen Glauben daran, dass er gewillt ist, uns gute Gaben zu geben. Wenn wir also um den heiligen Geist, um die Erfüllung mit demselben beten, müssen wir uns dann auch nach der Gabe umsehen, welche er uns als Antwort auf unser von ihm selbst eingegebenes Gebet bereitet hat.
Diese Gabe finden wir im Wort der Wahrheit. Doch müssen wir uns nicht damit begnügen, zu wissen, dass sie dort ist; nein, wenn wir damit erfüllt zu werden wünschen, müssen wir essen, müssen wir an dem Mahle teilnehmen, sonst, wird uns die Sättigung, die es bringen soll, nicht zu teil. Wer an einer reich besetzten Tafel sich zuzugreifen weigert, der bleibt so hungrig, als hätte er nichts zu essen. So wenig als das Tischgebet an sich uns satt macht, wenn wir nicht nachher an den gesegneten Speisen unseren Hunger stillen, so wenig genügt es, das Wort Gottes auf seinem Büchergestell zu haben und um Erfüllung mit heiligem Geiste zu beten; wir müssen das Wort Gottes essen, wenn wir uns seinen Geist aneignen wollen. Unser Meister erklärte: „Die Worte, die ich zu euch rede, sie sind Geist und sind Leben“ (Joh. 6:63). Und von allen, die mit seinem Geiste erfüllt sind, gilt des Propheten Wort: „Deine Worte waren vorhanden, und ich aß sie“ (Jer. 15:16; vergl. Offb. 10:9). Es ist rein nutzlos, um den heiligen Geist zu bitten, wenn wir das Wort der Wahrheit beiseite liegen lassen, das gerade jener Geist beschafft hat, damit wir daraus schöpfen können. Bitten wir nur um den Geist und wenden nicht die in unserem Bereich stehenden Mittel an, um den Geist der Wahrheit auch zu erhalten, so werden wir immerfort, wenn es hoch kommt, „Säuglinge in Christo“ bleiben, die nach äußeren Zeichen unserer Beziehungen zum Herrn suchen, statt nach den inneren Zeichen, dem Worte der Wahrheit, das er für uns beschafft hat.
Das Zeugnis des heiligen Geistes
„Der (heilige) Geist selber gibt unserm Geiste Zeugnis, dass wir Kinder Gottes sind.“ – Röm. 8:16
Wenige Lehren sind wichtiger für die Kinder Gottes als die in diesem Vers enthaltene, denn sie bildet die wichtigste Voraussetzung dafür, dass sie „den Frieden Gottes besitzen, der allen (menschlichen) Verstand übersteigt“ (Phil. 4:7). Wie können sie „volle Gewissheit des Glaubens“ (Hebr. 10:22) haben, wenn sie das Zeugnis des (heiligen) Geistes nicht haben, der ihnen ihre Sohnschaft, ihre Aufnahme an Kindesstatt in die Familie Gottes bezeugt? Und doch, wie wenige nur haben auch nur einigermaßen einen Begriff davon, was mit dem Ausdruck „Zeugnis des (heiligen) Geistes“ gemeint ist, oder nach welcher Art Erfahrungen sie Ausschau halten sollen, die für sie das Zeugnis des heiligen Geistes, wonach sie Kinder sind, ausmachen.
Die Frage: Wie bezeugt uns der (heilige) Geist, dass wir mit dem Vater eins sind? ist mithin eine sehr wichtige. Wie bezeugt der (heilige) Geist, dass wir Söhne Gottes geworden sind, dass wir unter göttlicher Vorsehung für die herrlichen Dinge vorbereitet werden, die Gott für diejenigen in Bereitschaft hat, die ihn lieben und Jesu Christi, unseres Herrn, Miterben an der königlichen Herrschaft im Tausendjahr-Reich werden sollen?
Über wenige Dinge herrscht unter Christen im allgemeinen mehr Unklarheit als gerade über das Zeugnis des (heiligen) Geistes. So gibt es denn viele unter den besten von Gottes Kindern, die bekennen müssen, dass sie nicht wissen, was dieses Zeugnis sei, und daher auch nicht wissen, ob sie dieses Zeugnis haben oder nicht. Andere, mehr von Sicherheit als von Erkenntnis erfüllt, behaupten dieses Zeugnis zu haben und berufen sich dabei auf ihre Glücksempfindungen. Solche aber müssen, wenn sie aufrichtig sind, früher oder später zugeben, dass das Zeugnis, auf welches sie gebaut hatten, ein sehr unzureichendes sei: es kommt ihnen in den Zeiten größter Not abhanden. Solange alle Leute Gutes von ihnen aussagen, solange sie sich guter Gesundheit, geschäftlichen Gedeihens, zahlreicher Freunde erfreuen, fühlen sie sich in der Tat glücklich. Kommen ihnen aber einige oder alle diese Vorzüge abhanden, dann fühlen sie sich unglücklich; sie verlieren, was sie für das Zeugnis des heiligen Geistes hielten, und rufen in ihrer Seelenangst:
„Wo ist das Glück, das ich empfand,
Als ich einst meinen Jesus fand!“
Solche Kinder Gottes werden durch ihre Gefühle getäuscht und irre geleitet. Sie fühlen sich glücklicher und halten sich für näher Gott gebracht zu einer Zeit, wo sie gerade, unter Führung des Widersachers direkt auf dem Wege zur Versuchung wandeln. Dies ist schuld an einigen der häufigen Fällen, wo Kinder Gottes plötzlich aus der Gnade fallen, zu ihrer eigenen und ihrer Freunde Verwunderung. Getäuscht durch ein unzuverlässiges Zeugnis, fühlen sie sich sicher, sind nicht mehr auf der Hut und bestehen dann nicht in der Versuchung gerade in einer Zeit, wo sie sich – nach ihrem eigenen Zeugnis – so glücklich im Herrn(?) fühlten. An solchen sind dann wieder die Prüfungen und Enttäuschungen, die ihnen das Leben bringt, und die gerade dazu bestimmt sind, uns unserem Vater näher zu bringen und unseres Heilands liebende Anteilnahme und Fürsorge so recht schätzen zu lernen, zum Teil verloren. Denn da sie das Zeugnis ihrer Gefühle für dasjenige des (heiligen) Geistes hielten, so fühlten sie sich nun so beraubt, so hungrig und durstig nach der Wiederkehr guter Gefühle, dass sie für manche gute Belehrung unzugänglich werden, die ihnen nur zu teil werden kann, wenn sie vertrauensvoll an des Herrn Busen liegen und sich in seiner Gesellschaft wissen, während sie des Lebens Leidenskämpfe durch kosten müssen.
Eine andere Klasse von Christen scheint aus der von ihnen gemachten Erfahrung von der Unzuverlässigkeit des Zeugnisses der Gefühle zu schließen, dass Gott (wenigstens ihnen) jede zuverlässige Bezeugung seiner Gnade, ihrer Aufnahme an Kindesstatt in Gottes Familie versagt habe. Sie haben es wie der Dichter, welcher sang:
„Oh dass mir doch kein Zweifel blieb
In meines Herzens Schrein,
Ob ich auch meinen Heiland lieb‘,
Ob ich auch wirklich sein!“
Diese Ungewissheit rührt zum Teil her von unrichtiger Auffassung der Lehre von der Erwählung. Doch darin haben diese lieben Freunde ganz recht, dass sie ihre veränderlichen Gefühle nicht für ein zuverlässiges Erkennungszeichen für ihre Sohnschaft halten.
