Die Wiederherstellung Israels
Die Wiederherstellung Israels in Palästina ein in dieser Erntezeit zu erwartendes Ereignis. – Wie, und bis zu welchem Grade und mit welcher Klasse wir diese Wiederherstellung erwarten sollten. – Datum ihres Anfangs und Anzeichen des tatsächlichen Fortschrittes derselben seitdem. – Warum die Segnungen des Millenniums, die für die ganze Menschheit bestimmt sind, die Juden zuerst erreichen und wiederbeleben werden. – Das Wiederaufleben jüdischer Hoffnungen. – Beobachtungen leitender jüdischer und weltlicher Schreiber. – Die Übereinstimmung derselben mit der Prophezeiung. – Israels Blindheit in Bezug auf Christus schon im Verschwinden begriffen. – Die Ausbreitung und die Bedeutung und die Bedeutung der Bewegung. – Gott wird ihnen helfen. – Die Anglo-Israel-Frage.
An jenem Tage werde ich die verfallene Hütte Davids aufrichten und ihre Risse vermauern, und ihre Trümmer (ihre Ruinen) aufrichten, und ich werde sie bauen wie in den Tagen vor alters.“ „Und ich werde die Gefangenschaft meines Volkes Israel wenden; und sie werden die verwüsteten Städte aufbauen und bewohnen, und Weinberge pflanzen und deren Wein trinken, und Gärten anlegen und deren Frucht essen. Und ich werde sie in ihrem Lande pflanzen; und sie sollen nicht mehr herausgegriffen werden aus ihrem Lande, das ich ihnen gegeben habe, spricht Jehova, dein Gott.
Amos 9:11, 14, 15
Unter den Reliquien (Überbleibseln) des Altertums, die auf uns gekommen sind, ist nichts von so großem Interesse als das jüdische Volk. Unermüdlich haben Altertumsforscher jeden leblosen Gegenstand untersucht, der uns ein Scherflein historischen oder wissenschaftlichen Aufschlusses gebieten könnte. Monumente, Altäre, Gräber, Überbleibsel, öffentlicher oder privater Gebäude, Ölgemälde, Skulpturen, Hieroglyphen und tote Sprachen sind ausgeforscht worden; und einige selbst haben mit großer Geduld gesucht, die Linie tatsächlicher Wahrheit auszuspüren, welche die mannigfachen, seltsamen Überlieferungen, Legenden, Gesänge, usw., durchzog, die durch die Jahrhunderte herabflossen, um alles zu erfahren, was über Ursprung, Geschichte und Bestimmung der Menschheit zu wissen möglich sei. In dem jüdischen Volke aber haben wir ein Denkmal des Altertums von unschätzbarem Werte, auf dem in deutlich lesbaren Zügen, Ursprung, Fortschritt und schließliche Bestimmung des menschlichen Geschlechtes verzeichnet steht – ein lebendiger und intelligenter Zeuge der allmählichen Auswirkung eines wunderbaren Vorsatzes in menschlichen Angelegenheiten, in genauer Übereinstimmung mit den Vorhersagungen ihrer göttlich inspirierten Seher und Propheten.
Als Volk sind sie durch den ganzen Ablauf ihrer Geschichte und durch ihren eigenen Glauben sowie durch jeden Bestandteil ihres nationalen Charakters und selbst durch ihre Gesichtszüge und durch ihre Art und Gebräuche eigentümlich und von anderen unterschieden. Nationale Eigentümlichkeiten vor vielen Jahrhunderten ihnen eigen treten noch bei ihnen hervor, selbst ihr Verlangen nach den Zwiebeln und den Knoblauch Ägyptens und ihre halsstarrige Widerspenstigkeit. Als Volk hatten sie wahrlich „auf jede Weise“ viel Vorteil. Ihnen waren „die Aussprüche Gottes vertraut worden“, und die brachten aus ihnen Dichter, Gesetzeskundige, Staatsmänner und Philosophen hervor und führten sie Schritt für Schritt vorwärts, dass sie, statt ein Volk von Sklaven zu sein, zur Zeit Salomos den Zenith ihrer Herrlichkeit erreichten, ein unter allen Völkern ausgezeichnetes und geehrtes Volk wurden und das Staunen und die Bewunderung der Welt auf sich zogen. (Röm. 3:1, 2; 1. Kön. 4:30-34; 10:1-29)
Dass die Wiederherstellung Israels in das Land Palästina eins der in diesem Tage des Herrn zu erwartenden Ereignisse ist, sind durch den obigen Ausspruch des Propheten völlig versichert. Beachte ins besondere, dass diese Prophezeiung in keinem sinnbildlichen Sinn ausgelegt werden kann. Es ist kein Kanaan im Himmel, für das sie bestimmt sind, sondern ein Kanaan auf Erden. Sie sollen in „ihr Land“ gepflanzt werden, in das Land, von dem Gott sagt, dass er es ihnen gegeben habe, in das Land, das er dem Abraham verhieß, als er sprach: „Hebe deine Augen auf und schaue nach dem Orte, wo du bist, gen Norden und gen Süden und gen Osten und gen Westen. Denn das Land, das du siehest, dir will ich’s geben und deinem Samen ewiglich. Und ich will deinen Samen machen wie den Staub der Erde; so dass, wenn jemand vermag, den Staub der Erde zu zählen, auch dein Same gezählt werden wird. (Eine Andeutung einer damals sehr fernen Zukunft, so dass reichlich Zeit vorhanden war zu solcher Vermehrung). Mache dich auf und durchwandele das Land nach seiner Länge und nach seiner Breite, denn dir will ich’s geben.“ „Und ich werde dir und deinem Samen nach dir das Land deiner Fremdlingschaft geben, das ganze Land Kanaan zum ewigen Besitztum.“ (1. Mose 13:14-17; 17:8) Es ist dies ein Land, das sie einst betreten durften und in dem sie Jahrhunderte lang wohnten. Aber während dieser Zeit waren sie vielmals wieder ausgerissen worden und in andere Länder in Gefangenschaft geschleppt worden, während Fremdlinge ihre Städte verwüsteten, den Wein ihrer Weinberge tranken und die Frucht ihrer Gärten aßen. Und schließlich wurden sie vollständig ausgerottet, ihre Städte verwüstet und verödet und sie selbst als Wanderer und Exkulanten (außer heimatlichen Landes) von Land zu Land über die ganze Welt getrieben. Doch wenn sie der Verheißung gemäß wieder in ihr Land gepflanzt sein werden, dann sollen sie „nicht mehr herausgegriffen werden aus ihrem Lande“, welches Gott ihnen gegeben hat; „und sie werden die verwüsteten Städte aufbauen (Städte, die sie zuvor bewohnt haben) und bewohnen.“ Ein zerstreutes, heimatloses, verlassenes und verfolgtes Volk, sind sie doch ein besonderes und einzigartiges Volk. Verbunden durch starke Bande der Blutsverwandtschaft, durch gemeinsame Hoffnungen, die durch den gemeinsamen Glauben an die wunderbaren Verheißungen Gottes eingegeben sind, obwohl sie diese Verheißungen nur ungenau verstehen, und weiter noch, zusammenhalten durch die Bande des Mitgefühls, das aus ihren gemeinsamen Leiden und Entbehrungen als Exkulanten hervorging, sehnen sie sich und warten sie auf die Hoffnung Israels bis auf diesen Tag.
Als Volk haben sie noch Glauben an Gott, obwohl sie in ihrer Blindheit und in ihrem Herzenshochmut über die Niedrigkeit des von Gott zum Heil der Welt verordneten Boten des Bundes gefallen sind, so dass sie ihn, den Heiland, den Herrn der Herrlichkeitkreuzigten, statt ihn anzunehmen. Und doch zeigen uns die Apostel und Propheten, dass selbst dieses furchtbare Verbrechen, zu dem ihr Stolz und Eigenwille sie trieb, nicht unvergebbar sei. Um seinetwillen sind sie zwar streng gestraft worden. Als sie den Gerechten verurteilten und schrieen: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“, da dachten sie nicht, welch fürchterliche Vergeltung darauf folgen würde.
Die schreckliche Trübsal und der Verlust an Leben, die Zerstörung ihrer heiligen Stadt und ihres Tempels, das völlige Ende ihres nationalen Bestandes und die Zerstreuung des überlebenden Restes als Exkulanten (außer heimatlichem Lande Wandernde) in alle Völker vollendete das Werk ihrer Ernteperiode. Es begann mit zersplitterndem Bürgerkrieg und wurde durch den Einfall des römischen Heeres zu Ende gebracht. Feuer, Schwert und Hungersnot führten über sie eine schreckliche Verwüstung herein.
Und seitdem war Israel wahrlich ein zerstreutes und geplündertes Volk. Von Land zu Land und von Provinz zu Provinz als Exkulanten getrieben, wurde ihnen fast jedes Recht verweigert, das andere Leute genossen. Indem sie das Christentum sowohl in seiner verderbten als reinen Form verwarfen, wurden sie zum Gegenstand der Verachtung und unerbittlicher Verfolgung von Seiten der Kirche Roms. Der Geschichtsschreiber sagt:
„In Deutschland, Frankreich, England und Italien wurden sie durch Dekrete und Gesetze der geistlichen wie weltlichen Macht in ihren Rechten eingeschränkt, von allen ehrbaren Beschäftigungen ausgeschlossen, von Ort zu Ort getrieben, gezwungen, sich fast gänzlich durch Handel und Wucher zu erhalten, in den Städten übertaxiert und unterdrückt, in engen Stadtvierteln zusammengehalten und in ihrer Kleidung mit Zeichen der Verachtung markiert, durch gesetzlose Barone und geldarme Fürsten geplündert, eine leichte Beute für alle Parteien während der Bürger-Fehden, wieder und wieder um ihre Geldansprüche beraubt, von den Kaisern als niedrige Sklaven geeignet und verkauft, durch Pöbel und aufständige Bauern dahingeschlachtet, durch Mönche gejagt und schließlich bei Tausenden durch die Kreuzfahrer verbrannt, die ebenso ihre Brüder in Jerusalem in ihren Synagogen verbrannten oder durch Hohn, schmähende Reden, widernatürliche Anklagen und Untersuchungen, durch Drohungen und Bekehrungsversuche marterten. … Sie durften kein Land eignen, zu keiner Handwerks-Gilde gehören und an keiner Art Kunst sich beteiligen. Sie waren fast ausschließlich aufs Handeln angewiesen. Und da sie alle Menschen mit sich im Kriege fanden, hat dies ihren Nationalstolz und ihre Selbsterhebung durchaus nicht gemildert, und den Bruch zwischen den Juden und ihren heidnischen Nachbarn überall infolgedessen erweitert.“
So von Gott und von ihren Mitmenschen in jedem Volk entfremdet, war ihre elende Lage gar traurig und beklagenswert. Während der unerbittlichen, päpstlichen Verfolgungen haben sie gemeinsam mit den Heiligen und Märtyrern Jesu gelitten – die Christen für ihre Verwerfung des Antichristen, die Juden für ihre Verwerfung Christi sowie des Antichristen. Während Gott diese Trübsale und Verfolgungen als Strafe für ihr Nationalverbrechen der Verwerfung des Evangeliums und der Kreuzung des Erlösers über sie kommen ließ, wird er doch zu seiner Zeit die Beständigkeit ihres Glaubens an seine Verheißungen, die sie so ausdauernd festhielten, belohnen. Gott kannte ihren Stolz und ihre Herzenshärtigkeit im voraus, und sagte dieselbe sowohl wie das Übel voraus, das darum über sie kommen würde; und nicht weniger bestimmt hat er vor langer Zeit dem Abraham ein Aufhören ihrer Blindheit und die endliche Erfüllung aller ihnen gegebenen irdischen Verheißungen verkündet und durch einen Propheten nach dem andern wiederholt.
Da die Zeit der verheißenen Wiederherstellung Israels in Gottes Gunst herannaht, sehen wir, dass für sie Vorbereitungen gemacht werden. Innerhalb des gegenwärtigen Jahrhunderts geht deutlich ein Sichtungs- und Trennungs- Prozess unter ihnen vor sich, der sie in zwei Klassen, die rechtgläubigen und nicht-rechtgläubigen Juden, teilt. Jene halten noch an den Verheißungen Gottes fest und hoffen noch, dass Gottes bestimmte Zeit, Zion gnädig zu sein, bald kommen möge. Diese verlieren den Glauben an einen persönlichen Gott sowie auch an die Abraham gegebenen Verheißungen und treiben dem Liberalismus, dem Rationalismus und dem Unglauben zu. Zu den orthodoxen gehören meist die armen, unterdrückten Juden, obwohl auch etliche der Reichen und gebildeten dazu gehören, und sind viel zahlreicher als die heterodoxen; die letzteren jedoch sind bei weitem die einflussreichsten und geachtesten, oftmals Kaufleute, Bankiers, Redakteure, usw.
Das Folgende ist eine kurze Zusammenfassung des Glaubens der orthodoxen Juden:
„Ich glaube mit wahrem und vollkommenem Glauben, (1) dass Gott der Schöpfer und Lenker und Bereiter aller Kreaturen ist; (2) dass der Schöpfer einer ist, und dass er allein unser Gott war, ist, und für immer sein wird; (3) dass der Schöpfer nicht körperlich ist, nicht mit irgend welchen leiblichen Eigenschaften aufzufassen ist, und dass es keine leibliche Substanz gibt, die ihm verglichen werden könne; (4) dass nichts vor ihm war, und dass er für immer bleiben wird; (5) dass er verehrt werden soll und niemand sonst; (6) dass alle Worte der Propheten wahr sind; (7) dass die Weissagungen Moses wahr waren; dass er der Erste aller weisen Männer war, die vor ihm lebten oder je nach ihm leben werden; (Wir mögen sie in etwa für solche Überschätzung solch eines edlen und würdigen Charakters entschuldigen); (8) dass das ganze Gesetz wie es dieser Tage in unserer Hand sich findet, von Gott selbst unserem Meister, Moses, überliefert wurde; (9) dass dasselbe Gesetz nie verändert, noch uns von Gott ein anderes gegeben werden soll; (10) dass Gott alle Gedanken und Werke der Menschen kennt, wie in den Propheten geschrieben steht: Er lenket (bildet) ihnen allen das Herz, er merket auf alle ihre Werke; (11) dass Gott denen Gutes vergelten wird, die seine Gebote halten, und die strafen wird, welche dieselben übertreten; (12) dass der Messias noch kommen wird, und wenn sein Kommen sich verzögert – dennoch, will ich warten, bis er kommt -, (13) dass die Toten wieder ins Leben gerufen werden sollen, wenn es Gott, dem Schöpfer gefällt, dessen Name gesegnet und dessen Gedächtnis ohne Ende gefeiert werde. Amen“.
Seit der Zerstörung ihres Tempels und der Zerstreuung haben die Opfer aufgehört, aber sonst wird die mosaische Ordnung in jeder Beziehung unter den orthodoxen Juden aufrecht erhalten. Ihr Gottesdienst besteht wie vor Alters im Verlesen der Schrift, Gebete und Lobpreis. Am zweiten Tag ihres Posaunenfestes lesen sie die Erzählung von der Aufopferung Isaak durch Abraham und Gottes Segnung über ihn und seinen Samen. Dann stoßen sie in die Posaune und beten, dass Gott sie nach Jerusalem bringen möchte.
Die Nicht-Orthodoxen oder Reform-Juden, die „Radikalen“, weichen von den Orthodoxen weit ab. Viele von ihnen sind geschworene Atheisten und leugnen einen persönlichen Gott. Sie leugnen, dass irgend ein Messias kommen werde; und wenn sie die Prophezeiung nicht gänzlich verwerfen, so erklären sie, dass die jüdische Nation selbst der Messias sei und allmählich die Welt reformiere, und dass die vom Messias vorhergesagten Leiden in ihren Verfolgungen und Leiden als Volk erfüllt worden sind. Andere erklären, dass die Zivilisation der einzige Retter der Welt sei, den sie erwarten.
Die erste Klasse wird es ohne Zweifel sein, die wieder gesammelt und gesegnet werden wird, wenn der Messias in Herrlichkeit und Macht wiederkommt. Sie wird es sein die da spricht: „Siehe da ist unser Gott, auf den wir harrten, dass er uns retten würde, das ist Jehova, auf den wir harrten. Lasst uns frohlocken und uns freuen in seiner Rettung.“ (Jes. 25:9). Und im klaren Lichte der Lehre des Messias wird aller Glaube an die eitlen Traditionen weichen, welche sie noch als wertvolle Zusätze zu dem Gesetz Gottes festhalten. Die Zeit eilt herbei, da Gott zu Israel Friede sprechen und sie trösten und ihre Blindheit völlig beseitigen wird. Wir wollen damit nicht sagen, dass die Blindheit derer, die jetzt weit weg in den Unglauben wanderten, nie aufhören werde. Das sei ferne! Die blinden Augen aller, und aus jedem Volk, sollen geöffnet, und alle tauben Ohren sollen aufgetan werden. Keine besondere Gnade wird diesen ungläubigen Juden zur Zeit der zurückkehrenden Gnade zu teil werden: denn „das ist nicht ein Jude, der (bloß) auswendig ein Jude ist“ (durch Familienbande und äußerliches Bekennen). Die Juden, die Gott als Kinder Abrahams anerkennt, sind die, die am Glauben Abrahams festhalten und auf die göttlichen Verheißungen vertrauen.
Anglo-Israeliten
Und hier müssen wir unsere Abweichung von denen aussprechen, die da behaupten, dass die Anglo-Sachsen das Israel der Verheißung nach der Schrift seien. Kurz dargestellt behaupten sie, dass die Angelsachsen, usw. die Nachkommen der zehn Stämme Israels seien, die sich vom Stamm Juda und Benjamin nach Salomos Tod getrennt hatten, und die man oft als „die zehn verlorenen Stämme“ bezeichnet. Denn nach der Gefangenschaft (der ganzen zwölf Stämme) in Babylon hätten sich die zehn Stämme nie wieder im Lande Kanaan als „Israel“ niedergelassen, sondern wären als Stämme und als einzelne unter die verschiedenen Völker zerstreut. Diejenigen, deren Ansicht wir beanstanden, behaupten, dass sie die Wanderschaft jener Stämme nach Großbritannien verfolgen könnten, und dass die Größe und der Einfluss der englisch redenden Völker der Welt sich auf den Umstand zurückführen ließe, dass sie zu Israel gehören und die Israel gegebenen Verheißungen erben.
