Die Feinde und Anfechtungen der Neuen Schöpfung
„Der alte Mensch.“ – Die Welt als Feind der Neuen Schöpfung. – Der große Widersacher. – Er war ein Lügner und ein Mörder von Anfang. – Satans Genossen. – Legionen von bösen Geistern. – Wie Satans erste Lüge sich forterhielt und forterhält. – „Unser Kampf ist nicht (nur) wider Fleisch und Blut.“ – Der Dienst des Bösen. – Die Versuchung durch Satan. – „Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen.“ – „Wenn ein Satan den Satan austreibt, so kann sein Reich nicht länger mehr bestehen.“ – „Liebet Gerechtigkeit, hasset das Unrecht.“ – Mark. 16:9-20. – Die Namenkirche ein Feind der Neuen Schöpfung. – Die Waffenrüstung Gottes.
Unter den Feinden der Neuen Schöpfung befindet sich mit in erster Linie der „alte Adam“, der alte Wille. Lasst uns dabei jedoch nicht in den allgemeinen Irrtum fallen. Lasst uns nicht glauben, die Neue Schöpfung habe zweierlei Gesinnung, zweierlei Willen. „Ein wankelmütiger Mann ist unstet in allen seinen Wegen“ und kann dem Herrn nicht gefallen. So ist die Neue Schöpfung nicht. Sie hat nur eine Gesinnung, einen Geist, einen Willen, eine Richtung: den neuen Willen, der, da er die Gesinnung Christi, der Heilige Geist ist. Die Neue Schöpfung hat nicht einen Teil der Gesinnung Christi angenommen und im übrigen den Willen des natürlichen Menschen mit übernommen; sie hat diesen letzteren vielmehr daran gegeben, in den Dienst des Herrn gestellt; dieser ist nun der Welt abgestorben und hat nicht mehr die Oberleitung der Dinge des gegenwärtigen Lebens. Auf diesem Wege und so allein kann ein Mensch ein Glied am Leibe Christi werden, und er kann es bleiben, wenn er durch den Willen des Hauptes sich stetsfort regieren lässt. Auf diesem Wege und so allein kann die Neue Schöpfung überhaupt gezeugt werden, für welche alles Alte vergangen und alles neu geworden ist. Bei wem das nicht der Fall ist, wer eine solche Darangabe nicht gemacht hat, der ist kein Glied der Herauswahl, die da ist der Leib Christi, geworden, wenn er auch Mitglied des Haushaltes des Glaubens sein kann, aus welchem alle Mitglieder der Herauswahl, alle Glieder des Leibes Christi, kommen.
Doch obwohl bei der Weihung auf den alten Willen in dieser Weise gänzlich und für immer verzichtet worden ist, obwohl der alte Mensch in den Augen des Herrn und derer, die die Dinge ansehen wie er, als tot, das Fleisch als der Sünde abgestorben und Gott lebend gerechnet und in den Dienst des neuen Willens gestellt wird (Röm. 6:11; 8:11), so gibt es der Schwierigkeiten gar viele. Dieser als tot gerechnete Leib und Wille versucht stets, sich wiederum geltend zu machen und muss durch den guten Kampf des Glaubens stetsfort niedergehalten werden. Wird der neue Wille gleichgültig, und hört er auf, das der Sünde abgestorbene Fleisch als Diener hoher, geistiger Zwecke zu gebrauchen, so gewinnt dieses Fleisch alsbald wiederum Leben und erhebt Ansprüche, die dem neuen Willen zuwiderlaufen und der Neuen Schöpfung schädlich sind. Diese muss daher fortwährend auf der Hut sein, den alten Willen mit seinen Wünschen und Bestrebungen stetsfort kreuzigen. „Ich zerschlage meinen Leib“, schreibt der Apostel in 1. Kor. 9:27, „und führe ihn in Knechtschaft, auf dass ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt, selbst verwerflich werde“ – meine Berufung und Erwählung festzumachen verfehle.