Noch andere beurteilen, auf die Schriftstelle gestützt: „Den festen Sinn bewahrst du in Frieden (dem, dessen Herz auf dich sich gründet)“ (Jes. 26:3), ihre Sohnschaft nach der Ruhe ihres Gemüts. Sehen aber dann solche manche Heiden oder Weltkinder auch anscheinend im Besitz der Gemütsruhe, dann reicht das selbst gegebene, irrtümlich dem (heiligen) Geist zugeschriebene Zeugnis nicht mehr aus, um ihre Hoffnungen aufrecht zu erhalten und ihnen volle Sicherheit zu geben. Die dunklen Stunden kommen, und dann sagen sie: „Wie haben wir uns doch leicht täuschen lassen!“ und quälen sich mit dem Gedanken, sie hätten sich am heiligen Geist versündigt – denn „Frucht hat Qual“.
Endlich wird es welche geben, die, ihre Leichtgläubigkeit für Glauben haltend, sich einbilden, sie hören den Geist zu einem inneren Ohr flüstern, und sich dazu selbst dann beglückwünschen, wenn die Erfahrung sie gelehrt, dass die zugeflüsterte Belehrung falsch war. Gleichwohl erregt dieses angebliche Hören mit einem inneren Ohr bei tiefer denkenden Christen, die sich nicht in der Weise täuschen wollen, Verwunderung darüber, dass ihre Freunde so fest behaupten können, der (heilige) Geist tue sich ihnen kund, während sie selbst sich dessen nicht so sicher fühlen.
Diese „Schwierigkeit“ hat ihren Grund zumeist darin, dass der (heilige) Geist für eine Person gehalten wird. Ist einmal die Tatsache richtig erkannt, dass der Geist Gottes jeden Einfluss, jede Kundgebung, mit der Gott hervorzutreten für gut findet, bedeutet, so verschwindet die „Schwierigkeit“, und das „Zeugnis des (heiligen) Geistes“ wird etwas ganz Bestimmtes, sicher Erkennbares. Denen, die das Zeugnis haben, wird es ein Glück sein, bestimmt zu wissen, dass sie es haben. Denen, die es nicht haben, wird es ebenfalls zum Segen gereichen, hierüber nicht im Unklaren zu bleiben, auf dass sie die Bedingungen des neuen Bundes erfüllen und das Zeugnis erhalten, ohne welches niemand den Anspruch erheben darf, sich als Sohn Gottes, als dem Vater annehmbar zu betrachten.
Welch eine Freude, welch ein Friede ist das Teil derer, die das wahre Zeugnis haben! die die nötigen Erfahrungen machen und dieselben in ihrer tieferen Bedeutung zu verstehen gelernt haben! Sie sind fröhlich in Trübsal, sehen Licht auch in der Finsternis, haben Trost in Leid und sind stark, auch wenn sie schwach sind. Und unseres Vaters wunderbares Buch, die Bibel, ist es, die uns auch in dieser Frage, wie in allen anderen, die richtige Weisungen erteilt. In demselben und durch seine Aussagen gibt Gottes Geist unserm Geiste Zeugnis.
„Ihr Heiligen Gottes, welch sicheren Hort
Beut euerem Glauben Sein treffliches Wort!
nichts gibt es, das Er euch nicht schon hat gesagt,
Seit ihr nur nach euerem Heiland gefragt.“
Wie wissen wir, dass Gottes Geist unserm Geist Zeugnis gibt?
Eines Menschen Gesinnung oder Geist kann an seinen Worten und an seinem Wandel erkannt werden. Gerade so können wir Gottes Gesinnung oder Geist an seinen Worten und Verfügungen erkennen. Das Zeugnis aber seines Wortes ist, dass, wer zu ihm kommt (durch Glauben und von Jesu bewirkte Umkehr von bösen Werken, Werken des Todes) auch angenommen wird (Hebr. 7:25). Also müssen sich diejenigen, welche nach dem Zeugnis des (heiligen) Geistes für ihre Sohnschaft suchen, zunächst die Frage stellen: Bin ich je zu Christo hingezogen worden, in ihm meinen Erlöser zu erkennen, durch dessen Gerechtigkeit allein ich zum himmlischen Vater kommen und von ihm an Sohnes Statt angenommen werden konnte? Wer sich diese Frage bejahen kann, der wird sich dann fragen: Habe ich auch je mich selbst, mein Leben, meine Zeit, meine Gaben, meinen Einfluss, mein alles Gott geweiht? Wer sich auch diese Frage bejahen kann, der kann ganz sicher sein, dass er in dem Geliebten angenommen worden ist vom Vater und als Sohn gerechnet wird. Und wer bei weiterer Prüfung der Wünsche und Gefühle seines Herzens dasselbe voll Vertrauen in des Verdienst Jesu und voll Bereitwilligkeit, des Herrn Willen zu tun, findet, der mag sich ganz der süßen Zuversicht, dem süßen Frieden hingeben, den die bewusste Übereinstimmung und Verwandtschaft mit Gott verleiht.
Diese Überzeugung, dass Gott uns zu Gnaden angenommen hat in Christo, ist, wenn sie aus eigenen Erfahrungen auf dem festen Grunde der Unveränderlichkeit von Gottes Wort und Gesinnung aufgebaut ist, keinen Schwankungen und Veränderungen unterworfen, wie es diejenigen Überzeugungen sind, die auf dem losen Sandgrund bloßer Gefühle aufgebaut sind. Denn wenn Zweifel oder Befürchtungen in dunklen Stunden uns heimsuchen, so brauchen wir bloß die Lampe des Wortes Gottes zu nehmen und in deren Schein von neuem den Grund, auf dem wir stehen, und die Tatsachen, aus denen das auf diesen Grund errichtete Gebäude unserer Überzeugungen besteht, zu untersuchen. Findet sich es dann, dass unser Herz noch treu zum Herrn hält, dann wird Glaube, Freude und Friede wieder bei uns einkehren. Wenn wir aber im Lichte des Wortes bemerken sollten, dass unser Glaube an „das köstliche Blut“ abbröckelt oder dass unsere Weihung keine ungeteilte mehr ist, dann erkennen wir eben gleich, wie die Sachen stehen, können sofort das schadhaft Gewordene ausbessern und die volle Gewissheit des Glaubens (Hebr. 10:22) wieder herstellen. Doch dies muss angemerkt werden, dass jeder, der auf diese Gewissheit Anspruch macht, zu seinem Siegel machen muss, dass Gott wahrhaftig ist (Joh. 3:33), dass unser Herr unwandelbar derselbe bleibt, „gestern, heute und in Ewigkeit.“ Gottes Kinder können also des sicher sein, dass, nachdem sie einmal in die Stellung der Begnadigten zu Gott gekommen sind, sie solange in dieser Stellung bleiben, als ihre Herzen Gott treu und ihre Wünsche in Übereinstimmung mit seinem heiligen Willen bleiben, so lange sie von Herzen den göttlichen Geboten gehorchen, die in dem einen Wort „Liebe“ – zu Gott und zu den Menschen – zusammen gefasst sind. – Hebr. 11:6; 13:8
Wer die oben angedeuteten Schritte getan, hat im Worte Gottes die Zusicherung, das „Zeugnis“, dass er ein Kind Gottes ist, und dies bedeutet, im Evangeliums-Zeitalter, eine Rebe am rechten Weinstock (Joh. 15:1), ein Glied – auf Probe – der wahren Kirche (Herauswahl). Jedem solchen bezeugt das Wort Gottes, dass er sich zur wahren Kirche (Herauswahl) hält, „die da ist der Leib Christi“. Dieses Zeugnis wird seinem Geist, seinem Herzen, gegeben von Gottes Geist, der durch Gottes Wort zeugt. Und dieser selbe Geist der Wahrheit gibt auch die Zusicherung, dass, wenn unser Herz dem Herrn treu bleibt bis ans Ende der Prüfungs- oder Gerichtszeit, wenn wir täglich aufs neue willig und fröhlich unser Kreuz auf uns laden und unter seiner Last nach Kräften in den Fußstapfen unseres Meisters zu wandeln suchen, unsere Mitgliedschaft auf Probe binnen kurzem in tatsächliche Mitgliedschaft in Christi Kirche wird gewandelt werden – nachdem wir unseren Lauf vollendet haben und Teilhaber an seiner Auferstehung, der Ersten Auferstehung werden geworden sein. – Phil. 3:10