Hierauf antworten wir, dass das, was zum Beweis dafür, dass sie von den „verlorenen Stämmen“ sind, beigebracht wird, bei weitem nicht stark genug ist. Doch, wenn wir alles zugeben müssten, was sie da behaupten, so würde es die Stellung nicht begründen, dass die Größe und der Einfluss der angelsächsischen Rasse sich darauf zurückführen lasse, dass sie vermöge natürlicher Abkunft Israeliten seien, ebenso wenig wie darauf, dass sie „verloren“ sind. Ihre Größe ist auf ihre Freiheit und Intelligenz zurückzuführen, die hinwieder nicht daher rühren, dass sie verloren waren, noch auch, dass sie nach dem Fleisch geborene Israeliten sind, sondern von den Lehren Christi – von dem Licht, das etliche vom geistlichen Samen Abrahams unter ihnen scheinen ließen.
Die Tatsache, dass die zehn Stämme sich von den beiden verirrten, dient nicht zu ihrem Lobe, sondern im Gegenteil. Es ist ein Anzeichen, dass sie geneigt waren, Gottes Verheißungen zu missachten. Es ist ein Zeichen von Unglauben, denn sie wussten gar wohl, dass Gott vorhergesagt hatte, dass der Gesetzgeber, der Erretter, der Befreier, der König, in und durch welchen die Verheißungen erfüllt werden sollten, aus Juda kommen sollte. Der Stamm Benjamin war der einzige Stamm daher, der nebst Juda zur Zeit der Empörung Glauben an Gottes Verheißungen bewies. Zur Zeit der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft jedoch waren wohl die meisten, doch nicht alle, die zurückkehrten, von den Stämmen Juda und Benjamin. Unter ihnen waren etliche aus allen Stämmen, die den Herrn liebten und ihn mit Buße suchten und sich noch auf seine Verheißungen verließen. Die große Mehrzahl jedoch, sowohl von den zehn Stämmen, wie auch von den beiden, haben die Gelegenheit nach dem Lande der Verheißung zurückzukehren, nicht benutzt, sondern zogen Babylon und andere Länder vor; viele von ihnen waren in Götzendienst gefallen und hatten ihre Achtung vor Gottes Verheißungen verloren.
Wir müssen bedenken, dass nur einige wenige von denen, welche unter der Führung von Esra und Nehemia in ihr Land zurückkehrten, solche waren, welche gefangen genommen wurde; die große Mehrzahl war längst in Babylon gestorben. Es waren solche ihrer Kinder, in deren Herzen der Glaube ihrer Väter brannte, die noch auf die dem Samen Abrahams verheißenen Segnungen und Ehren hofften. So war die kleine, zurückkehrende Schar von weniger als fünfzig Tausend (50.000) alle damals übrigbleibenden Israeliten, aus allen Stämmen, die durch die Tat der Rückkehr in das Land der Verheißung zeigten, dass sie noch am Glauben Abrahams festhielten. Den Nachkommen dieser Tauglichsten, dieser aus allen Stämmen Israels Gesichteten (obwohl hauptsächlich aus den beiden Stämmen und obwohl alle nach dem königlichen und vorherrschenden Stamm Juda genannt), das heilige Volk, ganz Israel, repräsentierend, war es, dass unser Herr sich selbst und das Königreich anbot.
Unser Herr nahm auf sie als Israel und nicht als einen Teil Israels, nicht als Juden bloß, Bezug. Er redet selbst von denen, die an den Verheißungen und an einander festgehalten hatten, als von den „verlorenen Schafen vom Hause Israel“, weil sie weit von der Wahrheit abgekommen waren, den Traditionen falscher Hirten nach, die sie in ihren eigenen Wegen geleitet hatten und nicht, wie Gott angewiesen. Er sagt: „Ich bin nicht gesandt als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ Auf das Haus Israel war demzufolge in Einklang mit dem Vorigen sein Dienst beschränkt. Dies zeigt, dass die Juden seiner Zeit die einzig anerkannten Repräsentanten vom „Hause Israel“ waren, wie die folgenden und ähnliche Ausdrücke unseres Herrn und seiner Apostel anzeigen: „Ganz Israel“, „unser zwölfstämmiges Volk, Nacht und Tag Gott dienend“ (Apg. 26:7). Und man wird sich erinnern, dass unser Herr in Verbindung mit dieser Aussage, dass sein Dienst nur Israel galt, seinen Jüngern verbot, zu irgend jemand außer zu den Juden Palästina zu gehen. – Matth. 10:5, 6; 15:24
Beachte auch, dass die Apostel das Wort Israel (nicht Juden) gebrauchten, wenn sie von denen redeten, die damals in Palästina wohnten (Apg. 2:22; 3:12; 5:35; 13:16; 21:28), und wie sie die Worte Jesaja betreffs des Restes Israels auf die verhältnismäßig wenigen anwandten, die das Evangelium annahmen (Röm. 9:4, 27, 29, 31, 33; 10:1-4; 11:1, 7-14, 25, 26, 31), und von allen Übrigen als fallend und verblendet reden. Also, selbst wenn es nachgewiesen werden könnte, dass die angelsächsischen Völker ein Teil der „zehn verlorenen Stämme“ wären, so sehen wir doch deutlich, dass daraufhin unter diesem Bunde, ihnen keine Gnade hätte zukommen können, denn sie verließen den israelischen Bund und wurden Götzendiener, Ungläubige und praktisch Heiden. Außerdem, wie schon bemerkt (Band 2, Kap. 7), wurden alle, die als der natürliche Same Abrahams betrachtet wurden und fortfuhren, Christum zu verwerfen, von der Zeit des Todes Christi bis zum Jahre 1878 von aller Gnade verstoßen. Da war nach chronologischer Berechnung die Wiederzuwendung der göttlichen Gnade zu ihnen und der Anfang der Abwendung ihrer Blindheit fällig. Folglich konnte das Hervorragen der Angelsachsen während der vergangenen Jahrhunderte in keinem Sinne Israels zurückkehrende Gnade gewesen sein. Die, von denen um der Verwerfung willen die Gnade weggenommen worden war, sind die, zu denen sie zurückkehren soll. Damals wie seitdem stets wurde Israel durch die „Juden“ repräsentiert (Röm. 2:9, 10), und der Jude ist es, der jetzt der natürliche „Same Abrahams“ wieder in die Gnade eingesetzt werden wird. Diese zusammen mit dem geistlichen „Samen“ (der während des christlichen Zeitalters ausgewählt wurde – ein Rest von Israel, Juden, und die Übrigen aus den Nationen gesammelt) sollen Gottes Werkzeuge zur Segnung aller Geschlechter der Erde sein.
Noch auch wird die zukünftige Gnade Israel allein zukommen. Alle, die an die Bundesverheißungen glauben, können an den zurückkehrenden Gnadenerweisungen, mit dem natürlichen Samen teilnehmen, gerade wie irgend ein Jude, der während dieses christlichen Zeitalters Christus annahm, zu all den geistlichen Segnungen und Vorteilen, die während dieses Zeitalters angeboten wurden, erwählbar war. Wie am Anfang nur ein kleiner Rest an die christlichen Gnaden glaubte und sie annahm, so wird auch außer den Juden nur eine kleine Zahl der Menschheit für die neuen Gesetze und Bedingungen des Millenniums unter der gerechten Verwaltung des Herrn und seiner verherrlichten Kirche bereit sein; und folglich werden zuerst nur wenige außer Juden unter ihr gesegnet werden.
Der Jude, der lange gewohnt war, nach dem Tun zu ringen und auf Werke des Gehorsams gegen das Gesetz zu vertrauen, um sich den göttlichen Segen zu sichern, kam zum Fall über den ersten Zug der christlichen Heilszeitordnung – die Vergebung der Sünden ohne Werke auf alle, die da an Jesu vollkommenes Werk und allgenügsam Opfer für die Sünde glaubten. Aber die Achtung des Juden vor dem Gesetz wird beim Anbruch des Millenniums zu seinem Vorteil ausschlagen, und niemand wird für die genauen Erfordernisse und Gesetze jenes Zeitalters besser bereit sein als er, nachdem seine Blindheit in Bezug auf Christus und den Wert seines Opfers für die Sünde gewichen ist, denn nach dem Glauben an Christus sind Werke erforderlich, obwohl sie vorher nicht annehmbar sind. Und indem der Jude die Liebe und die Gnade Gottes in Christo ergreift, wird er nicht wie viele andere heutigen Tages dahin neigen, die Gerechtigkeit Gottes aus dem Auge zu verlieren. Andere dagegen werden eine Zeitlang gegen die Ordnung des Königreiches, in dem das Recht zur Richtschnur und die Gerechtigkeit zum Senkblei gelegt werden wird, verblendet sein und nicht bereit, sie anzuerkennen.
Wie der Jude durch eine falsche Ansicht über das Gesetz, das durch falsche Lehren bedeutungslos gemacht war, geblendet wurde, so werden jetzt viele Heiden daran gehindert sein, die Bedingungen der Gnade während des Millenniums zu erfassen, weil ihnen die Lehre der Gnade in der Vergebung der Sünden von verkehrten Lehrern dieser Tage falsch dargestellt wurde. Dieselben entleeren das Evangelium von der Gnade Gottes durch ihre sophistischen Argumente – „verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat“ (2. Petr. 2:1), und dass überhaupt ein Lösegeld gegeben wurde oder für die Wiedergewinnung des Menschen nötig sei. Sie behaupten, irren sei menschlich, vergeben sei göttlich; und folglich sei eine gelegentliche Sünde ganz entschuldbar, und Strenge der Strafe, ein Lösegeld, usw., nicht anzunehmen, da, wenn keine Sünden mehr zu vergeben wären, es Gottes Freude und Amt, zu vergeben, beseitigen würde. Sie verlieren Gottes Gerechtigkeit aus dem Auge und verfehlen so, die Weisheit seines Versöhnungsplanes durch das Blut des Kreuzes zu erkennen, nach welchem nur denen Vergebung der Sünden durch das Lösegeld – Opfer bewilligt wird, die gegen die Sünde ankämpfen. Durch solche oberflächliche Ideen über Gottes Gerechtigkeit und Strenge geblendet, werden nur wenige für jenen strikten, der Fähigkeit entsprechenden Gehorsam, wie er im nächsten Zeitalter von allen gefordert werden wird, so vorbereitet sein, wie gerade die Juden.
Als ein Beispiel davon, wie die Juden bereit sein werden, Christi Jesu Tod als ihr Lösegeld – ihren Ersatz – Kaufpreis – als gesetzliche Genugtuung für die Sünden der Menschheit anzunehmen, führen wir das folgende aus der Feder eines jungen zu Christo bekehrten Hebräers an. Es ist dies eine Schilderung der jährlichen Feier des „Großen Versöhnungstages“, wie er gegenwärtig von den „orthodoxen“ Juden beobachtet wird. Der Artikel erschien in dem Blatt „The Hebrew Christian“, wie folgt:
„Jom Kippur“, oder der große Versöhnungstag, war bei meinem Vater ein denkwürdiger Tag, denn an diesem heiligen Sühntag fastete, betete und kasteite er sich nicht nur, sondern brachte auch die ganze Nacht in der Synagoge in Andacht zu. An diesem großen Tag habe ich meinen frommen Vater oft weinen sehen, wenn er das feierliche Sündenbekenntnis wiederholte, das auf die Aufzählung der Opfer folgte, die von Gott zum Opfer für die Begehungs- und Unterlassungssünden bestimmt waren; und gar oft habe ich mit weinen müssen, wenn ich mich ihm in der Klage anschloss, dass wir jetzt gar keinen Tempel, keinen Hohepriester, keinen Altar und keine Opfer mehr haben. Am Tage vor diesem feierlichen Tag versah er sich in Gemeinschaft mit den anderen Juden mit einem Hahn und schwang den lebendigen Vogel unter Wiederholung gewisser Gebetsformeln dreimal um sein Haupt, dabei die Worte wiederholend; „Dies sei mein Stellvertreter, die sei mein Lösegeld, dies sei meine Sühne; dieser Vogel soll sterben und ich ein glückseliges Leben erlangen.“ Dann legte er seine Hände auf ihn, wie man die Hände auf die Opfer zu legen pflegte, und gleich darauf wurde er zum Schlachten übergeben. Das ist das einzige Blut, das jetzt in Israel vergossen wird. Das Blut der Stiere und Ziegenböcke fließt nicht mehr neben dem ehernen Altar.
„Mein Vater gab sich die größte Mühe, einen weißen Hahn zu bekommen, und vermied einen roten ganz und gar; und als ich ihn fragte, warum er so tue, sagte er mir, dass ein roter Hahn schon mit Sünden beladen sei, denn Sünde ist selbst rot, wie geschrieben steht: „Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, wie Schnee sollen sie weiß werden; wenn sie rot sind wie Karmesin, wie Wolle sollen sie werden.“ (Jes. 1:18). Er fuhr fort: „Du wirst finden, dass die Rabbiner im Talmud niedergelegt haben, wenn der Hahn weiß ist, so ist er nicht mit Sünden behaftet, und kann daher die Sünden der Juden tragen; aber wenn er rot ist, ist er ganz und gar mit Sünden beladen, und ist untauglich dazu, unsere Vergehen zu tragen.
Der Grund, warum sie einen Hahn lieber als irgend ein anderes Tier gebrauchen, ist der: Im Hebräischen wird ein Mann Geber genannt. Nun, wenn Geber (ein Mann) gesündigt hat, so muss Geber auch die Strafe dafür tragen. Doch da die Strafe schwerer ist, als die Juden sie tragen könnten, haben die Rabbiner an ihrer Stelle einen Hahn substituiert, der im chaldäischen Dialekt Geber genannt wird, und so nimmt man an, dass die göttliche Gerechtigkeit befriedigt ist. Denn, da Geber gesündigt hat, so ist Geber, d.i. ein Hahn, geopfert worden.
Diese leere Erfindung mag als ein bemerkenswertes Zeichen einer sehr bedeutsamen Tatsache betrachtet werden. Während nämlich viele unter den Juden heutigen Tages die Versöhnung ganz und gar leugnen, so hat doch die Gesamtheit der Nation noch etwas von dem Gefühl, dass ein Opfer für die Sünde absolut nötig ist, und dass die Reue ohne Versöhnung zum Heile nichts nützt. Wenn die Juden, statt rabbinische Fabeln zu lesen, die Bibel erforschen würden, so würden sie finden, dass der Herr Jesus, der wahre Messias, in seiner eigenen Person gerade die Versöhnung der Sünde bewirkte, die, wie sie in ihrer Blindheit sich einbilden, vermittelst eines Hahnes bewirkt werden könnte. Geber (ein Mann) hat gesündigt, und Geber (ein Mann), der Mensch Jesus Christus, hat seine Seele zum Sündopfer gegeben.“ – Jes. 53:10
Den Juden zuerst
Wir sehen also, dass Gottes Vorhersagung, dass Israel (ausgenommen die wenigen Treuen) durch ihr Gesetz geblendet werden würden (Römer 11:9), auf natürliche Weise in Erfüllung ging, und ebenso, dass seine weitere Vorhersagung, dass viele derselben, durch die Gnaden und Einrichtungen des Millenniums rascher als andere gesegnet werden würden, ebenfalls auf eine vollkommen natürliche Weise zustande kommen und von vernünftigen Ursachen herrühren soll. So werden also die Gnaden des Millenniums den Juden zuerst zuteil, gerade wie den Testamenten (Bündnissen), usw. nach, die Gnaden des Evangeliums ihnen zuerst angeboten wurden. Und so wird es schließlich geschehen, wie Simeon geweissagt hat: „Dieser ist gesetzt zum Fall und (Wieder-) Auferstehen vieler in Israel.“ Und die Zeit der Wiederaufrichtung dieser so lange von der Gnade gefallenen Nation ist vorhanden.
Doch lasst uns vor einem zu gewöhnlichen Fehlgriff auf der Hut sein, wie er von manchen, die etwas von diesen Verheißungen sehen, gemacht wird. Sie nehmen an, dass die folgenden Aussagen buchstäblich zu nehmen seien: „Nach diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids, die verfallen ist, und ihre Ruinen will ich wieder bauen und sie wieder aufrichten.“ „Und der Herr, Gott, wird ihm den Thron seines Vaters David geben.“ „Und mein Knecht David wird König über sie sein.“ (Apg. 15:16; Luk. 1:32; Hesek. 37:24). Während die Buchstäblichkeit ihrer verheißenen Rückkehr in ihr eigen Land und das Wiederaufbauen Jerusalems auf ihren eigenen Hügeln nicht bezweifelt werden kann, so können wir doch ebenso sicher sein, dass mit dem Haus und dem Thron Davids nicht eigentliche Steine, Holz, usw., gemeint sind. Die Wiederherstellung des Hauses Davids bezieht sich auf die Wiederherstellung der Königswürde und Herrschaft in die Hand eines der Nachkommen Davids. Christus Jesus ist der verheißene Spross des Hauses Davids und der Erbe seines Thrones; und wenn seine Herrschaft anfängt, hergestellt zu werden, so bedeutet das den Anfang der Aufrichtung (der dauernden Herstellung) des vormals nur temporären Hauses oder Zeltes Davids, welches niedergefallen und Jahrhunderte lang im Staube gelegen war. So bezieht sich gleicherweise der „Thron Davids“, auf dem der Messias sitzen soll, nicht auf die hölzerne, goldene oder elfenbeinerne Bank, auf welcher David saß, sondern auf die Würde, Macht und das Herrscheramt, das er ausübte. Diese Herrschaft, dieses Amt oder dieser Thron, den David etliche Jahre einnahm, soll von Jehovas Gesalbten auf einer viel großartigeren Stufe eingenommen werden.
