Das Amt der Versöhnung
Dieses Amt der königlichen Priesterschaft übertragen. – Gesalbt zu predigen die Versöhnung. – Warum die frohe Botschaft nicht gewürdigt wird. – Das Ergebnis, die Früchte dieses Amtes oder Dienstes. – Verfolgung und Herrlichkeit. – Wie es die Treue erprobt. – Nur die Getreuen können am zukünftigen Versöhnungswerk teilnehmen.
Niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern als von Gott berufen, gleichwie Aron. Also hat auch der Christus sich selbst nicht verherrlicht, um Hohepriester zu werden.
Hebräer 5:4, 5
Das Amt oder der Dienst der Versöhnung wird von der gesamten „Königlichen Priesterschaft“ besorgt werden, deren Haupt – oder Hohepriester unser Herr Jesus ist. Alle Priester nehmen teil an den „besseren Opfern“, die während des Evangeliums-Zeitalter ihren Fortgang genommen haben und an dessen Schluss beendigt sein werden (Röm. 12:1): und alle, die auf diese Weise der Leiden des Christus teilhaftig geworden sind, werden gleicherweise auch seine zukünftige Herrlichkeit genießen als Teilhaber an seinem großen und herrlichen Amt der Versöhnung in seinem 1000-jährigen Königreich.
Alle diese Unterpriester waren „von Natur Kinder des Zornes“, gerade wie andere Menschen, und mussten zuerst mit Gott versöhnt werden, bevor er sie zu diesem Priestertum berufen konnte – „denn niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern (nur wer) von Gott berufen ist.“ Erst nachdem wir durch unseren Erlöser, den Hohenpriester die Versöhnung empfangen haben, kann uns die Gnade dargeboten werden, als Mitopferer, Mit-Vermittler und – Versöhner gerechnet zu werden.
Wer irgend „den Geist der Sohnschaft“ empfangen hat, durch welchen er als ein Sohn Gottes und als Priester eingesetzt worden ist, wird fortan von diesem Geist getrieben, den Dienst oder das Amt der Versöhnung zu beginnen, ein jeglicher mit den Gaben und Gelegenheiten, die ihm gegeben sind. Wie der Hohepriester, so nimmt auch jeder Unterpriester die Leitung und das Zeugnis dieses heiligen Geistes wahr: „Der Geist des Herrn Jehovas ist auf mir, weil Jehova mich gesalbt hat, um den Sanftmütigen (jetzt nicht den Hochmütigen und Vermessenen, den Hartherzigen und Ruchlosen) frohe Botschaft zu bringen; um zu verbinden die gebrochenen Herzens sind, um auszurufen das Jahr der Annehmung Jehovas“ – den Zeitraum, während welchem es Gott gefällt, durch das Verdienst des Erlösers eine „kleine Herde“ als „lebendige Opfer“ anzunehmen.
Der Apostel Paulus verspürte als einer dieser Unterpriester ganz besonders den Einfluss dieses Geistes, der ihn befähigte und trieb, allen, mit denen er in Verbindung kam, und die ihm ein hörendes Ohr entgegenbrachten, von diesem „Lösegeld für alle“ zu erzählen, das durch das Opfer unseres teuren Erlösers dargebracht wurde, und sie zu ermuntern, sich mit Gott versöhnen zu lassen und ohne Verzug den Pfad der Gerechtigkeit zu betreten. Man beachte seine diesbezüglichen, klaren Äußerungen in 2. Kor. 5:17-20:
„Wenn jemand in Christo ist, (so ist er) eine neue Schöpfung: das Alte ist vergangen (alte Sünden, Leidenschaften, Hoffnungen), siehe, alles ist neu geworden. Alles aber (das Neue, ist) von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christum und hat uns den Dienst der Versöhnung gegeben: nämlich, dass Gott in Christo die Welt mit sich selbst versöhnte, ihnen ihre Übertretungen mit zurechnend (weil Christus ihre Strafe getragen hat) und in uns (als der königlichen Priesterschaft) das Wort (die frohe Botschaft von) der Versöhnung legend.“
„So sind wir nun (weil Gott uns berufen und uns als einer Priesterschaft dieses Amt gegeben hat, in seinem Namen die frohe Botschaft zu verkündigen) Gesandte für Christum (für unsern Hohenpriester, den Stellvertreter des Vaters), als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“
Diese Freudenbotschaft, die, wenn recht gewürdigt, an allen Orten und unter allen Klassen ein dankbares Ohr finden sollte, wird aber allgemein verworfen, so dass der im Namen der königlichen Priesterschaft redende Prophet klagen muss: „Wer hat unserer Verkündigung geglaubt und wem ist der Arm Jehovas (Christus, die errettende Kraft Gottes) offenbar geworden?“ (Jes. 53:1; Joh. 12:38). Jetzt sind es eben nur wenige, an denen sich diese Kraft wirksam erweist – nur so viele als der Herr unser Gott zur königlichen Priesterschaft berufen hat; denn niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern nur von Gott Berufene.