Indes, der Geist Gottes bezeugt durch sein Wort ebenso klar, dass diejenigen, welche Reben am rechten Weinstock geworden sind, auch wieder weggeschnitten werden können, wenn sie nicht treu sind, wenn sie nicht die guten Früchte des Geistes der Liebe hervorbringen. „Jede Rebe in mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt der Vater weg, und jede, die Frucht bringt, die reinigt er (veredelt er), auf dass sie noch mehr Frucht bringe“ (Joh. 15:2). So zeigt oder „bezeugt“ uns der Geist Gottes durch sein Wort das Verfahren unseres himmlischen Vaters mit seinen Kindern, bestehend aus Züchtigungen zum Zwecke der Veredlung, des Ausscheidens von allem Unrat und der Weiterentwicklung der fruchtbringenden Eigenschaften. Sind wir Reben am rechten Weinstock geworden, so sind solche Erfahrungen ein Zeugnis des Geistes, dass wir noch am Weinstock sind und noch als Reben an demselben anerkannt werden, noch unter des Herrn Fürsorge und Zucht stehen. Demnach hat auch jemand, der einst eine Rebe am rechten Weinstock geworden, das Zeugnis des Geistes nicht mehr, wenn er solche Erfahrungen nicht macht, und hat daher Anlass, an seiner Aufnahme an Sohnesstatt zu zweifeln. – Hebr. 12:7 Wären wir alle vollkommen, durchaus vollkommen und als solche durch Prüfung erwiesen, so wäre die Sache anders: Gott würde uns alsdann wegen unserer Vollkommenheit und Übereinstimmung mit ihm lieben, und Züchtigungen und bittere Erfahrungen wären Zeichen seiner Ungnade. Allein so, wie die Sachen stehen, wissen wir, dass wir alle unvollkommen sind, dass, mit göttlichem Maßstab gemessen, wir weit hinter den an uns gestellten Forderungen zurückbleiben, und dass einzig unsere neuen Herzen, unser neuer Wille, unsere verwandelte Gesinnung (unser Geist) bei Gott annehmbar sind, und auch diese nur durch Christi Verdienst und auf Probe, in dem Sinne, dass dieselben entwickelt und am Ende vollkommen gemacht werden sollen. Nur in dem Maß, als wir die göttliche Vollkommenheit und unsere eigene Unvollkommenheit erkennen lernen, können wir die vielen wesentlichen Belehrungen, die wir bedürfen, würdigen und die Notwendigkeit der Prüfungen begreifen, denen wir unterworfen werden zum Zweck, in uns Gottes Ebenbild zu entwickeln.
Die Schrift lehrt uns, dass der himmlische Vater einen herrlichen geistigen Tempel bereitet, in und durch welchen der ganzen Menschheit die Gunst und Gnade zu teil werden soll, mit Gott wieder in eins versöhnt zu werden. Die Schrift zeigt uns auch des großen Erbauers Modell zu diesem Tempel in der Person unseres Herrn Jesu Christi, „dem Haupt- und Eckstein, gelegt im Himmel.“ An diesem Modell können wir um so besser sehen, was Gott von denen verlangt, die er als lebendige Bausteine in diesem Bau erkennen soll, als brauchbar, um mit Christus dem Haupt „zu einer Behausung Gottes im Geist“ aufgebaut zu werden. So erkennen wir auch unsern unbehauenen Zustand, erkennen wir, dass wir nicht in die Richtlinien des Tempels der Gnade hineinpassen, von dem der Eckstein das Modell ist. Wir erkennen auch bald, dass wir viel Meißelns und Schleifens bedürfen, wenn wir unsern Platz in dem Tempelbau sollen einnehmen können, nach welchem durch Gottes Gnade unser Begehr steht. Erhalten wir also die Schläge von Gottes Hammer und Meißel nicht, so fehlt uns eben dieses „Zeugnis“ des Geistes, das nach dem Worte Gottes über alle lebendigen Bausteine kommen muss, und dem sogar der Haupt- und Eckstein nicht entging. Wenn Gottes Vorsehung uns nicht einen schmalen Weg mit gewissen Schwierigkeiten und Müdigkeiten entlang führte, wenn wir ohne Trübsal und Anfechtung bleiben, dann können wir sicher sein, dass Gott nicht mit uns verfährt wie mit Söhnen, mit den lebendigen Bausteinen, denen er einen bestimmten Platz in seinem Tempelbau anweisen will; denn dann fehlt uns eben dieses Zeugnis unserer Annahme und Zubereitung. Sollten wir uns des Fehlens dieses Zeugnisses bewusst werden, so müssen wir sofort zu unserm Herrn zurückkehren und ihn fragen, warum wir keine Trübsal und Widrigkeiten haben, und anderseits uns selber prüfen, ob wir auch noch im Glauben stehen (2. Kor. 13:5), und ob wir auch immer noch bestrebt sind, getreulich in den Fußstapfen unseres Meisters zu wandeln, in voller Unterwerfung unter den Willen des Vaters.
Haben wir aber dieses „Zeugnis“, fühlen wir in Züchtigungen das Meißeln, Abschleifen und Reinigen, dem wir unterworfen werden, oh dann lasst uns diese Züchtigungen geduldig und fröhlich und dankbar auf uns nehmen als Beweis der Liebe unseres Vaters, die unentbehrlich sind, wenn wir an das Ziel unserer hohen Berufung gelangen sollen, eingedenk der Versicherung oder des „Zeugnisses“ des Geistes, dass wir Gottes Kinder sind, „wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir anders mitleiden, auf dass wir auch mitverherrlicht werden.“ – Röm. 8:17
Die verschiedenen Methoden des Geistes
„Wenn der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er geißelt aber jeden Sohn, den er aufnimmt. Wenn ihr ohne Züchtigung seid, dann seid ihr Bastarde und nicht Söhne.“ – Hebr. 12:8
Verdruss und Trübsal kommt über die Welt so gut als über die Heiligen des Herrn; aber nur für die vollständig dem Willen und Werk des Vaters Geweihten bedeutet dies ein Zeugnis für ihre Sohnschaft. Der Geist und das Wort Gottes gibt nur den Söhnen Gottes Zeugnis. Aber auch in der Familie sind die Reinigungs- und Züchtigungsmittel nicht immer dieselben. Wie irdische Kinder verschiedene Arten und Grade von Strafen bedürfen so ist es auch mit den Kindern Gottes. Den einen genügen ein missbilligender Blick; andere bedürfen schon eines tadelnden Wortes; noch andere müssen körperlich gestraft werden, und bei manchem bedarf es wiederholter Schläge. Ein irdischer Vater hat am meisten Freude an einem gehorsamen, sich gleich fügenden Kind, bei dem ein Wort oder Blick genügt, um das Böse zu entfernen; gleicherweise erklärt unser Vater im Himmel, dass ihm die am besten gefallen, die „vor seinem Worte zittern.“ – Jes. 66:5
Solche arbeiten Hand in Hand mit Gott an der Entwicklung ihres eigenen Charakters, erkennen ihre Fehler und trachten nach Ausbesserung, indem sie auf des Vaters Anweisungen, Belehrungen oder liebreichen Tadel hören und etwa sein billigendes Lächeln suchen.