Doch was für eine Herrschaft hatte und übte David aus? Wir antworten: Es war Jehovas Herrschaft. David saß „auf dem Throne Jehovas“ (1. Chron. 29:23), und dies ist eben die Herrschaft, deren Träger Christus in seinem Millenniums-Königreich sein wird. Und wenn man es recht betrachtet, so ist klar, dass David und sein Thron oder göttliche Autorität, die in dem vorbildlichen Israel aufgerichtet war, bloß vorbildliche Vorausdarstellungen Christi und seines Königreiches waren; und Davids Haupt – Ehre wird die sein, wenn er würdig erachtet wird, einer der „Fürsten“ zu sein, denen Immanuel die irdische Phase, oder Stufe, seines Königreiches anvertraut. – Psalm 45:16
Selbst der Name, David, sowie auch sein Königreich, war vorbildlich. Der Name David bedeutet Geliebter; und Gottes geliebter Sohn ist es, der an jenem Tage König sein soll über die ganze Erde, und nicht der vorbildliche, geliebte David von damals. Man tut auch wohl, genau zwischen dem Neuen Jerusalem, dem himmlischen oder geistigen, dessen zwölf Grundsteine die zwölf Apostel sind, und dem alten Jerusalem, das auf den alten Trümmern wieder erbaut werden soll, zu unterscheiden. Unter der verheißenen Wiederherstellung des alten Jerusalems ist nicht bloß der Wiederaufbau der Gebäude, usw., zu verstehen, sondern besonders die Wiedereinrichtung des Reiches Israel, denn in der Prophetie ist eine Stadt stets das Symbol oder die Darstellung einer Regierung. Folglich bedeutet die verheißene Wiedererbauung Jerusalems auf ihrem alten Grunde eine nationale Reorganisation Israels, auf einer ähnlichen Grundlage als sie früher hatte, als ein Volk, über welches Jehovas Gesalbter die Herrschaft ausübt. Das Neue Jerusalem repräsentiert die christliche Kirche in der Herrlichkeit und in der Macht des Königreiches, geistig und den Menschen unsichtbar, und doch allmächtig. Ihr Herabkommen zur Erde (Offb. 21:2) markiert die Erfüllung der Bitte im Gebet des Herrn, die da lautet: „Dein Königreich komme“, und sein „Kommen“ wird allmählich und nicht plötzlich vor sich gehen. Es ist schon im „Herabkommen“, im Kommen zur Herrschaft, begriffen, und als eine Wirkung hiervon sehen wir die vorbereitenden Schritte, die zur Wiederherstellung des alten Jerusalems führen; und schließlich wird geschehen, was unser Herr uns beten lehrte: Gottes Wille wird geschehen, auf Erden wie im Himmel. Das Neue Jerusalem und die Neuen Himmel sind gleichbedeutende Ausdrücke und bezeichnen die neue geistige Herrschaft.
Schon untersuchte Weissagungen weisen uns auf das Jahr 1878 als das Datum, an welchem Israels „doppelte“ Wartezeit auf das Königreich erfüllt war, und von welchem Zeitpunkt an ihre Rückkehr zur Gnade und das Abwenden ihrer Blindheit datieren sollten: Die Zeit, da man sagen soll: „Redet zum Herzen Jerusalems, und ruft ihr zu, dass ihre (Zeit der) Mühsal, (die ihr bestimmte Zeit des Wartens – ihr „Doppeltes“) vollendet, dass ihre Missetat abgetragen (vergeben) ist, dass sie von der Hand Jehovas (ihr) Zwiefältiges empfangen hat für all ihre Sünden.“ (Jes. 40:1,2)
Von dem Datum an sehen wir daher, wie zu erwarten ist, bestimmte Anzeichen, dass zu jenem Volke Gnade zurückkehrt – eine Bewegung in der Richtung ihrer tatsächlichen Wiedereinpflanzung in ihr eigenes Land und ihres Wiederaufbaues als ein großes Volk den vielfältigen Verheißungen Gottes in dieser Hinsicht gemäß, denn „So spricht Jehova, der Gott Israels: Wie diese guten Feigen, also werde ich die Weggeführten von Juda, die ich aus diesem Orte in das Land der Chaldäer (nach Babylon – mystischen Babylon – Christen – Reich, wie Vers 9 zeigt, denn seit ihrem Untergang sind sie unter allen Völkern der sogenannten Christenheit zerstreut gewesen) weggeschickt habe, ansehen zum Guten“ – zu ihrer Züchtigung und Strafe, hinter der Gutes verborgen war. „Und ich werde meine Augen auf sie richten zum Guten und sie in dieses Land zurückbringen; und ich werde sie bauen und nicht abbrechen, und sie pflanzen und nicht ausreißen. (Dies konnte sich nicht auf ihre Rückkehr aus der Gefangenschaft im buchstäblichen Babylon beziehen, da sie seit jener Rückkehr wiederum niedergerissen und ausgerissen wurden). Und ich will ihnen ein Herz geben, mich zu erkennen, dass ich Jehova bin; und sie werden mir zum Volk, und ich werde ihnen zum Gott sein, denn sie werden mit ihrem ganzen Herzen zu mir umkehren.“ – Jer. 24:5-7
So spricht Jehova: Siehe, ich will wenden die Gefangenschaft der Zelte Jakobs, und seiner Wohnung will ich mich erbarmen. Und die Stadt (Jerusalem) wird auf ihrem Hügel wieder erbaut, und der Palast nach seiner Weise bewohnt werden.“ „Und seine (Jakobs) Söhne werden sein wie ehedem, und seine Gemeinde wird vor mir feststehen; und ich werde all seine Unterdrücker heimsuchen. Und sein Herrlicher wird aus ihm sein und sein Herrscher aus seiner Mitte hervorgehen.“ „Siehe, ich bringe sie aus dem Land des Nordens (aus Russland, wo nahezu zwei Drittel aller jetzt lebenden Juden wohnen) und sammele sie vom äußersten Ende der Erde, … in großer Versammlung kehren sie hierher zurück. Mit Weinen kommen sie, und unter Flehen leite ich sie … Höret das Wort Jehovas, ihr Nationen, und meldet es auf den fernen Inseln und sprechet: Der Israel zerstreut hat, wird es sammeln und wird es hüten, wie ein Hirte seine Herde. Denn Jehova hat Jakob losgekauft und hat ihn erlöst aus der Hand dessen, der stärker war als er. Und sie werden kommen und jubeln auf der Höhe Zions und herbeiströmen zu den Gütern Jehovas: zum Korn und zum Most und zu Öl und zu den jungen Schafen und Rindern; und ihre Seele wird sein wie ein bewässerter Garten, und sie werden hinfort nicht mehr verschmachten.“ – Jer. 30:18, 20, 21; 31:8-12
Nicht nur wird der große, einst von ihnen verworfene Erlöser die lebenden Geschlechter dieses Volkes auf solche Weise wiederherstellen, sondern gleichfalls die toten, denn „So spricht der Herr Jehova: Siehe, ich werde eure Gräber öffnen, und euch aus euren Gräbern heraufkommen lassen, mein Volk, und werde euch ins Land Israel bringen. Und ihr werdet wissen, dass ich Jehova bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch aus euren Gräbern heraufkommen lasse, mein Volk. Und ich werde meinen Geist in euch geben, dass ihr lebet, und werde euch in euer Land setzen. Und ihr werdet wissen, dass ich, Jehova, geredet und es getan habe, spricht Jehova.“ – Hesek. 37:12-14
Diese wunderbaren Verheißungen werden nicht in einem Tage von 24 Stunden erfüllt werden, sondern während des tausendjährigen Tages. Ihre Erfüllung hatte im Jahre 1878 einen bestimmten Anfang, als Resultat des Berliner National Kongresses. Sie genießen jetzt größere Rechte im Lande ihrer Väter, als ihnen Jahrhunderte lang zugestanden wurden. Sie sind nicht länger mehr bloß „Hunde“ den unverschämten Türken gegenüber.
Es ist wohl nicht allgemeiner bekannt, dass England schon ein Protektorat über Palästina angenommen hat, ja über alle asiatischen Provinzen der Türkei, zu denen es gehört. Seit lange schon hat England die Notwendigkeit gefühlt, aus drei Gründen die Türkei in Schutz zu nehmen: Erstens sind die reichen Klassen Englands in bedeutendem Maße Eigentümer türkischer Wertpapiere; zweitens, wenn die Türkei an eins der benachbarten Völker fallen oder unter ihnen geteilt würde, so würde England wenig oder nichts von dem Raub bekommen, und die anderen rivalisierenden Nationen würden so in der Kontrolle der europäischen Angelegenheiten mehr in den Vordergrund treten und zur Macht kommen als England; drittens, und hauptsächlich, sieht England ein, dass nach Beseitigung des türkischen Reiches der russische Einfluss im südlichen Asien bedeutend vergrößert werden und in nicht zu langer Zeit das indische Kaiserreich an sich ziehen würde. Die Kaiserin von Indien aber ist ja die Königin von England, und von Indien zieht England reiche Handelseinkünfte, usw. Daher finden wir, dass die königliche oder Tory Partei in England mit aller Macht die Türkei unterstützt; und als Russland im Jahre im Jahre 1878 drauf und dran war, Konstantinopel zu betreten, legte sich England ins Mittel und sandte eine Flotte Kanonenboote in den Hafen. Das Resultat war die Berliner Konferenz vom 13. Juni 1878, in welcher ein Hebräer, Lord Beaconsfield, der Premierminister Englands, die Hauptfigur spielte. Die Angelegenheiten der Türkei wurden dann so geordnet, dass ihre nationale Existenz wenigsten für die Gegenwart bewahrt wurde und doch ihre Provinzen so arrangiert wurden, dass im Falle eines schließlichen Auseinanderfallens die großen Mächte wüssten, welchen Teil eine jede von ihnen sich aneignen dürfte. Damals war es, dass allen Provinzen der Türkei größere religiöse Freiheit gewährt wurde, und England durch einen geheimen Vertrag mit der Türkei der Beschützer der asiatischen Provinzen wurde. Nach der Darstellung der Sache von seiten des Historikers Justin Mc Carthy „unternahm die englische Regierung, der Türkei ihre asiatischen Besitzungen gegen alle Invasionen zu garantieren, .. verpflichtete sich, die Türkei gegen jede Invasion und jeden Angriff zu verteidigen und zu sichern, und besetzte die Insel Zypern, um ein wirksames Übergewicht zu haben, mit Hilfe dessen sie dieses Projekt ausführen könne.“
So sieht man, dass Palästina, als eine dieser asiatischen Provinzen, somit schon unter Englands Obhut ist, und daher schreibt sich die größere Laxheit von Seiten der türkischen Regierung bei der Erzwingung ihrer den jüdischen Interessen ungünstigen Gesetze. Und dieser Eröffnung Palästinas durch die Vorsehung für die Juden folgten erneuerte Verfolgungen im „Lande des Nordens“ – in Russland und Rumänien – dahin abzielend, sie zu einer Einwanderung aus diesen Ländern in ihr eigenes Land zu bewegen. Infolge dieser Vereinigung von Umständen ist die Einwohnerzahl der Juden des „orthodoxen“ Typus in Palästina und besonders in Jerusalem in rascher Zunahme begriffen. Bereits überragen die Juden in Jerusalem an Zahl alle anderen Nationalitäten zusammengenommen, während sie Jahrhunderte lang nur eine kleine Minderheit gewesen waren.
Der „New York Herald“, der vor einiger Zeit über die Aneignung der Insel Kreta von Seiten Englands und über seine Besetzung Ägyptens und die Lage der Türkei und all ihrer Provinzen einen Leitartikel brachte, sagte:
„Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, und Geschichte selbst wird mit größerer Geschwindigkeit fabriziert. Kriege dauerten früher mehrere Jahrzehnte; die Zivilisation rückte langsamer vorwärts, der Verkehr zwischen den Nationen und folglich der gegenseitige Nutzen schritt verhältnismäßg gemächlicher voran. Was jetzt in einem Lande erfunden wird, ist sofort tausende von Meilen weit bekannt, und die ganze Welt kann zu gleicher Zeit durch die Erfindung profitieren. Besonders in der Politik ist der Geist der Hast auffällig. Früher erforderten die Pläne der Staatsmänner Generationen zu ihrer Hinausführung; jetzt werden die kühnsten Pläne von den Pläneschmiedern selbst ausgeführt, und die Karte eines Kontinents wird in einer Woche verändert. Wie rasch die Ereignisse marschieren und die Geschichte geschaffen wird, tritt mit besonderer Klarheit in der magnetischen Frage des Ostens zu Tage … Inmitten dieses Schauplatzes widerstreitender Interessen liegt Palästina – dem Juden, dem Christen, dem Mohammedaner teuer. Der Staatsmann sagt, es ist der Schlüssel zur Lage; und auf den Vorteil seiner Landsleute blickend, erklärt er: In Anbetracht seiner wunderbaren Fruchtbarkeit, die von Alters Millionen unterhielt, in Anbetracht seiner Handelsmöglichkeiten, die in früheren Tagen seine Seehäfen zu Schauplätzen der Tätigkeit und des Wohlstandes machten, so dass Tyrus und Sidon bis zum heutigen Tage spricht, wörtlich sind, in Anbetracht seiner Lage am Vereinigungspunkt von Europa und Asien, und daher der Lage nach am herrlichsten, ist der Besitz Palästina meinem patriotischen Herzen am allerbegehrenswertesten. Der Historiker sagt: Die erste internationale Episode, die uns überliefert ist, war die Invasion Palästinas. Von jenem Tage an bis heute ist es ein Interessen – Zentrum gewesen; und so ist er an seinem Teile für die Zukunft Palästina interessiert. Der Religiöse kann nicht Worte genug finden, sein Interesse auszudrücken, das er von seinem Standpunkt aus dem nimmt, was er das heilige Land nennt. Für ihn ist jeder Stein ein Epos, jeder Baum eine Poesie. Der schlaue Kaufmann notiert sich’s nieder, dass, wenn das asiatische Eisenbahnsystem erbaut ist, und erbaut wird es werden, sobald eine stabile (sichere) Regierung hergestellt ist, die geographische Lage Palästina aus ihm den Staat machen wird, in dem die großen Eisenbahnlinien zusammenlaufen, um die Produkte Asien nach europäischen und amerikanischen Märkten und umgekehrt zu tragen, denn, wie in den Tagen Salomos der Handel dreier Kontinente in seinen Grenzen zusammentraf, so wird der zukünftige Handel derselben Kontinente aufs neue in jenem begünstigten Punkt zusammenfließen. Noch wird er seine Hoffnung im geringsten sinken lassen, weil ihre Verwirklichung so fern erscheint. Das rasante Wachstum eines Chicago oder San Franzisko, die schnelle Umwandlung von Wüsten in volkreiche Staaten vor seinen Augen, bemerkt er einfach: „Ereignisse folgen heutzutage rasch aufeinander“ und wartet.
„Jedoch, während die großen christlichen Mächte mit bewaffneter Hand bereit stehen, den begehrten und versucherischen Bissen zu erfassen, sobald der kranke Türke seinen Griff fahren lässt, da tritt eine historische Figur auf den Plan und erklärt: „Das Land gehört mir!“ Und da die Mächte sich nach dem Sprecher umschauen, gewahren sie den Juden – das Kind des Patriarchen, der in Palästina wohnte, als es den ersten Einfall erlebt, und der gar gern selbst gegenwärtig sein möchte, um es als sein Eigentum zurück zu empfangen, da 36 Jahrhunderte später aufs neue um sein Besitztum gestritten wird!
Welch wunderbares Zusammentreffen! „Nicht doch“, sagte der Jude; es ist kein Zufall; es ist meine Bestimmung.“ Lasst uns nun kurz auf die Stellung des Juden zu dieser Frage betreffs der Zukunft Palästinas einen Blick werfen. Nationen werden aus Ideen geboren. Aus der Idee der deutschen Einigkeit erwuchs das deutsche Kaiserreich zur tatsächlichen Wirklichkeit. Von Versailles aus wurde es der Welt verkündet, während französische Kanonen ihr Amen riefen als Antwort auf die deutschen Gebete um sein Gedeihen. Aus dem Ruf: „Italia irridenta“ wurde das neue Italien von heute geboren, dessen Donner aufs neue die Ufer des Mittelländischen Meeres aufwecken wird. Aus der Tradition des alten Griechenlandes wurde das moderne Griechenland geschaffen. So ist es für Christen wohl begreiflich, wie die lang gehegte Sehnsucht des Juden doch noch verwirklicht werden mag. Und da sie völlig zugeben, dass dem Juden vor allen anderen Palästina gehört, dass er vor allen anderen besonders dazu geeignet ist, die Zukunft jenes schwangergehenden Landes zu entwickeln, dass sein Besitz desselben die Befürchtungen der eifersüchtigen Mächte stillen würde, so würde die Wiederherstellung des Juden in demselben nur eine Handlung der Gerechtigkeit sein und eine würdige Sühne für das an ihm – dem Märtyrer der Geschichte – verübte furchtbare Unrecht.
Was die Juden selbst betrifft, wie sehr sie sich nach einer Wiederherstellung sehnen, ist kaum zu sagen nötig. Am 9. ihres Monates ab, fasten sie wegen der Zerstörung ihres Tempels und ihres mit diesem Ereignis verknüpften, nationalen Elendes. Kein Morgen oder Abend vergeht, an dem sie nicht beten: „Sammle uns von den vier Ecken der Erde.“ „Stelle unser Volk wieder her wie vor Alters“: „Wohne Du inmitten Jerusalems!“ Und diese Worte werden in jeder Stadt ausgesprochen, da es Juden gibt – und das heißt, in der ganzen Welt. Solche Beständigkeit übersteigt fast alle Grenzen, und bis zum heutigen Tag streut der spanische Jude in allen Ländern (selbst in diesem fernen Land) etwas Staub von Palästina oder „tierra santa“, wie sie es nennen, auf die Augen ihrer Toten – ein poetischer und gefühlvoller Ausdruck ihrer Liebe für den heiligen Grund.
„Wenn die Eisenbahn Jerusalem erreicht, dann kommt der Messias“, weist hin auf Jes. 66:20, wo der Prophet in seiner Vision die Exkulanten auf allen nur möglichen Gefährden zurückkehren sieht, unter welchen sich eines befindet, das er „Kirkaroth“ nennt. Die englische Übersetzung hat, schnell eilende Tiere, was natürlich zu unbestimmt ist, oder Dromedare, was gewiss unrichtig ist. (Luther übersetzt das Wort mit „Läufern“) Philologen fehlen nicht, die das Wort von kar, „ein Ofen“, und von karkar, „schwingen“ herleiten – und behaupten, der Prophet suche hier ein Wort zu prägen für das, was ihm in seiner Vision gezeigt wurde, ein Zug in rascher Bewegung. „Wenn Nicholas herrscht, kommt Erlösung“ bezieht sich auf Jesaja 63:4, woraus Hebraisten, was sie mit „RasheTeboth“ bezeichnen, den Satz entnehmen: „Ganz Juda soll hören und den Fall des Nicholaus, Kaisers von Moskau gewahren, wegen seiner Unterdrückung der Kinder Judas; und nachdem unser Fall geschehen, wird unsere wirkliche Erlösung eintreten, und nahe wird die frohe Botschaft des Tisbiters (des Propheten Elias) für die Kinder Judas sein“. Dies und dergleichen ist insofern bedeutsam, als es die jüdischen Gedanken zeigt.“
Mit Macht erinnert uns dies daran, wie nahe oft Weltmänner, ohne es zu ahnen, an die Wahrheit kommen. Ja, wahrlich, es ist wahr, dass der Patriarch Abraham „gar gern selbst da sein möchte, das Land der Verheißung als sein und seiner Nachkommenschaft Eigentum 36 Jahrhunderte nach seinem Tode zurückzuempfangen. Dies, das manche als einen poetischen Erguss betrachten möchten, soll nach der Schrift eine wirkliche Tatsache werden. Denn, wie wir schon gesehen haben (Band 1, Kapitel 14), Abraham, Isaak und Jakob, samt Daniel und allen heiligen Propheten, sollen „vollkommen gemacht werden“, nachdem die christliche Herauswahl verherrlicht worden ist (Hebr. 11:40), und die „Fürsten auf der ganzen Erde“ (Psalm 45:16), die irdischen und sichtbaren Repräsentanten des Christus, des geistigen, unsichtbaren Herrschers, bilden. Abraham sowie seinem Samen wurde das Land der Verheißung zu einer ewigen Besitzung gegeben; und er muss es in der Zukunft empfangen, denn soweit hat er noch nicht einen Fußbreit davon besessen. – Apg. 7:5
Folgender, in einem Chicagoer Blatt veröffentlichter Brief bezeugt in bemerkenswerter Weise den allmählichen Prozess der Wiederherstellung in Palästina und die Vorbereitungen für die von Gott verheißenen, zukünftigen Segnungen über dasselbe und über sein Volk.