Das Wort Gottes sagt vom Herzen des natürlichen Menschen, es sei ein über alle Begriffe trügerisches und verzweifelt böses Ding. (Jer. 17:9) Selbstredend ist hiermit nicht das „Herz“ genannte Organ hinter unseren Rippen gemeint, sondern die Gesinnung, welche die Schrift (und der allgemeine Sprachgebrauch – der Übers.) sehr oft „Herz“ nennt. Die Neue Schöpfung erhält ein neues Herz, d.h. eben eine neue Gesinnung, einen neuen Willen, eine neue Geschmacksrichtung, sie liebt vor allen Dingen Gott und seine Gerechtigkeit, seine Wahrheit, seinen Plan, und schätzt alle Dinge nach ihrem Grad der Übereinstimmung mit Gott und seiner Gerechtigkeit. Dem neuen Herzen stehen alle Glieder der Neuen Schöpfung am nächsten; ja die Liebe für die Brüder ist gerade einer der deutlichsten Beweise dafür, dass jemand zum Herrn in das besondere Verhältnis getreten ist, welches das Teil der Neuen Schöpfung ist. Allein diese Liebe schafft unsere Verpflichtungen anderen Menschen gegenüber nicht aus dem Wege.
Die Neue Schöpfung, das neue Herz mit seinen neuen Trieben, wird beständig belagert, bestürmt von dem alten Herzen mit seinen alten selbstsüchtigen Trieben. Oft wendet dieses auch List an, indem es zum neuen Herzen ungefähr so spricht: „Du rechnest mich als tot, du hast mich vor die Tür gesetzt; nun bin ich auch dem Alten abgestorben. Ich bin nicht mehr dasselbe alte Herz wie ehedem; ich habe darum Anspruch auf einige Rücksicht. Du darfst mich nicht zu hart behandeln; du musst zugeben, dass ich mich ganz bedeutend gebessert habe. Nun musst du mir es nicht zu schwer machen; das wäre nicht gerecht. Du musst bis zu einem gewissen Grade selbstsüchtig sein. Du musst Ausschau halten nach Vorteilen für Nummer eins (dein liebes Ich) und deine Familie; du musst derselben nicht nur das Notwendigste, sondern noch vieles dazu, Reichtum, gesellschaftliche Stellung usw., verschaffen; für sie musst du dich opfern.“
Welch ein feiner Betrug liegt in dieser Sprache, und wie viele haben dies zu ihrem Verdruss geschmeckt und bemerkt, dass ihre neue Gesinnung von der alten gefangen gesetzt worden ist. O diese schweren Ketten! Mit Vorliebe hält das alte Herz der Neuen Schöpfung den Rat vor: „So viel an euch, lebt mit allen Menschen in Frieden.“ Dieser Rat wird höher gestellt als das Gebot: „Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit ganzem Gemüt und mit allen deinen Kräften und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Diesem Gebot kann nicht nachgelebt werden, wenn Friede um jeden Preis gesucht wird. Wenn das alte Herz, die alte Gesinnung, der alte Wille den neuen dazu bringt, um des Friedens willen von der Wahrheit oder unseren Pflichten abzuweichen, so wird seiner Begehrlichkeit kein Ende sein, und binnen kurzem wird es geschehen, dass um des lieben Friedens willen die Neue Schöpfung dem Sinn und Geist ihres Bundes mit dem Herrn entgegenhandelt und sich völlig dem alten Willen unterwirft, obwohl sie es nicht will, obwohl sie fortfährt, gegen denselben Krieg zu führen. Sie ist die Gefangene seines Betrugs, seiner geschickten Verdrehung des göttlichen Wortes geworden.
In dieser Lage sollte der neue Wille ganz frei erklären, dass der Friede zu Hause und überall zwar ein sehr wünschenswertes Ding sei, aber in den Verheißungen des Herrn nicht in erster Linie stehe. Im Gegenteil, der Herr hat die Seinen unterrichtet, dass, so sicher sie gottselig zu leben trachten werden, sie verfolgt werden würden. Verfolgung ist aber das Gegenteil von Frieden. Er hat sie unterrichtet, dass, so sicher sie ihr Licht würden leuchten lassen, die Finsternis dieses Licht hassen, bekriegen und versuchen werde, den Besitzer zum Verbergen desselben unter dem Scheffel zu veranlassen. Auch diese Versuche bedeuten alles andere als Frieden. Aber der Herr versichert uns, dass diese Widrigkeiten bestimmt sind, die Neuen Schöpfungen daraufhin zu prüfen, was ihnen lieber sei: Der Friede des Fleisches, der Friede mit dem Nachbarn, mit der Welt, oder der Friede des Herzens, der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt.
Die Neue Schöpfung muss aus Erfahrung lernen, dass sie diesen Frieden in ihrem Herzen haben kann, auch wenn die äußerlichen Verhältnisse höchst unfriedlich sind, dass völlige Übereinstimmung mit dem Herrn ein Lohn ist, welcher der Treue um jeden Preis nicht vorenthalten bleibt. Allen Ansprüchen des Fleisches oder lieber Angehöriger gegenüber muss daher die Neue Schöpfung immer erst untersuchen, ob die Erfüllung dieser Ansprüche vereinbar ist mit dem Gebot: „Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit ganzem Gemüt und allen deinen Kräften.“ Dem Gehorsam diesem Gebot gegenüber muss alles, das Ich, die Familie, die Nachbarn, untergeordnet werden.