Sie sind es, von welchen der Apostel sagt, dass sie sich selbst richten und daher weniger Züchtigung durch den Herrn nötig haben (1. Kor. 11:31). Zu ihnen zu gehören, dazu bedarf es der vollen Weihung. Sie sind und werden die Überwinder sein, welche der Miterbschaft mit Christus Jesus ihrem Herrn an der Königsherrschaft würdig geachtet werden sollen. Zu ihnen, den Gehorsamen und Achtsamen, spricht der Herr: „Ich will dich mit meinen Augen leiten.“ Sie sind es, die da sprechen können: „Leite mich durch deinen Rat, und nimm mich hernach zu Ehren auf“ (Psalm 32:8; 73:24). Wer nur durch beständige Züchtigungen geführt werden kann, gehört nicht zur Überwinder-Klasse und wird nicht würdig erachtet werden, zur Braut des Herrn gezählt zu werden, und der Herr bezeugt ihnen dies, gerade mittelst dieser Züchtigungen, durch den Geist der Wahrheit. – Offb. 7:9; 14
Anderseits sind Züchtigungen nicht immer ein Beweis dafür, dass wir gefehlt haben oder eine Bezeugung des Missfallens des Herrn. Im Gegenteil führt die göttliche Vorsehung, wie einst unseren Herrn, so auch seine wahren Nachfolger, auf den Pfad des Leidens und der Selbstverleugnung, nicht zur Strafe für eigenen Willen, sondern zur Erprobung der Liebe zu Gott, der Ergebung in des Vaters Willen und der Hingabe an die Sache der Gerechtigkeit. Wie unser Herr für unsere, nicht für seine Übertretungen gezüchtigt wurde, als er die Sünden vieler trug, so leiden in mancher Hinsicht auch seine Nachfolger nicht wegen ihrer eigenen Vergehungen, sondern infolge von Vergehungen anderer, denn sie sind, wie der Apostel erklärt (Kol. 1:24), berufen, „zu ergänzen, was noch rückständig ist von den Drangsalen des Christus, für seinen Leib, das ist die Versammlung (Herauswahl).“
Was der heilige Geist bezeugt
Nun möge jeder, der sich ein Sohn des Herrn nennt, im Lichte der vorstehenden Zeilen sich selbst prüfen, ob er auch das Zeugnis des Geistes habe, er sei eines der Kinder Gottes. Lasst uns diese Selbstprüfung oft vornehmen und auf diese Weise wachsam sein, in der Liebe Gottes verbleiben und uns immer neu des Zeugnisses seines Geistes freuen.
Werden wir fortwährend gereinigt? Haben wir Erfahrungen zu machen, große oder kleine, die mehr oder weniger rasch die fleischlichen Gelüste, als da sind Hass, Bosheit, Neid, Streitsucht, Selbstsucht, Härte und was sonst noch dem Gesetz des Geistes des Lebens in Jesu Christo, des Geistes der Liebe, zuwiderläuft, alles Dinge, die „wider die Seele streiten“, aus uns hinaus stoßen? Wenn ja, so werden wir bemerken, wie mit dem Reinigungswerk an uns ein Wachstum aller derjenigen Eigenschaften Schritt hält, welche dem göttlichen Gesetz entsprechen, als da sind Milde, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit den Brüdern gegenüber, Liebe.
Wer also bei der Selbstprüfung an Hand des Wortes Gottes solche Erfahrungen in seinem Leben merken kann, Erfahrungen, die ihm zeigen, dass er nun das eine abgelegt hat, das andere abzulegen Gelegenheit erhalten soll, der mag darauf zählen, dass er noch von Gott angenommen ist; denn er hat in diesen Erfahrungen das Zeugnis des Geistes.
Hinwiederum bezeugt der Geist, dass, „wer von Gott geboren (gezeugt) ist, nicht sündigt“ (1. Joh. 5:18). Jedes Kind Gottes kann durch seine gerechneterweise tote, aber nicht tatsächlich ganz tote, alte Natur überwältigt werden. Es kann auf einem Fehltritt ertappt werden in seinem Urteil fehlgehen, in einem Worte fehlen, aber es wird niemals mit Willen das göttliche Gesetz übertreten. Wenn also unser Herz bezeugen kann, dass wir gerne den Willen Gottes tun, dass wir denselben nicht willentlich übertreten, noch uns in irgend einer Weise demselben widersetzen würden, damit Gottes Wille getan und seine Absicht erfüllt werde, dann haben wir das Zeugnis, dass unsere Gesinnung mit dem Geist der Wahrheit übereinstimmt, und dieses Zeugnis beweist nicht nur, dass wir in die Familie Gottes aufgenommen worden sind, sondern auch, dass wir noch darin sind.
Der Geist bezeugt, durch das Wort Gottes, dass, wer Gottes Kind sei, von der Welt abgetrennt sei, eine ganz andere Hoffnung, einen ganz anderen Ehrgeiz und daher auch eine ganz andere Gesinnung habe. „Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihrige lieb; nun aber, da ihr nicht von der Welt seid, hasset euch die Welt“, lesen wir in Joh. 15:19; und „Alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden“, schreibt Paulus in 2. Tim. 3:12.
Kann unser Herz uns das Zeugnis geben, dass unsere Erfahrungen mit diesen Worten übereinstimmen? Wenn ja, nun, so gibt eben wieder Gottes Geist unserem Geiste Zeugnis, dass wir seine Kinder sind. Dabei lasst uns nicht vergessen, dass das Wort „Welt“ alle diejenigen umfasst, in denen der Geist dieser Welt auch nur über das geringste Plätzchen verfügt. In den Tagen unseres Herrn war dies der Fall bei der jüdischen Nationalkirche; fast jede Verfolgung, die er über sich musste ergehen lassen, ging von Anhängern derselben aus. Darum darf es uns nicht befremden, wenn wir, in den Fußstapfen unseres Herrn wandelnd, zu unserer schmerzlichen Enttäuschung die Erfahrung machen, dass der Geist dieser Welt uns nirgends feindseliger gegenübertritt als gerade bei solchen, die sich wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser oder jener „Kirche“ oder ihrer Stellung innerhalb derselben für Kinder Gottes glauben halten zu dürfen. Es waren gerade die Frömmsten unter den Zeitgenossen Jesu, welche ihn Beelzebub, den Fürsten der Teufel nannten, und der Geist bezeugt, durch das Wort Gottes: „Haben sie den Hausherrn Beelzebub geheißen, wie vielmehr werden sie seine Hausgenossen also heißen!“ (Matth. 10:25) Sagt man also Böses von uns, weil wir die Wahrheit annehmen und ihr dienen, so ist dies wiederum eine Art, wie der Geist uns bezeugt, dass wir auf dem rechten Wege sind.
Hätte unser Herr Jesus sich mit den maßgebenden Personen in der jüdischen Landeskirche ins Einvernehmen gesetzt, die Wahrheit nicht weiter in Liebe verkündigt und sich enthalten, die Irrlehren, welche zu seiner Zeit im Schwange waren, aufzudecken, so hätte man ihn weder gehasst noch verfolgt, sondern wahrscheinlich „hoch geschätzt“ nach Menschenweise. Aber er erklärte selber, dass, wer unter den Menschen als hoch gilt, vor Gott ein Greuel sei. – Luk. 16:15
Hätte unser Herr einfach geschwiegen und nichts gesagt von ihren Heucheleien und Spiegelfechtereien, von den langen Gebeten und den Irrlehren der Schriftgelehrten und Pharisäer (der „orthodoxen“ Theologen jener Tage), sie hätten ihn sicherlich links liegen lassen und ihn nicht verfolgt; er hätte nicht nur um der Wahrheit willen leiden müssen. So geht es auch seinen Nachfolgern: bei einer ähnlichen Menschenklasse unserer Tage bringt es Hass und Verfolgung ein, die Wahrheit zu sagen, sich von ihrem Geist leiten und nach dem Befehl des Herrn sein Licht leuchten zu lassen. Wenn also einige deshalb und während sie ihr möglichstes tun, um die Wahrheit in Liebe zu sagen, zu leiden haben, dann, glückselig sind die, denn, wie der Apostel sagt, „der Geist der Herrlichkeit und Gottes ruht auf ihnen“ (1. Petr. 4:14). Das ist eben ihr Zeugnis vom Geist, dass sie treulich auf dem schmalen Wege wandeln.