Jerusalem, den 23. November 1887
„Ich bin sehr froh, euch von den herrlichen Dingen erzählen zu können, deren wir während der sechs Jahre unseres Hierseins Zeuge waren. Als wir vor sechs Jahren hier ankamen, waren unserer 14 Erwachsene und 5 Kinder. Als wir von Jaffa herauf fuhren, machte die Verödung des Landes einen traurigen Eindruck auf uns. Nirgends um uns her war ein grüner Halm zu sehen. Die Olivenbäume und Weinstöcke waren so sehr von dem grauen Staub eines heißen, trockenen Sommers bedeckt, dass man nicht denken konnte, darunter könne irgend welches Grün verborgen sein, und die ganze Erde schien bis auf ihren Grund ausgetrocknet zu sein. Doch wir haben es seitdem nie wieder so gesehen. Jedes Jahr sieht es grüner aus, und viele jener kahlen Hügel sind jetzt mit Weinbergen und Olivengärten bedeckt, die den Anblick der ganzen Umgegend verändert haben.
Du wirst fragen: Was ist die Ursache von all dem Wechsel? Gott hat verheißen, dass er, wie er all dies Übel über dieses Land gebracht hat, so wolle er auch große Segnungen über dasselbe bringen, und diese haben augenscheinlich mit der Sendung von mehr Regen als während vieler früherer Jahrhunderte begonnen. Er schickt schöne Regenschauer und schwere Taue, woselbst es sonst keine gab, und er schickt Wolken im Sommer, von denen man selbst vor 20 Jahren nichts wusste. Dies mildert die Hitze, so dass der Boden nicht so austrocknet. Vor fünf Jahren sandte er im Juli und August (Monate, in denen es sonst nie zu regnen pflegte) 3 Stunden Regen in Jaffa und 16 Stunden in Damaskus und viel überall umher, so dass die amerikanischen Blätter darüber bemerkten, es sei ein Beweis, dass sich das Klima in Palästina verändere. Auch, als wir herkamen, da kamen nur sehr wenig Juden in dies Land zurück; doch die Verfolgungen in Russland und Deutschland und in anderen Ländern fingen an, sie auszutreiben, und trotz der Edikte des Sultans fingen sie an, in dies Land zurückzukehren, kauften Land, pflanzten und bauten und nahmen Besitz vom Handel der Stadt, und so sind heute viele Tausende mehr hier, als da wir herkamen.
Jerusalem ist in Wirklichkeit jetzt in den Händen der Juden, soweit es den Handel betrifft; und der Jude ist nicht länger mehr unter der Ferse des Mohammedaners, wie er einst war. Sie bauen auch in großer Geschwindigkeit eine neue Stadt auf, genau auf der Linie, die in Jer. 31:38-40 und 32:43-44 beschrieben ist, so dass selbst die Türken, welche die Macht in der Hand haben, es bemerken und einer zu andern sagen: „Es ist Gott, was können wir tun?“ Und was können wir zu all dem sagen, als dass Gott in unseren Tagen eilig sein Wort und den Bund erfüllt, den er mit Abraham geschlossen? Und wir sind Zeugen von all diesem.“
Trotz der Unterdrückung und der Tyrannei, die sie bis hinunter in den Staub zermalmt haben, finden wir in letzter Zeit, dass viele von ihnen sich weit über ihre heidnischen Nachbarn zu Reichtum und Auszeichnung erheben. Und mit solchen Mitteln und solcher Auszeichnung entsteht in ihnen oft der wohlwollende Ehrgeiz, es zur Aufrichtung der jüdischen Rasse zu verwenden, und in dieser Richtung wird durch weise und gut geleitete Bemühungen gar manches geleistet. Die Aufmerksamkeit gebildeter Leute, sowohl unter Juden wie Nichtjuden, wird auf diese Wendung der Dinge in den jüdischen Angelegenheiten hingelenkt.
Daraus, wie tonangebende jüdische Tagesblätter sich auslassen, und aus den verschiedenen, jetzt für die Kolonisation Palästinas und für die Unterstützung und Förderung der dort schon Angesiedelten, im Fortschritt begriffenen Bewegungen, ist offenbar, dass jetzt Tausende verlangenden Auges sich nach dem Land der Verheißung wenden. Und dieser Umschwung in den jüdischen Angelegenheiten datiert vom Jahre 1878, und das Zuspitzen der Ereignisse seitdem hat betreffs dieser Sache, die in sich selbst ein bedeutsames Zeichen der Zeit ist, ein bemerkenswertes Aufwachen bewirkt und bewirkt es noch. Von der Jewish World (vom 2. August 1886) führen wir folgendes Beispiel an:
„Es sind Risse in den Wolken, die bisher solch einen trüben Schatten über das heilige Land geworfen haben. Die Zukunft dieses unglücklichen, so lange in undurchdringliches Dunkel gehüllten Landes fängt an, sich matt zu erhellen, und der Schimmer eines glücklicheren Zustandes der Dinge ist nach unserer Vermutung innerhalb erreichbarer Ferne … Zwei Institutionen sind bestimmt, einen hervorragenden Anteil an der Verbesserung der Lage der Juden Palästinas zu nehmen. – Die Landwirtschaftliche Schule zu Jaffa und die Lionel de Rothschild Institution in der Nähe Jerusalems. Wir möchten auch noch eine dritte hinzufügen in der Gestalt des Montfioore Testimonial Fonds, welcher vermöge seiner Beförderung von Baugesellschaften und seiner Errichtung von billigen Häusern viel zur Beförderung von Sparsamkeit und zur Verminderung des Elends und der Mühseligkeiten des häuslichen Lebens in der Heiligen Stadt beigetragen hat. … Was uns jetzt besonders anliegt, anzumerken, ist, dass die Aussichten der Juden in Palästina nicht länger mehr trübselig sind. Es sind auf der einen Seite Kräfte zur Verbesserung der Lage unserer Brüder am Werke, die weise ersonnen und geistreich organisiert sind, und die jetzt emsig angewandt werden. Auf der andern Seite fängt das Volk an, seines Elends und seiner Untätigkeit müde zu werden, und zeigt eine wachsende Neigung, sich die zu seiner Wiederherstellung gemachten Anstrengungen zu nutze zu machen. Dies ist eine Lage der Dinge, die voll Glück verheißender Folgen ist, und kein Jude wird verfehlen, es mit Freude zu betrachten.“
In einer folgenden Nummer desselben Blattes schließt ein Leitartikel über „Die Zukunft Palästinas“ mit folgenden Worten:
„Mit dem neuerlichen Einfluss eines ackerbauenden Elementes in den durch Montefiore, Hirsch und Rotschild – Kapitalien gepflanzten Kolonien sollten sich willige Hände finden, an der Umwandlung der Landschaft zu wirken, da die Wüste blühen soll wie die Rose; willige Hände und willige Herzen, die das Heilige Land von seiner langen Todesnacht zurückfordern und die nationale Heimat der Juden zu Leben und Licht zurückbringen.“
Eine andere Zeitschrift „The Jewish Messenger“ von New York sagt:
„Während die Menschen über ihre kleinlichen Sorgen Gedanken vertieft, bald von Hoffnung, bald von Furcht bewegt werden, schreitet der großartige und stattliche Gang der menschlichen Ereignisse voran und unwiderstehlich der Vollendung zu und erfüllt das Unaufhaltsame Gesetz, das alles menschliche Handeln regiert. Hier und dort erheben Leute ihre schwachen Stimmen, als ob sie diese Flut des Fortschrittes hemmen und das „Es werde“ des Ewigen zum Stillstand bringen könnten. Gerade so gut könnten sie versuchen, das Gesetz, welches das Universum regiert, aufzuhalten. Rassen haben einen ebenso festgesetzten Lauf zu laufen, wie die Sterne, die in dem blauen Gewölbe über uns blinken, und die Rasse Israels ist der glänzende Fixstern unter ihnen. In allem ihrem Umherirren ist sie ihrem Laufe treu geblieben. Ihre Mission wurde vorausgesehen und vorausgesagt, und ihre schließliche Wiederherstellung in das Heilige Land ist prophezeit. Dass diese Prophezeiung in der Erfüllung begriffen ist, deuten die Zeichen der Zeit an. Sie wird so ruhig und so allmählich erfüllt, dass nur diejenigen die Bedeutung des vor sich gehenden Werkes fassen, welche der Sache ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben.
Palästina ist für die jüdische Rasse eine Notwendigkeit. Die nochmalige Gründung einer Nation im Heiligen Land heißt die Erhöhung ganz Israels. Es stellt sie als Nation unter die Nationen der Erde. Es gibt dem Juden die politische Macht und das Herrscher – Recht, die Schutz bedeuten. Es macht aus ihm einen Bürger seines Landes und gibt ihm einen Pass unter den Nationen der Erde… Dies mag dem Manne in der Wechselbank, der in seinen Büchern aufgeht, dem Manne in seinem Geschäft, der im Zusammenrechnen seines Solls und Habens vertieft ist, dem Manne, der im Glück geselliger Freude versunken ist, unausführbar erscheinen, doch dem, der aus dem politischen Horoskop ein Studium macht, ist es so klar wie die Mittagssonne.
Ist die politische Selbstständigkeit erreicht, so werden die durch die ganze Welt zerstreuten Juden nicht etwa in einem Körper nach Palästina strömen. Es gibt etwa 300.000 Juden in Asien, 400.000 in Afrika, und 5.000.000 leben in Europa. Von diesen wird Palästina ihr Wiederherstellungsleben ziehen. Der in Amerika geborene Jude wird ohne Zweifel ein Amerikaner bleiben, und wenn er je das Heilige Land besuchen würde, so würde das zum Vergnügen oder auf der Reise sein, und um ein Land zu sehen, berühmt als der Haupt – Geburtsplatz seiner heroischen Rasse.
Man möchte sagen, dass, geographisch gerechnet, Palästina zu klein sei, um als eine politische, intellektuelle oder moralische Macht unter den Völkern der Erde viel Einfluss auszuüben. Wir antworten, dass in alter Zeit Griechenland eine Macht war, und dass in neuerer Zeit die kleine britische Insel eine Macht ist. Geographisch gesehen, was sind sie? Es ist Intelligenz, moralische Kraft und Nationalstolz, was Nationen groß macht, und nicht die Ausdehnung des Gebiets. Intelligenz und moralische Kraft wird Israel unter den Nationen berühmt machen.“
Die Zeitschrift „Jewish Chronicle“ sagt:
„Die Bewegung ist unwiderstehlich. Wir können uns nicht erlauben, mit gefalteten Händen beiseite zu stehen, wenn dieser Exodus (Auszug) vor sich geht. Wir Juden haben nahezu 2.000 Jahre lang geglaubt, dass das Ende der Zeiten des Leidens, durch welche wir hindurch gingen, nur erreicht werden wird, wenn wir das Land unserer Väter wieder besitzen. Soll dieses Vertrauen gerade in dem Augenblick aussterben, wenn es eben in Erfüllung zu gehen scheint? Oder, sollen wir erwarten, dass die Rückkehr durch mysteriöse Mittel zuwege gebracht werden wird, dass sie weit über die Mitwirkung menschlicher Wesen hinausgeht? Gott wirkt seinen Willen durch den Willen der Menschen, und wenn Prophezeiungen erfüllt werden sollen, so wird es durch menschliche Willlenskraft geschehen. Man wird vielleicht meinen, dies seien hohe Dinge, um mit einem praktischen Plan, einige jüdische Kolonien in Palästina zu gründen, in Verbindung gezogen zu werden. Jedoch aus kleinen Anfängen wie diese entstehen oft große Ereignisse; und die Rückkehr einer kleineren Schar von Juden ins heilige Land kann nicht verfehlen, die Möglichkeit und Ausführbarkeit einer größeren Rückkehr nahe zu legen, auf welche die ganze jüdische Geschichte und alle jüdischen Hoffnungen bisher hingewiesen haben.“
Auch andere hervorragende Männer der Welt, außer Juden, sehen und besprechen das Emporkommen Israels. Beachte zum Beispiel das Folgende aus dem Central Presbyterian:
„Statt auszusterben, zeigt der jüdische Körper zunehmende Lebenskraft. Sie können nicht ausgestampft noch verschlungen werden. Sie ziehen von Land zu Land und werden tatsächlicherweise Meister, wohin sie auch gehen. Sie erlangen das Land in Deutschland und Ungarn, und werden reich in Russland; sie sind die großen Bankiers in London und Paris und die Mittelpunkte des europäischen Handels. In zehn jüngst verflossenen Jahren schafften die Rotschilde US$ 500.000.000 in Anleihen an England, Australien, Preußen, Frankreich, Russland und Brasilien herbei.“
Lord Shaftesbury von England sagte kürzlich:
„Eine große Eifersucht ist vorhanden gegen das wunderbare Volk, das jetzt in den Vordergrund tritt. Und was für ein Zeichen der Zeit ist es, dass, wo immer auch die Juden sind, da sind sie entweder das hervorragendste Volk, um verfolgt zu werden, oder des hervorragendste Volk um in allen verschiedenen Geschäftszweigen die Leitung zu übernehmen! Ein hochstehender Einwohner Berlins wurde gefragt: „Woher kommt dieses starke antijüdische Gefühl, das ihr in Berlin und durch ganz Deutschland empfindet?“ Er antwortete: „Ich will es ihnen sagen: Diese Juden, wenn sie in den Handel eintreten, werden sie die ersten Kaufleute; wenn sie in das Bankgeschäft gehen, werden sie die ersten Bankiers; wenn sie Juristen werden, werden sie die ersten Juristen; oder wenn sie zur Literatur greifen, überbieten sie uns alle. Welche Laufbahn auch immer sie einschlagen, sie treiben uns Nichtjuden aus, und ich sage Ihnen, mein Herr, wir wollen es uns nicht gefallen lassen.“
„Die Verfolgung der Juden in Russland und Polen gründet sich nicht auf Religion oder Nationalität. Das hat nichts damit zu tun. Die Russen würden irgend ein Volk verfolgen, das in derselben Lage wie die Juden wären. Bedenke dies, dass die Juden einen sehr beträchtlichen Teil des Landeigentums in Pfand halten; dass ihnen ein sehr großer Teil der Bauernschaft verschuldet ist, und viele Kaufleute in verschiedenen Teilen des Kaiserreiches. Jede einzelne Gelegenheit, die sich jetzt dem russischen Volke zum Plündern und Berauben der Juden darbietet, wird fast ganz gewiss ergriffen werden. In der Vernichtung der Juden und ihrer Papiere werden die Russen von Dokumenten befreit, durch welche sie gebunden sind, und die als Beweise gegen sie vorgebracht werden könnten; und so lange als ihr Eigentum angegriffen werden kann, so lange als ihr Eigentum angegriffen werden kann, so lange wird man finden, dass das russische Volk sich gegen die Juden erhebt.“
Das Folgende ist ein Auszug aus einem Brief in einem englischen Blatt von Mr. Charles Reade, einem in literarischen Kreisen wohlbekannten Novellisten, dessen Bekehrung zu Christo und der Bibel vor etlichen Jahren stattfand:
„Das jüdische Volk, obwohl unter einer Wolke, wird schließlich sein altes Gebiet, das so augenscheinlich für sie aufgespart ist, an sich nehmen. Die Prophezeiungen sind so klar wie der Tag in Bezug auf zwei Punkte: Dass die Juden Palästina wieder besitzen werden, und in der Tat vom Libanon bis zum Euphrat herrschen werden; und das dieses Ereignis das erste einer großen Reihe von Veränderungen sein soll, die zu einer ungemeinen Verbesserung in dem Zustande der armen, leidenden Menschheit und der Schöpfung im allgemeinen führen wird. Nun, wir haben hier ein herrliches Ereignis in Aussicht, so gewiss als die Sonne morgen aufgehen wird. Der einzige Unterschied ist nur, dass die Sonne zu einer bestimmten Stunde aufgeht, die Juden aber an einem unbestimmten Tage Syrien besitzen und ihre nationale Herrlichkeit antreten werden. Es ist ohne Zweifel eine Schwachheit der Menschen, anzunehmen, dass ein ungewisses Datum ein sehr fernes sein muss. Aber das ist unbegründet. Sicherlich, es ist die Aufgabe kluger und nüchterner Menschen, vorher bedeutender Zeichen zu beachten und ihre geringe Mithilfe darzubieten, sollte solch großes Vorrecht uns gewährt werden.
Diese plötzliche Verfolgung der Juden gerade in dem Volk, in dem sie am zahlreichsten sind – mag es nicht ein vorher bedeutendes Zeichen und eine Mahnung von der Vorsehung sein, dass ihre bleibende Stadt nicht die europäische Tartarei ist Palästina kann nur von Russland aus wirksam kolonisiert werden, wo es an 3 Millionen Juden gibt, die für ihr Leben und Eigentum zittern; und die Übrigen würden folgen. Die Geschichte ist ein Spiegel hinter unserem Rücken. Was die Juden einmal getan haben können Juden wieder tun. Sie sind ein Volk von Genie; und Genie ist nicht durch die Natur beschränkt, sondern durch den Willen, durch Gewohnheit oder durch Zufall. Was hat dies Volk versucht und ist ihm fehlgeschlagen? Krieger, Schriftsteller, Baumeister, Kaufleute, Juristen, Landwirte; und in allem erhaben! Hierin wiederholt sich die Geschichte.