Die Ursache zu der allgemeinen Verwerfung der frohen Botschaft liegt klar auf der Hand: Versöhnung, Vereinbarung mit Gott bedeutet Widerstand gegen die Sünde: Frieden mit Gott heißt Feindschaft wider alle eingefleischten Schwachheiten und verdorbenen Neigungen unserer gefallenen Menschennatur, mit anderen Worten: völlige Änderung oder Bekehrung vom Dienst der Sünde zum Dienst der Gerechtigkeit. Manche, denen die Sünde (in ihrer hässlicheren, gröberen Form wenigstens) zuwider ist, und die nach einer Versöhnung mit Gott und nach den nur den Söhnen verheißenen Segnungen Verlangen tragen, fangen an, nach Gerechtigkeit zu trachten und bemühen sich für eine Selbst-Verbesserung; sie werden aber in ihrem Kampfe bald gewahr, wie unüberwindlich ihre eigenen Schwachheiten sind, und wie außerdem die ganze Welt der Sünde zur Seite steht. Nur diejenigen vermögen dieser angeborenen Sklaverei zu entgehen, welche des Meisters Zeugnis beachten: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ – den einzigen Mittler – den „Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Zu all dem unterrichtet uns der Apostel, dass der Gott dieser Welt die Sinne der großen Mehrzahl durch Lügen verblendet hat, so dass sie die Vorteile der in Christo dargebotenen Versöhnung nicht zu schätzen vermögen. – 2. Kor. 4:4
Kann es uns wundern, wenn unter solchen Umständen, unter den Folgen der überall herrschenden Sünde, alle wahren und treuen Gesandten Gottes an Christi Statt (welche als Unterpriester in den Fußstapfen ihres Hauptes und Hohenpriesters wandeln) mit ihm um der Gerechtigkeit willen leiden müssen? Der große Hohepriester, welcher „das Wort von der Versöhnung“ am lautesten und deutlichsten verkündigte, ist verworfen und gekreuzigt worden, und zwar gerade von denen, welche sich als Verehrer und Täter der Gerechtigkeit ausgaben. Der Apostel wurden ganz ähnlich behandelt, weil sie in ihrer Treue sich weigerten, die frohe Botschaft, „das Wort von der Versöhnung“ zu verschweigen. „Ihr werdet von allen gehasst werden um meines Namens willen“; „sie werden euch schmähen und verfolgen und jedes böse Wort lügnerisch wider euch reden um meinetwillen! Verwundert euch nicht, wenn die Welt euch hasst, denn ihr wisset, dass sie mich vor euch gehasst hat.“ Diese Worte unseres großen Lehrers sollten bis ans Ende dieses Zeitalters wahr bleiben, und sie sind heute noch eben so wahr als je. Wer irgend seinen Dienst als Gesandter getreulich ausübt und den ganzen Ratschluss Gottes rückhaltlos verkündigt, der wird gar bald etwas von den Leiden Christi erfahren, so dass er in Wahrheit mit dem Psalmisten ausrufen kann: „Die Schmähungen derer, die dich schmähten, sind auf mich gefallen.“ – Matth. 5:10-12; 10:22; Psalm 69:9; Röm. 15:3
Aber auch in diesem Umstand erkennen wir die wunderbare Weisheit des göttlichen Planes; denn in der Verkündigung des „Wortes von der Versöhnung“, wozu die Salbung von oben den Antrieb gibt, und besonders in den dieser Verkündigung entgegentretenden Schwierigkeiten findet jeder Priester die Gelegenheit, „sich selbst darzustellen als ein lebendiges Schlachtopfer, heilig, Gott wohlgefällig“ – dies ist sein vernünftiger Gottesdienst. – Röm. 12:1
So gibt das Maß der Selbstaufopferung und der Leiden für Christum, die ein jeder der Geweihten erduldet, den Grad der Treue an, die sie als Gesandte an den Tag legen (von Gottes Standpunkt aus betrachtet – denn wir vermögen nicht immer richtig zu unterscheiden). Jeder Priester, der nicht um Christi und um der Wahrheit leidet, erweist sich dadurch als ein ungetreuer Gesandter und Diener des Neuen Bundes. Nur die getreuen Kreuzessoldaten werden das unschätzbare Vorrecht erlangen, mit dem großen Hohenpriester am herrlichen Versöhnungswerk teilzunehmen, das unter den günstigen Bedingungen des Tausendjahrtages hinausgeführt werden soll. Wenn wir mit ihm leiden, so werden wir auch mit herrschen; verleugnen wir, so wird auch er uns verleugnen. – Röm. 8:17; 2. Tim. 2:12, 13; Titus 1:16
Gib acht, dass niemand deine Krone nehme!
Offenbarung 3:11
Sei getreu bis zum Tode und ich werde dir die Krone des Lebens geben.
Offenbarung 2:10