Wiederum bezeugt der Geist, durch unseres Herrn Worte (Mark. 8:38), dass, wer sich seines Erlösers und der Wahrheit, die er lehrte, schämt, dessen sich auch der Herr schämen wird, wenn er kommt, seine Kleinodien zu sammeln. Wer also in seinem Herzen eine so glühende Liebe zum Herrn und seinem Worte wahrnimmt, dass er jede schickliche Gelegenheit benutzt, Jesum als seinen Erlöser und Meister zu bekennen und das Wort seines Zeugnisses unverfälscht zu verkündigen, der hat in diesem Eifer für die Sache des Herrn ein Zeugnis des Geistes, dass er ein Kind Gottes und mithin ein Erbe an seinem Reiche ist, der darf sich seines Meisters Verheißung freuen, dass er gerade zu denen gehört, zu denen sich unser Herr Jesus vor seinem Vater und seinen heiligen Engeln rühmend bekennen wird. Wer aber dieses Zeugnis nicht hat, wen sein Herz im Gegenteil anklagt, er schäme sich des Herrn und seiner Brüder, schäme sich, als sein Jünger zu gelten und an seiner Lehre festzuhalten, dem bezeugt der Geist, dass, wenn er hierin nicht anders wird, der Herr sich seiner bei seiner zweiten Gegenwart schämen und sich vor dem Vater und seinen heiligen Engeln nicht zu ihm bekennen wird.
Weiter bezeugt der Geist: „Wer von Gott geboren (gezeugt) ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat, unser Glaube“ (1. Joh. 5:4). Lasst uns denn unsere Herzen, unsere Gesinnung im Licht dieses Zeugnisses des heiligen Geistes prüfen. Sind wir Überwinder im Sinn des eben angeführten Schriftwortes? Sind wir des Herrn in dem Sinne, dass wir mit der Welt nicht mehr übereinstimmen, dass wir uns zu ihr und ihrer Lust (ihren Hoffnungen, Erwartungen und Bestrebungen) in einem steten Gegensatz befinden? Dass dies sein muss, liegt in den Worten „der die Welt überwindet“; denn wer mit ihr ganz oder auch nur teilweise eins ist, in wessen Herzen ein wenig Weltgeist in seinen verschiedenen Formen, als da sind Selbstsucht, Hochmut, Ehrsucht 2c), Raum findet, kann naturgemäß die Welt nicht überwinden, da er ja gar nicht ihr Gegner ist.
Doch bevor wir bei der Selbstprüfung die uns vorgelegte Frage, ob wir denn auch die Welt überwinden, bejahen, müssen wir bedenken, dass wir die Welt nicht in der Weise überwinden sollen, dass wir ihr schmeicheln, ihre Torheiten mitmachen und versuchen, denselben ein religiöses Mäntelchen umzuhängen. Auch das ist keine Überwindung der Welt, wenn wir uns an irgend einem Wohltätigkeitswerk beteiligen, wenn wir Sonntagsschule halten, Armenvereine gründen, uns dieser oder jener „Kirche“ anschließen 2c) Der Herr erklärt von keinem dieser Dinge, dass es ein Weg sei, die Welt zu überwinden. Sein Wort ist ganz klar und fest: Der Sieg, der die Welt überwindet ist unser Glaube. Der Geist bezeugt also, dass, wollen wir Überwinder sein, wir im Glauben und nicht im Schauen wandeln sollen. Wir müssen mithin nicht auf die Dinge schauen, für die Fleischesaugen sichtbar sind, also da sind Volkstümlichkeit, Ansehnlichkeit und dergleichen mehr, sondern auf die Dinge, die nicht sichtbar sind, die geistigen und ewigen (2. Kor. 4:18), wie auch ein Dichter einst sagte, er würde lieber mit Gott in der Dunkelheit wandeln, als mit der Menge am Tageslicht.
Im weiteren bezeugt uns der heilige Geist durch das Wort, dass, wenn wir Kinder Gottes sind, wir über gegenwärtige und zukünftige Dinge nicht im Ungewissen bleiben sollen, weil wir von Gott erleuchtet und gelehrt werden sollen – durch das Wort seiner Gnade, das da ist das Wort seines Geistes. Wenn wir heranreifen, in der Gnade wachsen, werden wir zu der Milch des Wortes hinzu wünschen und suchen und erhalten die kräftige Speise, von der der Apostel sagt, sie sei für die bereits Entwickelteren (1. Petr. 2:2; Hebr. 5:13, 14). Das Wachstum in den Gnadengaben des Geistes (Glaube, Charakter, Kenntnis, Selbstbeherrschung, Ausharren, Gottseligkeit, Bruderliebe, allgemeine Liebe) wird uns in immer nähere Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Jesus bringen, so dass uns der Herr immer mehr Kenntnis von seinem Gnadenplan und von seinem gnädigen Charakter wird geben können und wollen. In Bezug auf dieses Wachstum sagt der Apostel Petrus: „Wenn diese Dinge bei euch sind und reichlich vorhanden, so stellen sie euch nicht verstockt noch fruchtleer hin in der Erkenntnis unseres Herrn Jesu Christi. Der aber, bei dem diese Dinge nicht sind, ist blind und sieht nicht über das Gegenwärtige hinaus. Wenn ihr nun diese Dinge tut, so werdet ihr niemals fallen; denn also wird euch reichlich dargereicht werden ein Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Heiland Jesu Christi.“ 2. Petr. 1:5-11; vergl. Joh. 16:12, 15
So frage sich denn ein jeder, ob er dieses Zeugnis des Geistes habe oder nicht, diesen Beweis, dass er wachse als eine neue Kreatur in Christo Jesu, ob er auch die hier erwähnten Früchte hervorbringe und ausreife oder nicht. Lasst uns auch bedenken, dass unser Wachstum in der Liebe und allen Früchten des Geistes in hohem Maße abhängt von unserem Wachstum in der Erkenntnis; und hinwiederum ist unser Wachstum in der Erkenntnis der göttlichen Dinge abhängig von unserem Wachstum in den Früchten (Gnadengaben) des Geistes. Jeder neue Schritt in der Erkenntnis bedeutet für uns eine neue Pflicht, einen neuen Punkt, in dem wir Gehorsam schuldig sind, und jede neue freudig auf uns geladene Pflicht, jeder neue Gehorsam wird einen neuen Fortschritt in der Erkenntnis zur Folge haben; denn das, so bezeugt es der Geist, wird die Erfahrung aller derer sein, die in der Schule Christi von Gott gelehrt werden.
Haben wir also vom Geiste das Zeugnis, dass wir wachsen in den Gnadengaben und in der Erkenntnis, dann wollen wir uns dessen freuen und in dem selben Pfad weiter wandeln, bis er uns unter göttlicher Führung zur vollkommenen Erkenntnis, zur Vollkommenheit in der Gnade wird geführt haben.