Sie werden groß sein in den Künsten des Friedens und des Krieges, und ihre Feinde werden vor ihnen dahin schmelzen, wie der Schnee von einem Deich. Sollten sie am Anfang von einem anderen Volk Beistand bedürfen, wohl dem Volke, das denselben leistet; und an dem Volke, welches sie verfolgt, wird auf irgend eine Weise ein Exempel statuiert werden. Wenn daher neuere Gewalttätigkeiten die jüdischen Führer irgendwie bestimmen würden, Palästina von Russland aus zu kolonisieren, lasst uns reichlich Schiffe, Seeleute, Geld darbieten – um was wir immer gebeten werden. Eine bessere nationale Anlage wird dies sein als ägyptische, brasilianische und peruanische Schuldscheine.“
Ein jüdisches Sprichwort in neuerer Zeit sagt:
„Wenn die Eisenbahn Jerusalem erreicht, dann kommt der Messias“, und dies stimmt mit der symbolischen Darstellung der Eisenbahn durch die Propheten Nahum 2:3-5 und Jesaja 66:20. Und wirklich, das Sprichwort hat das Ziel nicht weit verfehlt, denn die Eisenbahn wird „in dem Tage seiner Vorbereitung“ – in der Gegenwart des Messias – Jerusalem erreichen. Das Folgende, aus einer Zeitung entnommen, ist in Bezug hierauf von bedeutendem Interesse:
„Galileo hatte Recht; die Welt bewegt sich. Eine Eisenbahn wird gebaut von Jerusalem bis Jaffa am Mittelländischen Meer, 31 Meilen weit, der alte Hafen der jüdischen Hauptstadt und der Landungsplatz der Zedern, mit welchen der Tempel erbaut wurde. Ein Jude von Jerusalem, Joseph Nabon mit Namen, der ein ottomanischer Untertan ist, hat zu diesem Zweck vom Sultan einen Freibrief erhalten. Der Freibrief gilt 71 Jahre lang. Der Kostenanschlag ist US$ 250.000. So soll also von nun an Zivilisation in Palästina aufschlagen. Das 19. Jahrhundert wird in jenem Landstrich anbrechen, wenn die erste Lokomotive nach Jerusalem hineindampft.“
Der folgende Brief eines Korrespondenten der Pittsburg Dispatch, der kürzlich in jenem Blatt erschien, bestätigt den gegenwärtigen Fortschritt in Palästina und besonders in Jerusalem:
Jerusalem, den 12. Juli 1889
„Dreißig Tausend aus vierzig Tausend Einwohnern in Jerusalem sind Juden. Die türkische Regierung, die denselben lange Zeit verboten hat, länger als 3 Wochen auf einmal im Heiligen Land zu wohnen, lässt unter den Einfluss ausländischer Regierungen in ihren Beschränkungen nach, und gegenwärtig kommen die Juden hundertweis hierher. Sie treiben Geschäfte und kontrollieren jetzt einen großen Teil des Handels Jerusalems. Etliche von ihnen fühlen, dass der Tag vorhanden ist, da die Prophezeiung der Bibel, dass sie ihr Land wieder bewohnen sollen, erfüllt wird, und ein sonderbarer Stamm aus dem Süden Arabiens behauptet, eine Offenbarung empfangen zu haben, dass sie ihr gegenwärtiges ödes Land verlassen und nach Palästina zurückkehren sollten. Diese Juden lebten während der vergangenen 2.500 Jahre in Jemen, Arabien. Sie sind vom Stamme Grad und verließen Palästina 700 Jahre, ehe Christus geboren wurde. Sie bringen mit sich viele wertvolle Dokumente, die ihre Herkunft nachweisen und treiben nahe bei Jerusalem Ackerbau. Die Juden Verfolgung in Russland und Österreich treibt viele von ihnen hierher, und auch gibt es eine große Anzahl polnischer wie spanischer Juden in Jerusalem. Die Zeit des Verbleibens der Juden in Palästina ist verlängert worden, und die Beschränkungen ihres Wohnsitzes sind so gut wie aufgehoben. Vor 50 Jahren gab es nur 32 jüdische Familien in ganz Jerusalem, und die Anzahl in ganz Palästina betrug nur 3.000. Jetzt sind nahezu 50.000 im Heiligen Land, und Dreiviertel der Gesamtbevölkerung Jerusalems besteht aus ihnen.
Ein merkwürdiges Volk sind sie! Wie keine anderen Juden auf der Erde. Sie sind dem Typus näher, der hier früher existierte. Die Anzahl, die durch Verfolgung hierher getrieben worden ist, wird fast ganz von den verschiedenen jüdischen Gemeinschaften über die Welt hin unterstützt.
Einen großartigen Anblick bietet der jüdische Klageort dar, woselbst jeden Freitag gewisse Sekten außerhalb der Moschee des Omar, die auf dem Platze des salomonischen Tempels steht, sich versammeln und gegen die Steine gebeugten Hauptes über den Verlust Jerusalems trauern, und Gott anflehen, das Land seinem auserwählten Volke wiederzugeben. Dieser Gebrauch ist seit den Tagen des Mittelalters beobachtet worden und ist einer der traurigsten Anblicke. Ich besuchte den Ort vergangenen Freitag. In einem schmalen Gasse, von elenden Häusern umgeben – auf Steinplatten, die von den Barfüßen Tausender Juden ausgetreten sind – gegen eine Mauer aus Marmorquadern, die an 50 Fuß und darüber über sie emporragt, beugte sich und betete eine lange Reihe von Männern in langen Mänteln und von Weibern mit Tüchern über ihren Häuptern. Viele von ihnen hatten weiße Bärte und lange gekräuselte Silberlocken. Andere waren gerade in ihren besten Jahren, und ich musste staunen, wenn ich ihre Gestalten zuweilen von Bewegung fast erschüttert sah. Jeder hatte eine stark gebrauchte, hebräische Bibel in seiner Hand, und von Zeit zu Zeit brach die Gesellschaft in eine Art von Gesang aus Ein alter, grauhaariger Mann fungierte als Vorsteher und die übrigen fielen im Refrain ein. Der Gesang war in fremder Mundart, doch übersetzt lautet er wie folgt:
Vorsteher – Um des Ortes willen, der darniederliegt –
Antwort – Sitzen wir in Einsamkeit und trauern.
Vorsteher – Um der Wälle willen, die zerstört sind –
Antwort – Sitzen wir in Einsamkeit und trauern.
Vorsteher – Um unserer Hoheit willen, die dahin ist –
Antwort – Sitzen wir in Einsamkeit und trauern.
Vorsteher – Um unserer Großen willen, die im Tode liegen –
Antwort – Sitzen wir in Einsamkeit und trauern.
Vorsteher – Um unserer Priester willen, die gefallen sind –
Antwort – Sitzen wir in Einsamkeit und trauern.
Vorsteher – Um unserer Könige willen, die ihn verachtet haben –
Antwort – Sitzen wir in Einsamkeit und trauern.
„Die Wirkung dieses Gesanges kann nicht begriffen werden, ohne dass man es hört. Die alten Männer und klagenden Weiber, welche die Steine der Mauer küssen, die sie von dem trennen, was einst der Platz des Tempels Salomos war, und der selbst jetzt noch der heiligste Ort der Erde für den Juden ist, das tief innerliche Gefühl, das alle ausdrücken, und der Glaube, welchen sie dadurch beweisen, dass sie Woche um Woche und Jahr um Jahr hierher kommen, machen einen wunderbaren Eindruck. Es ist in der Tat einer der sonderbaren Anblicke dieser sonderbarsten der Städte.
„Es sind 8 landwirtschaftliche Schulen in verschiedenen Teilen Palästina. Eine dieser Schulen, nahe bei Jaffa, hat 700 Schüler und ein Gut von 28.000 Acker. Es liegt auf der Ebene von Sharon, wo die Philister wohnten, und hat Zehntausende von Weinstöcken und Olivenbäumen. Die Türken verkaufen den Juden nur sehr ungern Land, aber die letzteren erweisen sich als ebenso gute Landwirte als Geschäftsleute, und der terrassenförmige Zustand der Hügel um Jerusalem herum zeigt, dass das heilige Land unter ihnen weit besser kultiviert war, als es unter ihren Eroberern der Fall gewesen ist. Ein großer Teil des Landes außerhalb der Stadt Jerusalem ist jetzt entweder in den Händen der Juden oder ihrer wohltätigen Anstalten. Mr. Behar, der Vorsteher der Rotschild – Schulen, sagte mir, er habe gerade das Hotel Jerusalem gekauft und werde es ihrer Anstalt anfügen. Sir Moses de Montefiore, der den Fond verwaltete, den ein reicher Israelit von New Orleans hinterlassen hatte, baute viele gute Häuser für Juden an der Straße zwischen Bethlehem und Jerusalem. Auch gibt es eine Anzahl jüdischer Hospitäler.
Unter den Leuten, die zuversichtlich glauben, dass die Juden Palästina bald wieder besitzen werden, befindet sich eine Kolonie von 15 Personen, die in einem schönen Hause wohnen, welches gerade auf die Mauer Jerusalems gebaut ist, und die als „die Amerikaner“ bekannt sind. Diese Leute sind keine Juden, sondern Christen, welche aus verschiedenen Teilen der Vereinigten Staaten hierher gekommen sind, und besonders von Chicago, um auf die Erfüllung der Weissagung, dass Gott die Welt erneuern und mit Jerusalem beginnen wird, zu warten.
Es kann kein Zweifel sein, dass Jerusalem sich hebt. Die meisten ihrer Straßen sind jetzt gut gepflastert, und der Gesundheitszustand der Stadt hat sich sehr verbessert. Das Jerusalem, außerhalb der Mauern, ist jetzt fast so groß als die innere Stadt, und man hat mir gesagt, dass der Grund und Boden in solchem Grade an Wert gestiegen sei, dass man sagen könne, die heilige Stadt habe einen großen Aufschwung an Grundeigentum gehabt. Ich höre, dass der Straße nach Jaffa entlang gerade außerhalb des Tores Grundeigentum innerhalb eines Jahres oder so mehrere 100 Prozent in die Höhe gegangen ist. Ein Stück, das zu einer wohltätigen Anstalt gehört, wurde vor kurzem für US$ 500 gekauft. Jetzt ist es US$ 8.000 wert und kann dafür nicht gekauft werden. Eine Telegraphen Linie läuft jetzt von hier nach der Seeküste, und eine Eisenbahn – Kompanie (Gesellschaft) ist organisiert worden, um eine Linie von Jaffa nach Jerusalem zu bauen. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat Jerusalem eine Polizei, und ihre Ordnung ist jetzt so gut wie die von New York.“
Das Folgende dem „Hebrew Christian“ vom Juli 1889, entnommen, ist ein weiterer interessanter Bericht von einem Besuch eines amerikanischen Juden am Klage – Ort der Juden in Jerusalem:
„Nachdem wir mehrere Stunden mit Besuchen von Juden zugebracht, fragte mich mein alter Freund, ein Rabbi von Kovno, Russland, ob ich mit ihm nach dem Klage – Ort gehen würde, um über die Verödung Jerusalems zu trauern und um Israels Wiederherstellung zu seiner früheren Herrlichkeit zu beten. Ich gehe mit dir, erwiderte ich, und will ernstlich bitten, dass Gott den Tag beschleunigen möchte, da Juda zum Herrn zurückkehrt. Da es Freitag Nachmittag war, die Zeit, da sich viele Juden an der Mauer des alten Tempels zum Gebet versammeln, schloss ich mich an. Es war in der Tat ein denkwürdiger Anblick. Hier waren Juden aus allen Nationen in ihren eigentümlichen morgenländischen Gewändern und etliche in ihrem Talith (Gebets-Gewand) gekleidet. So laut sie irgend vermochten, lasen sie den 22. Psalm. Frauen schrieen laut mit tiefem Ernst: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen. Bist fern von meiner Hilfe, von den Worten meines Schreiens? Mein Gott, rufe ich des Tages, aber Du antwortest nicht. Und des Nachts, und ich schweige nicht.“ Sogar mehrere der Männer weinten und sagten Psalmen, Litaneien und Gebete her. Die meisten pressten ernstlich ihre Lippen gegen die Steine und küssten sie. Als ich auf ihre feierlichen Gebete lauschte, fiel mir ein, was die Rabbiner im Talmud gesagt haben – dass, „Seit der Zerstörung des Tempels die Pforten des Gebetes geschlossen gewesen und nur die Pforten der Tränen offen sind“. Der Rabbi wiederholte in Traurigem Tone: „Um des Ortes willen, der verödet liegt,“ usw.
„Das ergreifendste Trauern über Jerusalem gewahrt man auch in den Häusern der frommen Juden. Um Mitternacht hüllen sie sich in ihre Gebets-Gewänder, streuen Asche auf ihr Haupt und werfen sich auf den Boden hin. Dann sagen sie in melancholischen Tone eine Reihe ergreifender Verse her, welche von dem Untergang ihrer Herrlichkeit und dem Verluste der Gnade Gottes handeln und mit einem zu Herzen dringenden Gebet um Erlösung schließen. Darauf werden mehrere Psalmen verlesen und Gebete gesprochen. Wenn sie sich vom Boden erheben, sagen sie: „Schüttle dir den Staub ab, auf, setze dich, Jerusalem, löse die fesseln deines Halses, gefangene Tochter Zion!“
Nicht bevor weitere Verfolgungen noch mehr der ärmeren Juden nach Palästina getrieben haben werden und moderne Zivilisation daselbst noch weitere Fortschritte gemacht haben wird, wird die reichere Klasse der Juden dahin gezogen werden; und dann wird es in großem Maße nur aus selbstsüchtigen Beweggründen sein; wenn die allgemeine und große Trübsal das Eigentum in anderen Ländern weniger sicher werden lässt. Dann wird Palästina, weit weg vom Sozialismus und Anarchismus, den reichen Juden als ein Hafen der Sicherheit erscheinen. Doch nach der gegenwärtigen Fortschritts – Rate in diesen verschiedenen Richtungen werden die kommenden 15 Jahre gar manches in Palästina erleben.
Israels Blindheit im Schwinden begriffen
Es erübrigt noch ein weiterer Zug der auf Israel bezüglichen Weissagungen, deren Erfüllung wir jetzt anfangen sollten, eintreten zu sehen. Der Apostel Paulus erklärt: „Verstockung („Verblendung“, oder „Blindheit“) ist Israel widerfahren, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird;“ – das ist; bis die aus den Heiden auszuerwählende Anzahl, welche zusammen mit dem Rest Israels die geistige Phase, oder Stufe, des Königreiches bilden sollen, alle in diese höchste Gnade eingegangen sind, von welcher Israel als Volk verworfen wurde, und der gegenüber sie als Volk fortfuhren, blind zu sein. Im vollsten Sinne wird daher die Blindheit Israels, sonst auch Jakob genannt, nicht zu weichen fällig sein, bis die Herauswahl des geistlichen Israel vollendet ist. Und ausdrücklich wird uns gesagt (Röm. 11:26), dass ihre Genesung und Befreiung von der Blindheit und dem Vorurteil dann aus (dem Berge) Zion, der verherrlichten Herauswahl, oder Königreich, kommen soll. Doch wie das Königreich Zion in einem gewissen Grade im Jahre 1878 begann, als unser König seine große Gewalt an sich nahm, um zu herrschen, obwohl die „Fuß“ – Klasse noch nicht völlig entwickelt und verherrlicht war, so ist es mit der Gnade Gottes durch Zion „Jakob“ gegenüber. Eigentlich begann sie damals, wird ihnen aber nicht im vollsten Maße zuteil werden, bis die „Fuß“ – Glieder des Leibes Christi ebenfalls verherrlicht sind. Und wie 1881 die Zeit – Parallele zum Hinwegwenden des Lichtes von Jakob zu den Heiden war, so markiert es die Zeit für den Anfang des Wiederzurückwendens besonderen Lichtes auf die lang geblendeten Juden. Und treu ihrem Vorbild kommt die nominelle christliche Kirche jetzt blindlings zu Fall, während nur ein kleiner Rest derselben jetzt gesegnet wird. Wie stark und anwendbar sind hier die Worte des Apostels: „Sei nicht stolz, sondern fürchte dich, denn wenn Gott der natürlichen Zweige nicht geschont hat, dass er auch deiner etwa nicht schonen werde“, usw.
Doch Israels allgemeine Anerkennung des wahren Messias und seines Königreiches wird ohne Zweifel unter den und durch die wiederhergestellten Patriarchen und Propheten vor sich gehen, deren vollständige Wiederherstellung das erste Werk des Christus sein wird, nachdem der ganze „Leib“ verherrlicht worden ist. Ihre Blindheit wird aber schon vorher anfangen zu weichen; und bereits ist eine große Bewegung nach Christentum hin, besonders unter den russischen Juden, eintreten.
In dieser Richtung blickend, sind die Zeichen der Zeit wahrlich überraschend. Die bemerkenswerte religiöse Bewegung unter den Juden im südlichen Russland bringt Tausende jenes Volkes zur Anerkennung Jesu Christi als lang verheißenen Messias und zum Zugeständnis ihrer National – Sünde, in seiner Verwerfung und Kreuzigung. Und dies ist in keinem Sinn das Resultat christlicher Missionstätigkeit. Es ist eine unabhängige Bewegung, gänzlich aus jüdischem Boden entspringend. Der Leiter der Bewegung ist ein Jude, Herr Joseph Rabbinowitsch, früher ein Kaufmann, und später ein Advokat, ein Mann von hohem Ruf unter seinem Volke. Herr Rabbinowitsch war kein jüdischer Rabbi, und weder er noch irgend einer der leitenden Männer der Bewegung waren Geistliche irgend einer Sekte. In Bezug auf diese Bewegung führen wir einen Artikel in „Harper’s Weekly“ und aus anderen Berichten, wie folgt, an:
„Ihre Entwicklung ist eine solche gewesen, dass man zuversichtlich erklären kann, dass sie nicht mehr ein Experiment mit zweifelhafter Existenz – Berechtigung ist. Sie hat eine bemerkenswerte Lebensfähigkeit bewiesen. Ihr Wachstum ist ein beständiges und gesundes und von positivem Charakter, jedoch vermeidet es jede unnatürliche Hast und gefährliche Extreme. Von den russischen Autoritäten als religio licita (erlaubte Religion) anerkannt, hat sie jetzt gesetzliche Existenz und Rechte. Ihr Wesen stempelt sie als eine der einzigartigsten Erscheinungen in dem verschiedenartigen Kaleidoskop (Farbenspiegel) nationaler, sozialer und religiöser Interessen, welche die Herzen und Gemüter der 116 Millionen Untertanen des Zaren von einander trennen.