Das Zeugnis des Geistes im kommenden Zeitalter
Der heilige Geist wird auch bei der mit Gott ausgesöhnten Menschheit des kommenden Zeitalters zeugen, in ganz ähnlicher Weise, nur werden seine Kennzeichen ganz andere sein. Die den Geist besitzen, werden nicht mehr nur die wenigen Knechte und Mägde sein, sondern, wie der Prophet erklärt, „alles Fleisch“ (Joel 2:28). Des Geistes Zeugnis wird nicht mehr sein: „Wer gottselig leben will, wird verfolgt werden“; denn keine Verfolgung wird mehr zugelassen werden. Der Geist wird nicht mehr von einem schmalen Pfade der Selbstaufopferung reden; denn alsdann wird die Zeit des Opfers vorbei sein. „Ein Hochweg wird da sein“, frei von Steinen des Anstoßes (Jes. 35:8; 62:10). Der Geist wird bezeugen: „Übeltäter werden hinweg getan werden, aber die, so auf den Herr warten, werden die Erde ererben“ (Apg. 3:23; Psalm 37:7-11). Der Geist wird denen, die das Gute tun, Segnungen, denen, die absichtlich das Böse tun, Strafen und schließlich die Vernichtung (den zweiten Tod) ankündigen. Es ist der gleiche Geist Gottes, aber seine Gaben werden anders sein.
Nachdem wir aus Gottes heiligem Wort gelernt haben, wie der heilige Geist zeugt, und welches einige seiner Zeugnisse sind, befriedigen uns diese Zeugnisse viel besser als alle Zweifel und Befürchtungen, die ihren Ursprung in seelischen oder leiblichen Verhältnissen haben, als alle „Gefühle“, welche von einigen irrtümlich als Zeugnisse des heiligen Geistes bezeichnet werden. Nun aber müssen wir doch noch darauf aufmerksam machen, dass der Geist Gottes nicht unser aller Geist das gleiche bezeugen kann. Diejenigen allerdings unter uns, die schon fortgeschritten sind und viel Erfahrung haben, sollen alle oben erwähnten Zeugnisse haben und noch andere, die sich in der Schrift finden. Aber wer in der Entwicklung nicht weit fortgeschritten ist, geistig jung ist, der kann sich noch nicht alle diese Zeugnisse erworben haben; einige haben vielleicht deren nur ganz wenige und sind darum nicht minder tatsächlich von dem Herrn gezeugt. Der große Hausvater erwartet nicht Früchte, weder grüne noch voll ausgereifte, von den jungen und zarten Augen an seinem Baum.
Das erste Zeugnis, das die Neugezeugten etwa haben können, ist, dass sie vom Herrn angenommen sind, dass sie junge Schösslinge am rechten Weinstock sind, dass der Geist des Weinstockes ihnen innewohnt, d.h. der Wunsch, eine ausgewachsene Rebe zu werden und Frucht zu bringen. Auch sollte nicht viel Zeit verstreichen, nachdem die Rebe aufgeschossen, bis sie sichtbare Ansätze zu Blättern und Früchten hervorbringt. Das neugeborene Kind in der Familie Gottes gibt seine Verwandtschaft mit den älteren, vorgerückteren Gliedern nicht dadurch kund, dass es von deren fester Speise isst, sondern durch sein Begehren nach kräftigender Milch, welche sein Wachstum fördert. – 1. Petr. 2:2
Wenn nun der Geist dem einen oder anderen all diese davor erwähnten Punkte bezeugt, der mag sich dessen freuen. Und wem dies eine oder andere Zeugnis abgeht, der sollte die nötigen Eigenschaften, die ihm zu dem fehlenden Zeugnis verhelfen können, nach Kräften pflegen und zur Entwicklung bringen, damit er schließlich vom Geiste ein gutes Zeugnis bekommen könne in allen Punkten, welche die Schrift als Kennzeichen für den richtigen Wandel der treuen Kinder Gottes bezeichnet. Sind sie einmal da angelangt, dann brauchen die nicht mehr zu singen: „O wenn ich doch dies eine wüsste!“ Im Gegenteil, sie werden wissen, werden volle Gewissheit des Glaubens haben, werden im Glauben wurzeln, darauf gegründet, aufgebaut und vollkommen gemacht werden. Dies ist der von Gott vorgezeichnete Weg: wir entrinnen der Furcht, dem „Verließ des Zweifels“ ganz; denn wir setzen unser ganzes Zutrauen auf die göttlichen Verheißungen, die niemals trügen. Dies gilt eben sowohl, wenn wir durch Widerwärtigkeiten und dunkle Stunden hindurchgehen müssen, als wenn uns das freundliche Lächeln unseres himmlischen Vaters erquickt und erleuchtet.
Geheiligt durch den Geist
„Aber ihr seid abgewaschen, aber ihr geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt in dem Namen unseres Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes.“ – 1. Kor. 6:11
Heiligung bedeutet ein Beiseitelegen, ein Abtrennen. Alle, die so geheiligt, gleichsam für den Herrn beiseite gelegt, ihm vollständig geweiht sind, müssen zuerst gewaschen, gerechtfertigt werden, d.h. entweder tatsächlich oder aber nur gerechneterweise, durch Glauben, von Sünde rein gemacht werden. Die tatsächliche Rechtfertigung (Gerechtmachung) wird der Weg sein, auf welchem im kommenden Tausendjahr-Zeitalter die Welt unter Anführung des großen Mittlers, zu dessen Versöhnungswerk dies gehören wird, zu Gott nahen kann. Die zugerechnete Rechtfertigung, d.h. die Rechtfertigung durch den Glauben aber ist der Weg zu Gott im gegenwärtigen Evangeliums-Zeitalter. Auf diesem Wege können wir, wiewohl wir all zumal Sünder sind und wiewohl in unserem Fleisch keine Vollkommenheit wohnt, als rein, heilig, gerecht gerechnet werden, wenn wir anders Christum als unseren Erlöser annehmen. Wir glauben dem Zeugnis der Schrift, wonach Christus für unsere Sünden starb, wie es die Schrift vorausgesagt. Wenn wir hieran glauben und selber der Sünde zu entrinnen suchen, so werden wir von Gott angenommen als wären wir vollkommen und sündlos, als gerecht gemacht durch das Verdienst des teuren Blutes Jesu Christi. Auf diese Weise durch den Glauben gerecht gemacht (gerechneterweise), haben wir Frieden mit Gott, können ihm nahen und werden von ihm angenommen werden und können nun beginnen, dem Vater wohlgefällige Werke zu tun, – alles dies durch das Verdienst unseres Herrn Jesus. Unsere Rechtfertigung (Gerechtmachung) und Heiligung wird uns durch das Wort angekündigt und heißt das Siegel oder das Zeugnis des Geistes in uns.
Die Kraft, die uns befähigt, unserem Weihe Gelübde gemäß zu leben, ist der heilige Geist (oder die heilige Gesinnung) Gottes. Wir erhalten denselben als eine Frucht unseres Glaubens an Christum und unseres Entschlusses, „mit ihm tot“ zu sein. Der Geist der Wahrheit, den wir durch das Studium des Wortes Gottes und den Entschluss, demselben zu gehorchen, erhalten, gibt uns die nötige Kraft, die Welt und die bösen Neigungen in uns selbst zu überwinden. Hiermit in Übereinstimmung erklärt unser Text, dass die Waschung und Reinigung, die an uns vorgenommen worden, die Gerechtmachung, alles, was an uns geschehen, um uns für die Gerechtigkeit zuzubereiten und uns von der Sünde loszumachen, dass all diese Siege und Segnungen uns zu teil geworden sind durch das Verdienst unseres Herrn Jesu und durch die Vermittlung (den Kanal) des Geistes der Heiligkeit, des Geistes Gottes, den wir empfangen haben.