„Der Glaube dieser neuen Gemeinschaft ist ferner darin eigentümlich, dass sie nicht vorhaben, irgend welche organische Verbindung mit irgend einer der existierenden Formen der Christenheit zu bilden, dass sie im Gegenteil das bestimmte Ziel im Auge haben, die geschichtliche Lehr-Entwicklung seit dem apostolischen Zeitalter zu ignorieren, und ihre Lehren direkt aus der neutestamentlichen Quelle zu ziehen, ohne auf die Lehrsätze der orthodoxen Kirchen unserer Zeit besondere Rücksicht zu nehmen. Sie behauptet, sich nach den jüdisch-christlichen Gemeinden in den Tagen der Apostel zu bilden.
Energischen Charakters, und begierig, seine eigene Ausbildung zu fördern, als auch die politische, soziale und moralische Hebung seines Volkes, war Herr Rabbinowitsch vor Jahren schon als ein eifriger Reformfreund unter den Juden des Ostens bekannt. Mit einer Erziehung und einem Unternehmungsgeist, seinen Brüdern weit voran ausgerüstet, ersann er Mittel und Wege, seine Ideale und seinen Endzweck zu erreichen. Er tat, was in seiner Macht lag, für sie bessere, politische Rechte zu sichern, war aber unfähig, die unglücklichen Israeliten von Russland, Rumänien und von den benachbarten Ländern vor den gegen sie ausbrechenden, grimmigen Verfolgungen zu schützen: Er machte sich mit der fortgeschrittenen Denkungsart des Westens vertraut und hoffte, dass sein Volk durch Annahme derselben auf eine höhere Stufe emporgehoben werden und so ihnen höhere Ideale und edlere Ziele vorschweben würden. Doch er sah bald ein, dass es unmöglich sei, solche Mittel bei einem Volke anzuwenden, das durch jahrhundertlange Verfolgung und Ultra-Konservatismus gegen Grundsätze verhärtet war, die ihren herkömmlichen Ideen so entgegen waren. Wiederum versuchte er, sie zu gewinnen, ihren Wuchergeist fahren zu lassen, der nächst ihrer formalistischen, religiösen Übungen der alles beherrschende und alles erniedrigende Faktor in dem Geist des orientalischen Juden ist. Doch seine Versuche, landwirtschaftliche Kolonien für sie sowohl zu Hause als im Heiligen Land zu gründen, erwiesen sich als verfrüht. Während er in Palästina war, reifte durch ein unabhängiges Studium des Neuen Testamentes in seinem Verhältnis zum Alten die Überzeugung in ihm, dass Israel durch die Verwerfung Jesus Christi betreffs seines nationalen Lebens einen Fehlgriff begangen und seiner historischen Aufgabe untreu geworden sei.
„Diese Überzeugung betreffs Christus als Verkörperung und Erfüllung der alten Prophezeiungen und der Ideale und Ziele Israels als Volk ist der Hauptgedanke, um den sich die ganze Bewegung dreht. Die von dem demütigen Nazarener verkündeten Grundsätze werden als diejenigen anerkannt, die allein die Bestimmung des Volkes erfüllen und befähigen könne, das zu erreichen, wozu sie als Volk auserwählt wurden. Man sieht es demnach als einen ernstlichen Bruch in der normalen und historischen Entwicklung Israels an, dass dieses Volk vor 1800 Jahren als Volk die Lehren und Grundsätze verwarf, die von allen Christen und nun auch von Herrn Rabbinowitsch und seinen Anhängern festgehalten werden und als das einzig richtige Resultat der ganzen früheren historischen Entwicklung Israels. Diesen Bruch zu heilen, ist das ideale Ziel des Kischinew Reformers, indem er da wieder aufs neue einsetzt, wo das erwählte Volk zuerst in einen irrtümlichen Pfad nationaler Entwicklung eingetreten ist. Im Jahre 1880 veröffentlichte er ein Programm, in dem er eine vollständige Reorganisation des rabbinischen Systems vertrat. Er war in der Arbeit einer Gesellschaft für die Förderung des Ackerbaues unter den Juden Südrusslands tätig; und während der Zeit der Verfolgung im Jahre 1882 trat er ernstlich für die Rückkehr seines Volkes nach Palästina ein. Während jener Zeit fand die Veränderung in seiner religiösen Überzeugung statt. Es war nicht das Resultat christlicher Missionstätigkeit, noch auch ist er Konvertit im gewöhnlichen Sinne des Wortes. Der Wechsel geschah allmählich, und nur nach langer Überlegung kam der Gedanke, christliche Gemeinden jüdischer Nationalität zu organisieren, in ihm zur Reife. Nach seiner Rückkehr von Palästina war seine Überzeugung: „Der Schlüssel zum Heiligen Land liegt in der Hand unseres Bruders Jesus.“ In den Worten „Jesus unser Bruder“ liegt der Kern seiner religiösen Ansichten. Seine Arbeit ist erfolgreich gewesen, und viele nehmen seine Lehren an.“
Als Rabbinowitsch nachzudenken anfing, dass er ein offener Bekenner seines Glaubens an Christus sein sollte, geriet er sehr in Verlegenheit wegen der vielen Sekten unter den Christen und zögerte, sich einer derselben anzuschließen. Er sagt: „Wie der Jordan durchschritten werden muss, um Kanaan zu erreichen, so ist Jesus der Weg zu geistlichem Besitztum und geistlicher Ruhe.“ Betreffs des Mahles des Herrn sagt er, dass die Glieder des Neuen Bundes dies nicht feiern, außer als ein Passah – Abendmahl. Sie (wie wir) sehen noch nicht ein, dass es zu anderen Zeiten zu feiern sei. Er sagt: Der Herr Jesus Christus befahl seinen Jüngern nicht, seiner Auferstehung zu gedenken, sondern seiner zu gedenken. Weder er noch seine Anhänger halten den Sonntag als Ruhetag, sondern fahren fort, den jüdischen Sabbath zu beobachten. Beschneidung wird noch beobachtet, doch nicht als zur Seligkeit nötig betrachtet.
Es wird berichtet, dass ein lutherischer Pastor einem Komitee in London vorschlug, dass Rabbinowitsch von ihrer Gesellschaft als Judenmissionar aufgestellt werden sollte. Das Komitee schlug es aus, doch nur auf den Grund hin dass er damals noch nicht getauft war. Er ist jedoch seitdem in Berlin getauft worden, nicht in die lutherische Kirche noch in die Anglikanische Kirche, sondern einfach in die Kirche Christi. Rabbinowitsch ist im Besitz von Briefen, die er von Juden aus allen Teilen von Russland und Rumänien empfing, in denen über die Bewegung mit der Absicht, sich anzuschließen, oder eine andere und ähnliche anzufangen, nachgefragt wird.
„Rabbinowitsch besitzt einen freundlichen, demütigen, liebenswürdigen Geist und erwidert rasch, selbst bis zu Tränen gerührt, auf Zusicherungen christlicher Zuneigung; aber er wünscht nicht, sich mit irgend einer Sekte zu identifizieren, sondern sein Christentum aus dem Neuen Testament zu entnehmen, und aus alten Gewohnheiten und Lehren in neue hinein zuwachsen, wie der heilige Geist ihn bei seinem fortgesetzten und gebetsvollen Studium des ganzen Wortes Gottes lehren mag.“
Prof. Franz Delitzsch in Leipzig, der jetzt verstorbene, damalige Leiter der jüdischen Mission in Deutschland und Herausgeber der „Staat auf Hoffnung“, eine diesem Werk gewidmete Vierteljahrsschrift, veröffentlichte eine Flugschrift von ungefähr 75 Seiten über diese neue religiöse Entwicklung, in hebräischer Sprache und in deutscher Übersetzung, dessen größter Teil durch Original – Dokumente über diese Bewegung ausgefüllt ist. Diese Dokumente umfassen 13 Thesen; ein Glaubensbekenntnis der national – jüdischen Kirche des Neuen Testamentes; eine Erklärung desGlaubens an den Messias, Jesus von Nazareth, im Sinne dieser Gemeinschaft; ein Haggada für die Israeliten, die an den Messias, Jesus von Nazareth, glauben; und schließlich eine Ordnung des Abendmahles des Herrn. Als Anhang ist eine Erklärung eines Lehrers, Friedmann, an die jüdischen an Christum Gläubigen hinzugefügt worden, und eine Erklärung, die von einer in Kischinew abgehaltenen Konferenz der letzteren angenommen wurde. Die kleine Schrift enthält alles Material für ein Studium der neuen Bewegung, da dies alles Original – Dokumente ihrer Vertreter sind.
Diese Thesen, die als eine Grundlage des neuen Glaubens betrachtet werden müssen, beginnen mit der Darlegung des beklagenswerten Zustandes der Juden in Russland und behaupten, dass die Verbesserungsversuche von Seiten der Juden selbst sich alle als nutzlos erwiesen haben, und fahren fort und sagen:
„Die Notwendigkeit einer tiefen und innerlichen, moralischen Erneuerung, einer geistigen Wiedergeburt, ist vorhanden. Wir müssen unsern falschen Gott beiseite werfen – die Liebe zum Geld – und an dessen Statt in unseren Herzen Raum machen für die Liebe zur Wahrheit und für die Scheu vor dem Bösen .“ Dazu aber ist ein Führer nötig. Wer soll es sein? In Israel kann keiner gefunden werden. „Den Mann, der alle Eigenschaften eines Führers – Liebe zu Israel, Aufopferung des Lebens, Reinheit, tiefe Erkenntnis der menschlichen Natur, Ernst in der Offenbarung der Sünden und Übel seines Volkes – besitzt, haben wir nach einer sorgfältigen Durchforschung aller Bücher der Geschichte unseres Volkes nur in einem gefunden, in Jesus von Nazareth.“ Die weisen Israeliten seiner Zeit konnten ihn nicht verstehen; „doch wir können mit Gewissheit sagen, dass er, Jesus, und er allein, das Wohl unserer Brüder gesucht hat. Darum sollten wir den Namen unseres Bruders heiligen.“ „Wir sollten die Bücher des Evangeliums zu unserem Segen in unsere Häuser nehmen und sie mit der ganzen heiligen Schrift vereinigen, die uns von unseren weisen Männern überliefert worden ist.“
Einer der beachtenswertesten Glaubensartikel aus einer ganzen Reihe, die man aufgesetzt hat, lautet wie folgt:
„Nach dem Dekret der unergründlichen Weisheit Gottes wurden unsere Väter mit Herzenshärtigkeit erfüllt, und der Herr strafte sie mit dem Geiste tiefen Schlafes, so dass sie Jesum widerstanden und gegen ihn bis heutigen Tages sich versündigten. Doch durch ihren Unglauben führten sie andere Nationen zu größerem Eifer und halfen so mit zur Versöhnung der Menschheit, die an Jesus Christus, den Sohn Davids, unseren König, glaubten, als sie durch die Friede verheißenden Boten (Jes. 52:7) die frohe Botschaft hörten, welche Boten schimpflicher Weise aus der Gemeinschaft mit Israel ausgestoßen wurden. Als Folge, aber, dieser unserer Sünde gegen den Gesalbten Gottes, ist die Welt durch ihren Glauben an Christus reich geworden, und die Völker sind in Fülle ins Reich Gottes eingegangen. (Hier sind sie nicht klar. Es ist die Vollzahl der „kleinen Herde“ aus den Völkern und nicht die ganzen Nationen, fälschlich Christentum genannt, worauf Paulus in Römer 11:25 Bezug nimmt). Jetzt ist nun auch die Zeit für unsere Vollzahl gekommen, und wir, der Same Abrahams, sollen nun auch durch unseren Glauben an Jesum Christum gesegnet werden; und der Gott unserer Väter, Abraham, Isaak und Jakob, wird sich über uns erbarmen und die Zweige, die ausgerissen waren, wieder einpflanzen in unsere eigene heilige Wurzel – Jesus. Und so soll ganz Israel an dem ewigen Heil teilnehmen, und Jerusalem, unsere Heilige Stadt, soll wieder erbaut und der Thron Davids für immer und ewig wiederhergestellt werden.“
Das Folgende ist ein Auszug aus einem Brief von Rabbinowitsch vom 2. Januar 1885 an einen Herrn in London:
„Ihr wertgeschätzter Brief usw., ist eingetroffen. Mein Herz frohlockte, als ich ihn las und sah, wie groß und stark die Liebe ihres Herzens gegen die Brüder des Herrn Jesus, des Messias, nach dem Fleische ist, und wie kostbar das Heil der israelitischen Nation in ihren Augen ist.
„Ich werfe mich vor Jehova, dem Gott unseres Herrn Jesus, nieder und lasse aus der Tiefe meines Herzens die Worte des süßen Sängers Israels hervor strömen (Psalm 35:26, 27): „Lass sie beschämt und mit Scham bedeckt werden allesamt, die meines Unglücks sich freuen! Lass jubeln und sich freuen, die Lust haben an meiner Gerechtigkeit, und lass sie stets sagen: Erhoben sei Jehova, der Lust hat an seines Knechtes Wohlfahrt!“ Amen.
„Hierbei sende ich Ihnen meine Ansicht und Darlegung in Bezug auf die Kinder Israels im südlichen Russland, die an Jesus als den Messias glauben. Daraus werden sie den Ursprung unseres Glaubens an Jesus (unseren Bruder dem Fleische nach), den Messias, kennen lernen. Er ist das tief innerste Sehnen und Verlangen unserer Herzen. Unsere englischen Freunde und Brüder in Jesus, unserem Heiland, mögen durch obiges Schreiben überzeugt werden, dass, nachdem der Herr seinen Arm vor allen Völkern entblößt hat und alle Enden der Erde das Heil unseres Gottes gesehen haben, dass jetzt die Zeit gekommen ist, da aus der Mitte Israels alle unreinen Leute weichen und die Träger der Gefäße des Herrn gereinigt werden sollen.
„Gewiss, das Heil des Herrn kann nicht in Eile ausgehen und in die Welt kommen (Josua 6:1), noch kann es mit Schnelligkeit voran schreiten, doch wie nun Jehova, die Vorhut und der König des Universums, vor dem Volke Israels voranschritt, so soll der Gott Israels auch als Nachhut, als Sammler der Verworfenen Israels kommen. Ich weihe meine Zeit und meinen Namen dem Wohle meines halsstarrigen und unglücklichen Volkes, ihnen mit eiserner Stirne in der Kraft Gottes das Evangelium der Verheißung, das unsere Väter empfingen, zu bezeugen, nämlich, dass Gott Jesus von Nazareth aus dem Samen Davids als Heiland (Befreier) Israels erweckt hat.
„Durch die Tiefe des Reichtums und der Weisheit Gottes, des Höchsten, erhoben sich unsere Väter, welche die Träger der Verheißung waren, gegen Jesus, damit den heidnischen Völkern Gnade verliehen werden möchte, nicht vermöge irgend welcher Verheißung, sondern durch Gnade in dem Evangelium vom Messias. Nun, nachdem die Fülle der Heiden eingegangen ist, ist die Zeit für uns, die Söhne Israels, herbeigekommen, zu dem Gott Israels und zu seinem König zurückkehren und seine geliebten Kinder zu sein. Wir sollten unser Erbteil in Empfang nehmen, das Erbteil Jakobs, das ohne Einschränkung ist, denn wir sind die rechtmäßigen Erben, die Kinder Abrahams, die Jünger Moses, die Knechte des Hauses Davids in Ewigkeit. So wird unsere Fülle (d.i. das Kommen vieler Israeliten zu Christo) unser Reichtum und der Reichtum der Völker sein, nach dem Worte Jehovas durch St. Paulus, eines Erstgeborenen Israels und zu gleicher Zeit der Erste unter den zurückkehrenden Heiden.
„Unter meinen Brüdern und in großen Versammlungen, ermahne ich ernstlich: „Schüttle dir den Staub ab; auf, lege deine herrlichen Kleider an, mein Volk; durch den Sohn Jesses, Jesus von Nazareth, hat der Herr Großes für dich getan, O Israel, auf dass er auch unter den Völkern der Erde, die in unseren Vätern gesegnet wurden, große Dinge verrichte.“ „Ich danke Gott von Herzen, dass ich Tausende sehe, die gerne hören. Viele und würdige Söhne Israels warten und sehnen sich auf die Stunde der Gnade unseres Gottes. Ich flehe euch an im Namen unserer russischen Brüder, die nach Heil verlangen, dass die Freunde unseres Herrn Jesu Christi, wo sie auch seien, nicht schweigen möchten, sondern dass sie Rat erteilen und frei heraus reden, bis Immanuel auch mit uns sei, und Jehova ihn und seinen Wohnplatz uns zeige.
„Dies sind geringe Worte von weither geschrieben.“
Joseph Rabbinowitsch
Außer dieser merkwürdigen Erweckung besitzen wir noch einen Bericht von einer ähnlichen Bewegung in Sibirien, aus dem „Presbyterian Witness“:
„Vom Eis umkränzten Sibirien kommt die Nachricht von einer evangelischen Bewegung, wesentlich dieselbe wie die des Herrn Rabbinowitsch. Der Leiter ist Jakob Scheinmann, der vor 20 Jahren durch unabhängiges Denken zu dem Schluss kam, dass Jesus von Nazareth der Sohn Davids, der wahre Erretter sei. Die strikt – Talmud treuen Juden bewirken seine Transportation nach Sibirien, wo er 15 Jahre lang fast unbemerkt arbeitete, um in seinen Mitverbannten Glauben zu erwecken. Unter den unbestellbaren Postsachen, die in Tomsk sich vorfanden, wo er ein Geschäft hatte, befand sich ein Schriftstück von Rabbinowitsch, mit dem er sofort in Verbindung trat. Er hatte seine Ansichten eifrig durch kleine Schriften, „Die Stimme eines Rufenden in der Wüste“ genannt, verbreitet. Die hebräische Übersetzung des Neuen Testamentes von Prof. Delitz wird von den sibirischen Juden eifrig gelesen und studiert. Man sagt, dass volle 36.000 Exemplare so verwendet worden sind.“
So sehen wir also bemerkenswerte Anzeichen von der zu Israel zurückkehrenden Gnade Gottes: 1) in der Austreibung derselben aus anderen Ländern durch große Verfolgungen, 2) in der Eröffnung Palästinas zu ihrem Empfang, 3) indem sie durch besondere Vorkehrungen der Vorhersehung zu ihrem Besten dahin gezogen worden, welch letzteres durch wohltätige Unternehmungen für die Verbesserung ihrer Lage und ihre Unterstützung geschieht, und gleichfalls, 4) in dieser bedeutsamen Bewegung, welche der Anfang der Abwendung der Blindheit von Israel ist. Und wie augenscheinlich ist Gott in all diesem! In diesem Werk der Wiederherstellung des fleischlichen Israel, sowie in dem großen Ernte-Werk der Sammlung des geistlichen Israel wird die Mitwirkung der jetzt verworfenen, nominellen Kirche gänzlich ignoriert. In diesen beiden, jetzt im Fortschritt begriffenen großen Werken werden die verschiedenen Organisationen des nominellen „Christentums“ ruhig beiseite gelassen, und Gott lässt in seiner eigenen Zeit und Weise durch neue, demütige und unbetitelte Werkzeuge, ebenso wie in der jüdischen Ernte, sein großes Werk glücken und voran schreiten.