Andere Stellen stimmen hiermit vollständig überein. Der Apostel Paulus betete für die Kirche: „Der Gott des Friedens selbst heilige euch durch und durch“ (1. Thess. 5:23). Das steht nicht etwa im Widerspruch mit dem obigen Text, wonach der heilige Geist Gottes uns heiligt. Es ist Gott, der uns heiligt, und das Mittel, das er anwendet, der Kanal, durch den er uns die Heiligung zufließen lässt, ist sein heiliger Geist (Sinn) und nicht eine andere Person.
Der Apostel Petrus sagt von der Kirche (Herauswahl), dass sie „auserwählt sei durch Heiligung (Beiseitelegung) des Geistes zum Gehorsam“ (1. Petr. 1:2). Dieser Vers zeigt, dass diejenigen, die Gott jetzt als seine Auserwählten anerkennt und welche ermahnt werden, ihre Berufung und Erwählung festzumachen, nicht nach Willkür herausgesucht werden, sondern nach bestimmtem Grundsatz, dem nämlich, dass, wenn der heilige Geist Gottes (der Einfluss der Wahrheit) bei ihnen vollen Gehorsam gegenüber dem Willen, dem Plan und der Vorkehrungen Gottes bewirkte (dieser Gehorsam ist die Weihung), sie die Auserwählten sein sollen.
Der Apostel Paulus leitet die Kraft der Weihung und Reinigung in der Kirche vom Worte Gottes her, indem er sagt (Eph. 5:26): – „Christus liebte die Herauswahl und hat sich selbst für sie hingegeben, auf dass er sie heiligte und reinigte durch die Waschung mit Wasser durch das Wort.“ Auch hier widerspricht sich der Apostel nicht etwa. Gott ist es, der die Herauswahl heiligt, sein Geist ist es, der die Herauswahl heiligt; das Werkzeug aber, das er hierzu braucht, ist sein Wort der Wahrheit. Dieses hat er dazu bestimmt, dass es in uns die Reinigung, Gerechtmachung, die Heiligung erzeuge.
Darum betete auch unser Herr Jesus: „Heilige sie durch deine Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit“ (Joh. 17:17). Die verschiedenen hier einschlägigen Stellen der Schrift lehren also, wenn man sie zusammenstellt, dass die Heiligung der Herauswahl vollzogen wird durch den Geist der Wahrheit, der den Geweihten vermittelt wird durch das Wort Gottes, dass uns gerade zu diesem Zwecke überliefert worden ist.
Alle, die so geheiligt worden, werden als „neue Kreaturen in Christo Jesu“ gerechnet. Ihnen gilt die Anrede in 1. Kor. 1:2: „Die geheiligt sind in Christo.“ Doch ist diese Heiligung in Christo nicht etwas anderes als die Heiligung durch den Geist Gottes oder durch das Wort Gottes; denn gerade durch Annahme des göttlichen Planes und der göttlichen Vorkehrungen unserseits, durch unser Hingelangen auf den Standpunkt der Heiligung des Geistes, werden wir eins mit Christo unserem Herrn. Wie geschrieben steht (Hebr. 2:11): „Beide, der da heiligt und die da geheiligt werden, sind eins mit (eines Geistes, eines Sinnes, gezeugt vom Geist der Wahrheit), um welcher Ursache er sich nicht schämt, sie Brüder zu heißen.“ So geschieht denn unsere Reinigung, Heiligung und Gerechtmachung im Namen unseres Herrn Jesu und durch den Geist unseres Gottes – den Geist der Wahrheit.
Seid mit dem Geiste erfüllt
„Seid mit dem Geiste erfüllt, redend zu euch selbst in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn in euren Herzen, dank sagend allezeit.“ – Eph. 5:18-20
Aus dieser Stelle geht hervor, dass die Kinder Gottes mehr oder weniger voll sein können von seinem Geist. Um ein Kind Gottes zu sein, muss man wenigstens ein wenig von seinem Geist haben, denn „wenn jemand Christi Geist nicht hat, so ist er nicht sein“ (Röm. 8:9). Von uns hängt nun in großem Maße ab, von dem Gebrauch, den wir von den Mitteln, die Gott zu unserer Verfügung stellt, machen, wie weit wir mit seinem Geist, seiner Gesinnung erfüllt werden, wie weit wir seinem Einfluss gemäß handeln, dem Geist und Einfluss seiner Wahrheit gemäß, welche er gerade zu dem Zweck offenbart hat, damit sie unser Herz und Leben heilige und uns von denen scheide, welche den Geist dieser Welt haben.
Hier haben wir wieder eine der Stellen, welche deutlich zeigen, wie verkehrt es ist, den heiligen Geist als eine Person, als eine der angeblichen drei die Dreieinigkeit ausmachenden Gott-Personen aufzufassen. Wäre er tatsächlich eine Person, so könnte nicht von dem Gefäß, das ihn aufnehmen soll, gefordert werden, dass es mehr oder weniger davon voll werde. Kann eine Person in unser Herz eintreten, so kommt es auf deren Größe an, ob sie darin mehr oder weniger Platz ausfüllt. Zudem, wie sollen wir uns vorstellen, dass der angeblich persönliche heilige Geist, eine der drei Gott-Personen, in dem kleinen Gefäß eines unvollkommenen Menschen sollte Raum finden und es nicht einmal ausfüllen! Wenn wir den heiligen Geist richtig erkennen, wird uns sofort des Apostels Ermahnung verständlich. Wir sollen fortfahren zu versuchen immer mehr erfüllt zu werden mit der heiligen Gesinnung unseres Gottes, wie sie uns in so herrlicher Weise unser teurer Erlöser, der Eingeborene Sohn Gottes vorgelebt hat.
Und diese Art, das Erfülltsein mit dem heiligen Geist zu verstehen, stimmt mit dem Bilde, das der Apostel an anderer Stelle braucht, wenn er unsere sterblichen Leiber mit zerbrechlichen, beschädigten Gefäßen vergleicht, denen Gott gestattet, mit seinem heiligen Geist angefüllt zu werden. Der Apostel will, indem er uns auf unsere Unvollkommenheiten und unsere Verantwortung für etwaiges Ausfließen des durch das Studium des Wortes Gottes in uns gelangten heiligen Geistes aufmerksam macht, uns zu um so größerer Wachsamkeit anspornen, damit uns diese köstlichen Dinge nicht etwa entweichen, weil wir den Schatz (den heiligen Geist, den erneuten, mit Gott in Einklang gebrachten Sinn) in irdenen Gefäßen haben (Hebr. 2:1; 2. Kor. 4:7). Alle die wir in den Fußstapfen unseres Meisters wandeln und an den Drangsalen des Christus Anteil haben wollen, um hernach auch Anteil zu haben an der Herrlichkeit. müssen darnach trachten, auf dem selben Wege wie der Herr mit seinem Geiste erfüllt zu werden. Zu dem Zwecke müssen wir uns nahe zum Herrn halten, nahe zu den anderen Gliedern seines Leibes, nahe in Liebe, Mitleiden und Mithandeln, nahe auch zu seinem Wort, das da ist der Born, aus dem der heiligende Einfluss über die ganze Herauswahl sich ergießt. „Heilige sie durch deine Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit!“
Jeder Versuch auf andere Weise als die von Gott vorgesehene mit heiligem Geist erfüllt zu werden, ist vergebliches Bemühen. Vernachlässigen wir das Wort Gottes, so vernachlässigen wir seinen heiligenden Einfluss. Vernachlässigen wir das Gebet, so vernachlässigen wir ein anderes Vorrecht und die Hilfe, die es gewährt. Vernachlässigen wir den Umgang mit den anderen Kindern Gottes, an denen wir das Siegel seines Geistes wahrnehmen, so entgehen uns die Wohltaten und Hilfsmittel, die Eintracht gewährt, diejenigen inbegriffen, welche Gott durch die Herauswahl als Ganzes den einzelnen Gliedern derselben will zukommen lassen, indem er einige befähigt, sein Wort auszulegen, damit der einzelne dadurch des heiligenden Einflusses oder Geistes teilhaftig werde. – 1. Kor. 12:25-28; Eph. 4:16
Die Ermahnung, „Seid erfüllt mit dem Geist“, ist also sehr bedeutsam. Sie bedeutet zunächst, dass wir von den Mitteln Gebrauch machen sollen, die der Herr zu unserer Verfügung stellt, um uns geistig zu fördern. Es bedeutet sodann, dass wir den Umgang mit dem Herrn, den wir nicht direkt haben können, ersetzen durch Umgang mit ihm im Gebet und in den Gliedern seines Leibes und in der Schrift, dass wir die Worte der Apostel, mit denen wir nicht persönlich verkehren können, beachten, dass wir mit denjenigen Gliedern des Leibes Christi, die noch diesseits des Vorhanges leben, aber weit von uns wohnen, brieflich oder durch das Mittel der Presse verkehren.