Und nun fragen wir: Was bedeutet all dieses? Wohin wird dieses eigentümliche und wunderbare Werk, dessen deutliche Anfänge und rasches Voranschreiten in dieser Ernte – Periode so offenbar sind, führen? Der Apostel Paulus zeigt deutlich, dass das Wiedersammeln Israels die Wiedersammlung oder Wiederherstellung der ganzen Menschheit bedeutet: „Wenn aber ihr Fall der Reichtum der Welt ist, und ihre Verminderung der Reichtum der Nationen, (wie es durch Zuwendung der göttlichen Gnade zu ihnen geschah); wie viel mehr ihre Vollzahl?“ Durch die Verwerfung des fleischlichen Israel empfingen die Nationen die Gnade des hohen Berufes, und die „Wenigen“, die sie wert achten und die Hindernisse, welche den Weg zu ihr erschweren, überwinden, werden zur Miterbschaft mit Christo erhöht. Sie sollen den Leib Christi, des großen Befreiers, bilden. Dies war der Zweck und wird das Ergebnis der Verwerfung des fleischlichen Israel sein. Aber ihre Wiedersammlung und ihre Wiederherstellung in das Land der Verheißung markiert einen weiteren Schritt in dem großen göttlichen Plan: Es verkündet, dass die Wiederherstellung aller Dinge, „der Juden Zuerst“, jedoch schließlich „aller Geschlechter der Erde“, im Begriff ist, ihren Anfang zu nehmen. Das große Jubeljahr der Erde ist im Begriff eingeleitet zu werden, und nach Gottes Ordnung fängt es mit den Juden an. So sehen wir, dass die Brüder Rabbinowitsch und Scheinmann und ihre Mitarbeiter Gottes Werkzeuge sind, sein altes Volk für die Wiederherstellung vorzubereiten; ebenso wie es unser Vorrecht ist, Mitarbeiter mit dem Herrn in der Ernte – Arbeit zu sein, welche mit der Ernte – Periode des christlichen Zeitalters und seiner auserwählten, geistigen Klasse verbunden ist. Gewiss, Israels völlige Rückkehr in ihr eigenes Land und zur göttlichen Gnade wird heißen, dass der große Befreier, Haupt und Leib, durch welchen die Wiederherstellung hinaus geführt werden soll, zur Macht erhöht worden ist, dass das Königreich gekommen ist, und dass das Restitutionswerk, dessen Erstlingsfrucht das fleischliche Israel sein wird, schon angefangen hat. Daher, „Wenn ihre Verwerfung der Welt Versöhnung geworden ist, was wird die Annahme anders sein, als ein Aufleben von den „Toten“ – Wiederherstellung nicht nur der Lebenden, sondern auch der Toten, nach der Verheißung; und nicht nur von Israel, sondern von der ganzen Menschheit, von der Israel ein Vorbild war, und deren Erstlingsfrucht es sein soll. Die gegenwärtigen Anfänge der Gnade für Israel sind nur Tropfen vor dem mächtigen Regenschauer, der nicht nur Israel sondern die ganze Menschheit erfrischen soll. Und obwohl die Wogen des Kampfes noch heftig gegen Israel schlagen werden und eine Zeitlang sie in noch größere Trübsal und Ungemach versetzen wird, inmitten von allem wird Gott bei ihnen sein und ihnen zu seiner Zeit helfen und sie erhöhen.
In dieser Verbindung ist das Folgende aus den öffentlichen Blättern sicher sehr bedeutsam. Das Resultat der Bewegung wird von all denen mit tiefem Interesse beobachtet werden, die im Lichte gegenwärtiger Wahrheit wandeln und aus Gottes Wort erkennen, dass die Zeit gekommen ist, welche Gott durch den Propheten Jesaja angekündigt hat, da er sprach: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet zum Herzen Jerusalem und ruft ihr zu, dass ihre Mühsal (ihre bestimmte Zeit) vollendet, dass ihre Schuld abgetragen ist, dass sie von der Hand Jehovas Zwiefältiges empfangen hat für all ihre Sünden.“ – Jes. 40:1, 2
Der Ausschnitt, auf den wir uns beziehen, lautet wie folgt:
Ein jüdisches Reich vorgeschlagen
Washington D.C., den 5. März 1891
„William E. Blackstone, von Chicago, besuchte heute den Präsidenten der Vereinigten Staaten in Begleitung des Sekretär Blaine und überreichte folgende Denkschrift betreffs der russischen Juden.
„Er erklärte, dass die Denkschrift das Resultat einer Konferenz von Christen und Juden sei, welche kürzlich in Chicago abgehalten wurde, und lenkte die besondere Aufmerksamkeit auf den Umstand, dass sie nicht gegen Russland streite, sondern versuche, den Juden die Herrschaft über ihre alte Heimat – Palästina – auf einem friedlichen Wege zuzuwenden.
Er gab viele Beweise an für die große Entwicklungsfähigkeit jenes Landes sowohl in wirtschaftlicher als auch in kaufmännischer Beziehung unter einer energischen Regierung und sagte, dass, wenn die von Jaffa nach Jerusalem im Bau begriffene Eisenbahn nach Damaskus, Tadmor und den Euphrat hinab verlängert würde, dieselbe unausbleiblich eine internationale Verkehrsstraße werden würde.
Er sagte, dass die Armut der türkischen Regierung der vorgeschlagenen Sicherstellung Nachdruck verleihe, dass ein Teil der türkischen National – Schuld durch jüdische Kapitalisten fundiert würde, und dass nur um friedliche, diplomatische Unterhandlungen nachgesucht werde, zu dem Ende, dass jegliches Privateigentum sorgfältig respektiert und beschützt werde. Am Schluss bemerkte er, da wir mit Russland auf so freundschaftlichem Fuß stehen und im Orient keinerlei Verwicklungen haben, so ist es passend und hoffnungsvoll, dass unsere Regierung diese freundschaftliche Bewegung, diesen wandernden Millionen Israels eine feste und bleibende Heimat zu geben, in Gang bringe.
Der Präsident horchte aufmerksam auf Mr. Blackstones Bemerkungen und versprach, der Sache ernstliche Überlegung zu schenken.“
Die Denkschrift
Die Denkschrift lautet: „Was soll für die russischen Juden getan werden? Es wäre sowohl unklug als auch nutzlos, zu unternehmen, Russland in Bezug auf seine inneren Angelegenheiten diktieren zu wollen. Die Juden haben jahrhundertlang als Fremdlinge in seinem Gebiete gewohnt, und es glaubt völlig, dass sie für seine Bezugsquellen eine Last und dem Wohle seiner Landbevölkerung nachteilig sind, und wird ihnen nicht gestatten, zu bleiben. Es ist entschlossen, dass sie gehen müssen. Folglich müssen diese Aschkenasim (deutschen Juden) gleich wie die Sephardim (spanischen Juden) auswandern. Doch wohin sollen 2 Millionen solch armer Leute gehen? Sollen sie nach Amerika kommen? Das wäre eine ungeheure Ausgabe und würde Jahre in Anspruch nehmen.
„Warum ihnen nicht Palästina zurückgeben? Nach Gottes Verteilung der Völker ist es ihre Heimat – ein unveräußerlicher Besitz, aus welchem sie nur durch Gewalt vertrieben wurden. Unter ihrer Bebauung war es ein bemerkenswert fruchtbares Land, das Millionen Israeliten unterhielt, die seine Täler und Hügel emsig bestellten. Sie waren ebenso wohl Ackerbauer und Produzenten wie ein Volk von großer kaufmännischer Bedeutung – der Mittelpunkt von Zivilisation und Religion. Man sagt auch, dass sich Regenfall vermehrt und viele Anzeichen vorhanden sind, dass das Land seine ursprüngliche Fruchtbarkeit wieder gewinnt.
„Warum sollten nicht die Mächte, welche unter dem Berliner Vertrag, im Jahre 1878, Bulgarien den Bulgaren und Serbien den Serben gaben, nun auch Palästina den Juden zurückgeben? Diese Provinzen wurden den Türken entrissen und ihren natürlichen Eigentümern gegeben, geradeso wie Rumänien, Montenegro und Griechenland. Gehört Palästina nicht geradeso rechtmäßig den Juden?
„Wenn sie eine eigene Regierung haben könnten, würden die Juden der Welt zusammen treten, ihre leidenden Brüder nach ihrem durch Alter ehrbaren Wohnplatz zu bringen und festzusetzen. Denn seit über 17 Jahrhunderte haben sie auf solche gute Gelegenheit geduldig gewartet. Sie sind nirgends sonst Ackerleute geworden, weil sie glaubten, dass sie unter den verschiedenen Nationen nur Wanderer seien und einmal wieder nach Palästina zurückkehren und ihr eigenes Land bebauen sollten. Was für Besitzrechte der Türkei zukommen, kann leicht vergütet werden, möglicherweise in dem die Juden einen entsprechenden Teil der Nationalschuld übernehmen.
„Wir glauben, dies ist für alle Völker und besonders für die christlichen Völker Europas eine geeignete Zeit, Israel Freundschaft zu erweisen. Eine Million Exkulanten rufen durch ihr schreckliches Leiden Mitleiderregenderweise unser Mitgefühl, unsere Gerechtigkeit und Menschlichkeit an. Lasst uns ihnen nun das Land wieder zurückerstatten, um welches sie durch unsere römischen Vorfahren so grausam beraubt wurden.
Zu dem Ende ersuchen wir ehrfurchtsvoll seine Exzellenz, Herrn Benjamin Harrison, Präsidenten der Vereinigten Staaten, und den achtbaren J. G. Blaine, Staatssekretär, ihre guten Ämter und ihren Einfluss bei den Regierungen ihrer kaiserlichen Majestäten – Alexander dem Dritten, Zaren von Russland, Viktoria, Königin von Großbritannien und Kaiserin von Indien, Wilhelm dem Zweiten, Kaiser von Deutschland, Franz Joseph, Kaiser von Österreich – Ungarn, Abdul Hamid dem Zweiten, Sultan der Türkei, Ihre königliche Majestät Marie Christine von Spanien, samt der Republik Frankreich und den Regierungen von Belgien, Holland, Dänemark, Schweden, Portugal, Rumänien, Serbien, Bulgarien und Griechenland, um so bald als möglich die Abhaltung einer internationalen Konferenz zu sichern, um die Lage der Israeliten und ihre Ansprüche auf Palästina als ihrer alten Heimat zu betrachten und in jeder anderen gerechten und geeigneten Weise die Linderung ihres leidenden Zustandes zu fördern.“
(Die Denkschrift ist von hervorragenden Männern aller Berufsarten und Glaubensbekenntnissen von Chicago, Boston, New York, Philadelphia, Baltimore und Washington unterzeichnet.)
Die anglo-israelische Frage
Seit der Herausgabe der ersten Auflage dieses Bandes erschien eine Kritik besonders über dieses Kapitel in einem englischen Blatt – The Banner of Israel – das sich der Theorie widmet, dass die angelsächsischen Völker die „zehn verlorenen Stämme“ Israels darstellen. Das Folgende erschien in der Ausgabe von Dezember 1891, unseres Journals Zion’s Watch Tower (Zions Wachtturm). Wir geben es hier wieder, glaubend, dass es von Interesse sein wird, weil es weitere Punkte, wie folgt berührt:
An den Redakteur von The Banner of Israel:
Werter Herr: Ein kürzlich erschienener Artikel Ihres Journals, Millenniums-Tagesanbruch, Band 3, recensierend (beurteilend), insbesondere dessen Bezugnahme auf die Anglo-Israel-Frage in Verbindung mit der Rückkehr der Juden nach Palästina, ist mir zu Gesicht gekommen, und da sie eine Antwort zu erwarten scheinen, beeile ich mich, in Kürze der Aufforderung Folge zu leisten.
Der Punkt der Erörterung dreht sich um die Frage, ob die zehn Stämme Israels nach der Trennung in den Tagen Rehabeams je wieder vereinigt wurden, in Wirklichkeit oder gerechneter weise. Ihr Korrespondent behauptet, dass keine Vereinigung stattgefunden habe, und dass der Name, Israel, von der Zeit an ausschließlich den zehn Stämmen gehöre und nicht den zwei Stämmen, Juda und Benjamin, die als die Juden bekannt seien. Dieser Irrtum scheint notwendig für seine Theorie: dass die angelsächischen Völker jene zehn Stämme seien, und ihr Wohlstand sich auf diese Tatsache gründe. Wir halten, dass von der Periode der siebzig Jahre der Verödung, und besonders von der Rückkehr aus babylonischer Gefangenschaft, an die Nation Israel von Gott als eine anerkannt wurde, einschließlich alle von jedem Stamme, die Gottes Verheißungen achteten und nach Palästina zurückkehrten, als von Cyrus das Gebot der Erlaubnis ausging. Wir halten, dass alle, die nicht zurückkehrten, nicht zum Gemeinwesen Israels gehörten, nicht wahre Israeliten waren, sondern fortan als Heiden (zu den Nationen) gerechnet wurden. Wir bezeugen auch, dass jene „Verlorenen“, die nicht wahre Israeliten waren, unter dem Neuen Bunde im kommenden Millenniums-Zeitalter, und nicht während des Evangeliumszeitalters, Anerkennung und Segnung erfordern werden. In einigen Punkten scheint unser Standpunkt etwas missverstanden zu werden. Wir leugnen nicht, dass die zehn von den zwei Stämmen Getrennten die Mehrzahl darstellten und als solche den ursprünglichen Namen (Israel) beibehielten, noch das die zwei Stämme als Juda bekannt wurden, noch dass bedeutende Ursache zur Trennung vorhanden war, noch, dass es in Übereinstimmung mit Gottes Plan zu ihrer Züchtigung war, noch, dass die zehn Stämme einige siebzig Jahre früher als die zwei Stämme in die Gefangenschaft gingen, noch, dass Gott möglicherweise einen Segen hat für die Nachkommen der zehn Stämme sowohl, als für diejenigen der zwei Stämme und für alle Geschlechter der Erde – während der „Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“. – Apg. 3:19-21
Was wir aber behaupten, ist dies, dass der größte Lehrer recht hatte, als er erklärte, „das Heil ist aus den Juden“; und dass der große Apostel recht hatte, als er erklärte, dass Gottes Ordnung sei: „Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden jedem, der das Gute wirket, sowohl dem Juden zuerst, als auch dem Griechen, denn es ist kein Ansehen der Person bei Gott.“ Unsere Ansicht hierüber ist, dass nach der babylonischen Gefangenschaft der Name Jude gleichbedeutend wurde mit Israelit und alle die einschloss, die sich an das Gesetz hielten und auf die Erfüllung der abrahamitischen Verheißungen hofften – dies umfasste etliche von den zehn Stämmen als auch Bekehrte aus den Heiden oder Nationen – alle, welche die Beschneidung empfangen hatten. Und nicht nur das, sondern es schlossen sich auch zur Zeit des Aufstandes der zehn Stämme nicht alle einzelnen Personen diesen an. Etliche blieben dem Königreiche Juda treu und fuhren fort, unter den Juden zu wohnen. – 1. Kön. 12:17
Wir haben gefunden und auf die bemerkenswerte Tatsache aufmerksam gemacht, dass unser Herr und die Apostel die „zwölf Stämme“ unter dem Namen „das Haus Israel“ anredeten – und dies noch dazu, wenn sie direkt zum Volke, das in Jerusalem wohnte, redeten, die, wie alle zugeben, hauptsächlich vom Stamme Juda waren, aber zum Teil von allen zwölf Stämmen. Die Tatsache, dass der Herr und die Apostel so die zwölf Stämme als eine Nation anredeten und auf sie als solche Prophezeiungen anwandten, scheint uns recht genügender Grund zu sein, Gleiches zu tun.
Alle Schriftstellen anzuführen, die auf die verschiedenen Seiten dieses Themas ein Licht werfen, würde zu viel Raum erfordern; wer immer aber ein Exemplar von „Young’s Concordance“ (engl., oder der Bremer oder Calwer Konkordanz) zur Hand nimmt und die verschiedenen Stellen betrachtet, da das Wort Israel im Neuen Testament gebraucht wird, findet überwältigenden Beweis dafür, dass unser Herr und die Apostel das Haus Israel nicht länger als die „zehn Stämme“ allein anerkannten, sondern, wie es ausgedrückt ist, als „ganz Israel“. Man betrachte besonders die folgenden Stellen: Matth. 8:10; 10:6; 15:24; 31; 27:9, 42; Mark. 12:29; 15:32; Luk. 1:54, 68, und besonders Vers 80; auch 2:25,32, 34; 24:21; beachte auch sorgfältig Joh. 1:31, 49; 3:10; 12:13; auch Apg. 2:22, 36; 3: 12; 4:10, 27; 5:21, 30, 31, 35; 13:16, 24; 21:28; Röm. 9:6, 31; 10:19; 11:25, 26; 1. Kor. 10:18; Gal. 6:16; Eph. 2:12; Phil. 3:5; Hebr. 8:8
„Das Heil kommt aus den Juden“, oder den Bund haltenden Israeliten, in dem Sinne, dass 1) unser Herr Jesus, der Erretter, in dieser Linie kam; 2) in dem, dass ein Rest dieser Juden (die Apostel und die meisten der ersten Kirche), ein Überrest Israels genannt (Röm. 9:27; 11:1, 5, 7), Gesandte der Versöhnung wurden, die Botschaft zu den Nationen zu tragen; und 3) in dem, dass es des Herrn Verordnung ist, dass in dem Wiederherstellungswerk der Zukunft das fleischliche Israel von der Blindheit errettet, als ein Vermittler gebraucht werden wird, durch welchen die Ströme des Heils, von dem verherrlichten, geistigen Israel ausgehend, zu allen Geschlechtern der Erde fließen werden; wie geschrieben steht, „Von Zion (der verherrlichten Evangeliums-Kirche, oder dem geistigen Israel) wird ausgehen das Gesetz, und das Wort Jehovas von Jerusalem (dem wiedereingesetzten fleischlichen Israel).“ – Jesaja 2:3
Aber auf jeden Fall sind die zehn Stämme von diesen und allen solchen Verheißungen ausgeschlossen, denn weder Zion noch Jerusalem (weder das vorbildliche noch das wirkliche) gehörte ihnen. Um irgend einen Teil an dem Bunde mit Abraham zu haben, müssen sie entweder mit dem geistigen Israel vereinigt werden, von dem der Löwe aus dem Stamme Juda das Haupt ist, oder sie müssen mit dem wirklichen Juda in Jerusalem in Verbindung treten, um seinen Anteil in den kommenden Zeiten der Wiederherstellung mitzuteilen, denn „Jehova wird die Zelte Judas zu erst retten.“ – Sach. 12:7
Die versuchten Beweise Ihres Korrespondenten scheinen in dem folgenden Abschnitt zusammengefasst zu sein, den wir ihrem Journal entnehmen. Er sagt:
„In Bezug auf das Nicht – Zurückkehren Israels zeigt ein Vergleich von Jer. 29:1, 4, 10 mit Esra 1:1, dass das Gebot des Cyrus die Erfüllung einer Prophezeiung war, die sich ausschließlich auf die Juden bezog; und von Hes. 4:3-8 ist es offenbar, dass Israels Zeitabschnitt der Gefangenschaft sich weit über den Zeitabschnitt Judas hinaus erstrecken musste. Es ist durchaus kein Beweis vorhanden, dass die zehn Stämme von dem Gebot des Cyrus eingeschlossen waren.“
Wir müssen gegen diese Erklärungen Einwände erheben, und fordern Ihre Leser auf, die angeführten Stellen etwas genauer zu untersuchen. Jeremia 29:1-10 rät dem Volke nicht, sich zufriedenstellend niederzulassen, niemals zu erwarten, nach Jerusalem zurückzukehren, sondern dass sie es sich bequem und heimatlich machen sollten im Lande Babylon, weil in siebzig Jahren keine Errettung kommen würde – eine viel längere Periode, als sie je zuvor erfahren hatten.
Esra 1:1 beschränkt die Gnade der Freiheit und Rückkehr durchaus nicht auf die Glieder Judas und Benjamins. Im Gegenteil, Vers 3 erklärt, dass Cyrus (oder Kores) sein Angebot erweiterte auf „Wer irgend unter euch aus seinem Volke ist“; Vers 4 wiederholt das „wer irgend durch „jeder“ und macht die Einladung weltenweit, wie das Reich des Cyrus, durch die Worte „an irgend einem Orte“; und Vers 5 erklärt, dass nicht nur die Häupter von Juda und Benjamin sich aufmachten, sondern auch „die Priester und Leviten (und) ein jeder, dessen Geist Gott erweckte“ – d.i. alle deren Herzen, wie das des Simeon, „warteten auf den Trost Israels“. Unter solchen waren etliche aus den zehn Stämmen, wenn sie auch in der Minderheit waren. Zum Beispiel, unter denen, die mit Simeon, im Tempel auf den Trost Israels warteten, war Anna, die Prophetin, die Tochter Phanuels, aus dem Stamme Aser. – Luk. 2:36
Betreffs der Anführung von Hes. 4:3-8, ist keine Andeutung gegeben, wann die vierzig Jahre über Juda oder die dreihundert neunzig Jahre über den übrigen Teil Israels erfüllt waren. Ihr Korrespondent übersieht die Tatsache, dass obschon die Trübsal in zwei Teile getrennt ist, es doch alles als über ein Volk kommend dargestellt ist, wie es in der einen Hauptstadt, Jerusalem, veranschaulicht ist, die von dem Propheten als ein Teil seiner eindrucksvollen Lehren dargestellt wird. Etliche meinen, die gegebene Lehre sei die, dass Gottes Zorn über die zehn Stämme mit der Zeit des Aufstandes, als sie in den Götzendienst verfielen, begann, ungefähr 390 Jahre vor der Verödung Jerusalems; und dass der Zorn von vierzig Jahren über die zwei Stämme vor die Verödung fallen, da unter dem König Manasse die zwei Stämme götzendienerisch wurden; und dass Gottes Zorn durch die gänzliche Verödung Jerusalems und des Landes zufriedengestellt wurde oder damit aufhörte. Wenn dies richtig wäre, dann kehrte seine Gunst zurück, während sie in Babylon waren – gegen alle, die seine Verheißungen achteten und warteten, bis die siebzig Jahre abgelaufen seien, damit sie zur Anbetung Gottes in seinem Tempel in seine heilige Stadt zurückkehren möchten.
Wir antworten also, dass kein Beweis vorhanden ist, dass die Willigen und Getreuen der zehn Stämme gehindert wurden und nicht ins heilige Land nach seinen siebzig Jahren der Verödung zurückkehrten. Im Gegenteil, die Beweisführung zeigt, dass sie die Freiheit, zurückzukehren, hatten, und dass etliche sie auch gebrauchten. Nachdem er aus Millenniumstages-Anbruch, Band 3, anführt: „Sie (die zehn Stämme) verließen den israelitischen Bund und wurden Götzendiener, Ungläubige und im Grunde genommen Heiden“, fährt Ihr Korrespondent fort und sagt:
„Dies ist vollkommen richtig: Die zehn Stämme verfielen und wurden förmlich von dem Mosaischen Bunde geschieden (Jer. 3:8). Aber er übersieht die begleitende Perle, nämlich, sie würden wiederverheiratet werden in einen neuen und besseren Bund. Jes. 54:4-8; Hosea 2:7, 19; Tag als Heiden angesehen; aber dies ist in Harmonie mit Jer. 31:31-33. Die Israeliten waren in der Tat so gut wie die Heiden (Nationen) und werden bis auf diesen Tag der Prophezeiung, denn Ephraims Fülle von Nationen sind Gojim oder nominelle Heiden 1. Mose 48:19; und die Kinder von Ephraim-Israel, die, nicht gemessen und nicht gezählt werden können, sind Abkömmlinge von Lo-Ammi oder nominelle Heiden (Nationen).“ – Hosea. 1:9, 10
Wir bitten mit obigen Aussagen differieren zu dürfen. Der Herr hat nicht, noch wird er je, die zehn Stämme wiederverheiraten. Hosea gibt einige derbe Bilder von einem bösen Volke. Kapitel 1:4, 6, 7 scheint die zehn Stämme getrennt von den zweien zu erwähnen, verheißt aber keine weitere Gnade, sondern anstatt dessen, ein völliges Hinwegnehmen der zehn und Gnade über Juda. Vers 9 und 10 zeigt die Verwerfung (für eine Zeit) ganz Israels (der natürlichen Zweige des Olivenbaumes), und die Einpflanzung des geistigen Israel auf der ursprünglichen Wurzel der Verheißung – diejenigen aus den Heiden (Nationen), die vormals von dem Herrn nicht als sein Volk anerkannt worden waren, die Fremdlinge, Entfernte und Feinde des Gemeinwesens Israels gewesen waren, nun aber durch Christum nahe gebracht und Teilhaber geworden seien. Diese Anwendung der Schrift wird von dem Apostel Paulus gemacht (Röm. 9:23-26). Hosea 1:11 erklärt, dass dann zur Zeit ihrer Verwerfung und zur Zeit der Anerkennung des geistigen Israel, Juda und Israel unter ein Haupt vereinigt werden würde.
Hosea 2:1-7 umfasst einen der dargereichten Beweise; aber die sorgfältigste Forschung in diesen Versen erschließt keine Verheißung vom Herrn, dass er sie wiederverheiraten wird. Ein Weiterlesen bis Vers 13 beweist das Gegenteil. Dann zeigt Vers 14-18 die „Tür der Hoffnung“ für dieses widerspenstige Volk, die von der Millenniums-Herrschaft des wahren geistigen Samens Abrahams Gal. 3:16, 29 aufgetan werden wird, denn Vers 18 bestimmt die Zeit, das Datum dieser „Tür der Hoffnung“, indem es heißt, dass es nach der Zeit der Trübsal sein wird, wenn Kriege nicht mehr sein werden.
Vers 2:19 und 20, wenn überhaupt auf den fleischlichen Samen anwendbar, sollte auf „ganz Israel“ (zuletzt vorher genannt) – siehe Kap. 1:11 – angewandt werden, und würde in dem Falle keiner Erfüllung bedürfen, bis zum Schluss des Evangeliumszeitalters, wenn Kriege nicht mehr sein werden. Aber es ist guter Grund vorhanden, zu glauben, dass diese Verse (19 und 20) auf die geistige Klasse Bezug nehmen, die ausgewählt wird, während das fleischliche Israel verworfen ist. Diese Anschauung wird von Vers 2:23 sowohl als von Kap. 1:10 unterstützt, welche beide in Röm. 9:23-26 angeführt werden und gut mit den anderen Aussagen des Apostels stimmen: „Was Israel sucht, das hat es nicht erlangt, die übrigen aber sind verstockt (Verblendet) worden.“ – Röm. 11:7
Was Jes. 54:1-8 betrifft, so hat der Apostel das Licht übermenschlicher Weisheit darauf geworfen und es auf das geistige Zion, unsere Mutter, (oder Bund), in Sarah versinnbildlicht, angewandt. Der fleischliche Same Abrahams war hinaus gestoßen, um nicht Erbe der Verheißung zu werden, und der wahre Same, Christus (in Isaak und Rebekka vorgebildet), war als der einzige Erbe der Verheißung angenommen worden. – Gal. 4:22, 24, 26, 31
Jer. 31:29-33 berührt diesen Punkt noch genauer. Es wurde zu einer Zeit geschrieben, da die zehn Stämme, Israel genannt, von den zweien, Juda genannt, getrennt waren; und folglich war es notwendig, dass der Prophet beide nannte, um nicht missverstanden zu werden, als ob er sich nur auf die zehn Stämme beziehe. Aber hier, in Vers 31, fasste er beide zusammen; und, nachdem er beide zu einem vereinigt hat, gebraucht er in Vers 33 und 36 den einen Namen für alle; und dies wird von Vers 31:38-40 bekräftigt, da Plätze beschrieben werden, die in Teilen der zwei Stämme liegen, in und um Jerusalem.
Aber weiter lasst uns darauf merken, dass diese Prophezeiung noch nicht erfüllt ist; so dass die zehn Stämme, wenn gleich sie sich jetzt deutlich kundgeben könnten, noch keine Ursache zum Rühmen haben. Sie täten besser, sie warteten, bis der Neue Bund mit ihnen geschlossen ist, und bis das Gesetz in ihr Herz geschrieben ist. Dann sicherlich werden sie sich nicht ihres Alten Bundes rühmen, sondern des Neuen.
Während des Evangeliums-Zeitalters ist der Neue Bund und sein segensreiches In-die-Herzen-Schreiben und sein Den-Geist-Belehren nicht für die zehn Stämme, noch für die zwei, sondern allein für den aus den aus den Zwölfen auserlesenen Überrest und die Übrigen aus den Nationen Ausgewählten; der fleischliche Same (Ismael) muss warten, bis der geistige Same (Isaak) alles beerbt hat, und dann seinen Teil durch Isaak bekommen. In jenen Tagen – wenn der fleischliche Same sein Teil bekommt – werden die segensreichen Vorteile des Millenniums, die in Vers 29 und 30 genannt werden, erfahren und genossen werden.
Geliebte, lasst uns unsere Berufung und Erwählung fest machen durch Gehorsam des Glaubens und nicht hoffen, dass geistige Segnungen zu uns kommen werden um fleischlicher Verbindungen willen – was, wie des Herrn Wort uns deutlich zeigt, nicht sein kann. Wenn die angelsächsischen Stämme wirkliche Nachkommen der zehn (sogenannten) verlorenen Stämme sind, so ist es gewiss zu ihrem Vorteil, dass der Herr es übersieht und sie als Heiden (Nationen) rechnet, denn seine Gnade wurde dem natürlichen Samen entzogen, nachdem der Überrest erwählt war; und er wandte sich, das Volk zu seinem Namen aus den Nationen zu nehmen, die vormals nicht sein Volk gewesen waren; und es ist, wie wir gesehen haben, keine Rückkehr der Gnade verheißen, bis die erwählte Kirche (Herauswahl) im Tagesanbruch, dem Millenniumsmorgen, vollendet sein wird.
Nichts in unserem Verständnis der Lehren der heiligen Schrift ist im Widerspruch mit der Idee, dass Großbritannien, Deutschland und die Vereinigten Staaten etliche Nachkommen der zehn Stämme enthalten mögen, die sich in den Tagen Rehabeams von den Zweien trennten. Es könnte jedoch von niemanden behauptet werden, der mit der herrschenden gründlichen Mischung, besonders in den Vereinigten Staaten, bekannt ist, dass irgend einer dieser Nationen von rein israelitischem Schlage seien. Noch erörtern wir die Frage, ob das Gedeihen dieser Nationen der Welt ihrer Abkunft zuzuschreiben ist. Vielleicht ist es wahr. Was wir jedoch bestätigen, ist, dass, was des Herrn „hohe Berufung“ seiner Kirche betrifft, da die Zwischenwand des Zaunes abgebrochen ist, die israelitische Herkunft eines einzelnen oder einer Nation unter den Bedingungen des Neuen Bundes dem einzelnen oder der Nation zu keinem Vorteil sein würde über Einzelpersonen oder Nationen anderer Rasse. Von diesem Bund und Beruf wurde „ganz Israel“, „die natürlichen Zweige“, abgebrochen, außer der „Überrest“, der Christum, den Mittler des Neuen Testamentes, annahm; und dieser „Überrest“ hatte keinen Vorzug vor anderen wegen Nationalität. Gott hat durch die Apostel während der Periode der Auswahl des geistigen Israel keine Gnaden für Israel nach dem Fleische verkündigt; aber er hat erklärt, dass, wenn die Schar des geistigen Israel vollendet ist, seine Gnade wieder zum fleischlichen Hause zurückkehren wird.
Weil wir glauben, dass das geistige Israel nahezu vollendet ist, darum erwarten wir Segnungen über Israeliten, die nach dem Fleische sind, und das Abwenden ihrer Blindheit, in der Erwartung, dass sie die ersten in der Wiederherstellung sein werden, um vom geistigen Israel gesegnet zu werden und so durch Unterwerfung unter deren Gnade selbst „unter die Begnadigung (zu) kommen.“ (Röm. 11:31 – siehe Anmerkung in der Elberf.- Übers.) Nachdem sie so durch die vollendete und verherrlichte Kirche Christi Barmherzigkeit erlangt haben, werden sie in der Tat als des Herrn Werkzeuge gebraucht werden, um alle Geschlechter der Erde zu segnen; und so werden die abrahamitischen Verheißungen an beiden Samen erfüllt werden – beides, das, was nach dem Fleische und das, was nach dem Geiste ist – „Darum.. damit die Verheißung dem ganzen Samen fest sei, nicht allein dem vom Gesetz, sondern auch dem vom Glauben Abrahams.“ – Röm. 4:16
Achtungsvoll
Der Autor von Millenniumstages-Anbruch
Diejenigen, die behaupten, „der Name Israel gehört nur den zehn Stämmen“ und, dass „Juda der einzig anwendbare Name ist für die, welche nach der babylonischen Gefangenschaft nach Palästina zurückkehrten“, sollten solche Aussagen unterlassen, bis sie die folgenden einfachen Tatsachen beantworten können. Unser Herr erklärte, „Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ (Matth. 15:24; 10:6). Er sagte kein Wort vom Hause Juda;- und doch geschah all sein Predigen in Palästina an was die Anglo-Israeliten uns sagen, gar nicht das Haus Israel gewesen sei, sondern das Haus Juda. Und wiederum, nach dieser gleichen Theorie, machte Sankt Petrus einen großen Fehler, als er unter der direkten, vollen Inspiration des heiligen Geistes an Pfingsten erklärte: „Das ganze Haus Israel wisse nun zuverlässig, dass Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus (Gesalbten) gemacht hat, diesen Christus, den ihr gekreuzigt habt.“ (Apg. 2:36) Anglo-Israeliten sagen uns, dass nicht das Haus Israel, sondern das Haus Juda an der Kreuzigung Christi schuldig ist. Möge, wem es immer gefällt, annehmen, dass unser Herr und die Apostel gröblich irrten und dass anglo-israelitische Ideen richtig seien, wir wollen Gott wahr sein lassen – wir wollen die Ansicht festhalten, die mit den Worten des Herrn und Sankt Petri und allen neutestamentlichen Lehren und dem Verstand vereinbar ist.
Die Flüche, die Moses erwähnt (5. Mose 28:15, 46, 49, 63, 67), die Israel (die zwölf Stämme) treffen würden, wenn es dem Herrn untreu würde, scheinen eine sehr wörtliche und wirkliche Erfüllung gehabt zu haben – über das Israel in den Tagen unseres Herrn (hauptsächlich die zwei Stämme, Juda und Benjamin, aber auch andere Vertreter der zehn Stämme einschließend) über das, wie unser Herr erklärt, alle Dinge, die in dem Gesetz und den Propheten geschrieben sind, würden erfüllt werden, und über die, wie der Apostel Paulus sagt, jene Vorherverkündigungen völlig, bis zum Ende, erfüllt worden sind. – 1. Thess. 2:15, 16
Wenn aber die englische (britische) Nation irgend ein Teil des hier genannten Israel wäre, so würde es scheinen, als ob Vers 64 und 65 (5. Mose, Kap. 28) nicht erfüllt worden seien.
Wach auf, Jerusalem!
Wach auf, wach auf, Jerusalem,
Nicht länger lieg in Staub gebückt;
Leg an das Kleid des Heils, in dem
Mit Kraft und Schönheit du geschmückt.
Wisch ab den Staub dir vom Gesicht,
Der die Verheißung dir verdeckt;
Steh auf, begrüße froh das Licht,
Nun, da dich dein Befreier weckt.
Wirf von dir der Verzweiflung Schmerz,
Die Knechtschaft, Jakob, ist vorbei!
Nicht auf dein ganz verzagtes Herz:
Dein Gott setzt euch Gefangene frei!
Gefäße der Barmherzigkeit,
Die ihr gemacht von Sünden rein,
Dient ihm, dem Herrn der Herrlichkeit,
Tragt nicht umsonst den Namen sein!