Wünschen wir mit des Herrn Geist erfüllt zu werden, so müssen wir diesen seinen Befehlen gehorchen.
Das Siegel des Geistes
„Auf welchen (Christus) ihr also gehofft habt, nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, die gute Botschaft von eurem Heil, in welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem heiligen Geist der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist.“ – Eph. 1:13, 14
Siegel dienten in alter Zeit zu verschiedenen Zwecken. Bald vertraten sie die Unterschrift, durch die das Darüberstehende ausdrücklich anerkannt werden sollte, bald bezweckten sie bloß die Verschließung eines Aktenstücks 2c) zur Verhinderung unbefugter Eröffnung. – Matth. 27:66; Offb. 10:4; 20:3
Den ersteren Sinn hat es, wenn vom Volk des Herrn, den Auserwählten gesagt ist, sie seien „versiegelt mit dem heiligen Geist der Verheißung“. Der Apostel sagt natürlich nicht, wie einige zu vermuten scheinen, dass wir seien von dem heiligen Geist als von einer Person (der dritten Gott-Person in der angeblichen Dreieinigkeit) versiegelt. Er erklärt vielmehr, dass wir versiegelt sind mit dem heiligen Geist der Verheißung, was einen ganz anderen Sinn gibt, wie jeder bemerken wird. Der heilige Geist ist vom Vater; dieser ist es, der versiegelt durch Christum mit dem heiligen Geist, der selber das Siegel ist. So bezeugt es Apg. 2:33, und das stimmt auch mit dem, was von unserem Herrn Jesus berichtet wird, der der erste vom Haus der Söhne war, der in der Weise versiegelt wurde (Joh. 6:27).
Der Ausdruck „Geist der Verheißung“ ist so wenig zufällig als etwa die anderen Ausdrücke, mit denen der heilige Einfluss Gottes bezeichnet wird, als „Geist der Heiligkeit“, „Geist der Wahrheit.“ Er zeigt, dass eine Beziehung besteht zwischen der Versiegelung und der uns von Gott gegebenen Verheißung. Es ist eine Zusicherung und Bestätigung von Gottes Bund mit seinen Versiegelten, wonach „die überaus großen und köstlichen Verheißungen“ der Dinge, die „Gott in Bereitschaft hält für die, so ihn lieben“, wahr sind, uns zu teil werden sollen, nachdem wir die Proben, auf die unsere Liebe und Ergebung gestellt worden, gut bestanden haben.
Darum setzt auch der Apostel in Eph. 4:30 den „Tag der Erlösung“ mit der Verheißung (Eph. 1:13) gleich. Mit andern Worten: Das Siegel des Geistes der Verheißung auf den Tag der Erlösung ist der gleiche Gedanke in neuer Form ausgedrückt, dass wir (die Herauswahl) die Vorfrüchte des Geistes haben, gleichsam das Handgeld, das den Vertrag oder Bund zwischen den Herrn und uns perfekt macht und uns die Erfüllung der Verheißung garantiert, wenn wir nicht schwach werden.
Das Siegel der Bundesverwandtschaft, der Sohnschaft, der Erbberechtigung ist nicht ein sichtbares Zeichen an unseren Stirnen; noch liegt es in der Begünstigung unserer irdischen Geschäfte, unseres weltlichen Wohlstandes durch Gott; noch besteht es oder bestand es je in der Gabe, durch Gebete heilen, mit Zungen reden zu können. Denn manche besaßen diese Gaben und hatten doch das Siegel und Zeugnis des Geistes nicht – Apg. 8:13-23; 1. 1. Kor. 13:1-3
Das Siegel oder Petschaft des heiligen Geistes ist vielmehr im Herzen des Versiegelten, und daher weiß kein Mensch davon als der es empfangen hat (Offb. 2:17), es sei denn, dass andere die Früchte der Versiegelung in seinem täglichen Leben sehen können. „Der uns mit euch befestigt hat in dem Christus und uns gesalbt hat, ist Gott, der uns auch versiegelt hat und hat das Pfand des Geistes in unsere Herzen gegeben.“ – 2. Kor. 1:21, 22
Dieses Pfand oder Siegel der Sohnschaft ist der Geist der Liebe, welcher alle Wege mit dem Vater und seinen heiligen Veranstaltungen einverstanden ist, welcher ausruft: Abba, Vater! Es ist meine Freude, deinen Willen zu tun, O mein Gott! Wer dieses Siegel, diesen Stempel der Sohnschaft hat, sucht nicht nur den Willen des Vaters zu tun, sondern findet auch seine Gebote, wenn er sich darnach richtet, nicht schwer, sondern wonnebringend. – 1. Joh. 5:3
Der Geist der Sohnschaft, unserer Abstempelung als Söhne, der Besitz der Vorfrüchte oder des Pfandes (Hafts) der in Aussicht stehenden Erbschaft ist mithin eines letzten erreichbaren Zeugnis des Geistes, die schönste Blüte am Baum der Erfahrungen des Christen in diesem Leben. Bevor wir dahin gelangen, müssen wir Anteil erhalten an der Salbung, indem wir aufgenommen werden in den gesalbten Leib des Christus, der da ist die Herauswahl, und gezeugt werden durch den Geist der Wahrheit, damit wir geheiligt, willig gemacht werden, den Willen des Herrn kennen zu lernen und zu tun. Diese Erfahrung machen wir erst, nachdem wir vom Geist lebendig gemacht worden sind, fähig der Gerechtigkeit zu dienen; sie ist ein Zeichen dafür, dass wir sozusagen von der Lage der Leibesfrucht vor der Geburt fortgeschritten sind zu einer Stellung, in welcher uns Gott als Söhne betrachten und uns das Siegel aufdrücken kann.
Wie alle Gläubigen unter den salbenden zeugenden Einfluss des heiligen Geistes Gottes, des Geistes der Wahrheit sollten zu kommen trachten, so sollten auch alle in dieser Weise vom Geist zur Sohnschaft Gezeugten darnach trachten, jene Stellung der vollständigen Übereinstimmung mit Gott zu erreichen, in der sie vom Vater anerkannt werden und das Siegel empfangen können. Und nachdem diese Stellung (Stufe) erreicht ist, heißt es acht geben, damit das Siegel nicht verletzt noch beschädigt, das kostbare Gut nicht zerdrückt, das Licht nicht ausgelöscht, der Geist der Liebe und Freude im heiligen Geist der Gemeinschaft nicht verkehrt werde in einen Geist des Schlafes und der Trübseligkeit.
Unser aller, die wir das Siegel empfangen haben, beständiges Bemühen sollte dahin gehen, dieses Siegel nicht zu verwischen, sondern immerdar leuchtend und frisch zu erhalten.