Dabei muss sich aber die Neue Schöpfung vor dem Fanatismus, d.h. davor hüten, dieses oder jenes nur deshalb zu tun, weil es ihrem Fleisch beschwerlich fällt oder anderen missfällt, oder zu glauben, die göttliche Gesinnung sei immer das Gegenteil von ihren eigenen Neigungen. Es bedarf ein sehr ernstes und anhaltendes Studium des göttlichen Wortes und des Geistes und Grundgedankens der göttlichen Forderungen, um die Anleitungen der Schrift im täglichen Leben richtig zu befolgen. Für die wenigsten freilich liegen Versuchungen in dieser Richtung. Weitaus die Mehrzahl wird durch die Ansprüche des Fleisches versucht und bedarf daher auf diesem Gebiet großer Wachsamkeit, damit sie nicht ihm diene, nicht ihm sich unterwerfe und infolgedessen in einer mit ihrem Weihegelübde nicht verträglichen Richtung wandle, oder, wenn es soweit nicht kommt, sie nicht vom Fleische verhindert werde, nach dem Geiste zu wandeln, dadurch zum Stillstand gebracht, in ihrem geistigen Wachstum aufgehalten und dadurch verhindert wird, Früchte zu bringen, so dass ihre Überwinderschaft, ihr Anteil am Erbe der kleinen Herde, in Frage gestellt wird.
Der leitende Gedanke der Neuen Schöpfung muss stets sein, dass sie alle irdischen, fleischlichen Interessen geopfert hat, und dass einzig die völlige Darangabe dieser Interessen ihr gestattet, sich völlig auszuwachsen und heranzureifen für ihren Anteil „am Erbe der Heiligen im Licht“, an der ersten Auferstehung zu Ehre, Herrlichkeit und Unsterblichkeit als ein Glied der Christus-Körperschaft. Diese Darangabe ist einzig durch Rücksichten eingeschränkt, die wir denen schuldig sind, deren Leben mit dem unseren verknüpft ist. Da ist es eine Forderung der Nächstenliebe, dass wir das Richtige tun für unsere Lieben nach dem Fleische, die nicht wie wir selbst sich völlig geweiht haben.
Die Welt als Feind der Neuen Schöpfung
In der gegenwärtigen Welt steht, weil sie böse ist, alles mehr oder weniger im Widerspruch mit der Gerechtigkeit und ist daher der Neuen Schöpfung zuwider, nach ihrem Maßstabe unzulänglich. Als oberstes Gesetz in dieser Welt kann gemeinhin die Selbstsucht bezeichnet werden, obwohl die Welt den Anspruch erhebt, und keineswegs ohne Berechtigung, die Gerechtigkeit hoch zu schätzen. Wir gehören nicht zu denen, die alle Gesetze und Einrichtungen der zivilisierten Welt für schlecht halten; wir haben vielmehr oft Gelegenheit gehabt, uns über die verhältnismäßige Erhabenheit der Gesetze in der Namenchristenheit zu wundern, welche Verständigkeit und Gerechtigkeit, welchen Edelsinn sie bekunden, wie einige von ihnen den Schutz des Schwachen vor dem Starken und das gleiche Recht für alle bezwecken. Da jedoch die Selbstsucht sich in einem jeden Gedanken, Worte und Werke in der ganzen Welt geltend zu machen sucht, darf es uns nicht wundern, wenn diese Gesetze gelegentlich von der absoluten Gerechtigkeit sich entfernen.
Wir sind vielmehr überrascht, dass selbst die gefallene Menschheit Gesetzgebungen wie die der Vereinigten Staaten und anderer Länder zustande gebracht hat. Man fühlt ihnen vielfach an, dass die mosaische Gesetzgebung und deren erhabene Auslegung durch unseren Herrn Jesum den Gesetzgebern mehr oder weniger unbewusst als Vorbild vorgeschwebt hat. Aber jedermann wird zugestehen, dass die Selbstsucht im Menschen stets fort kämpft gegen seine eigenen Gerechtigkeitsbegriffe und sie immer auszuschalten bestrebt ist, und das bekommt auch die Neue Schöpfung in reichlichem Maße zu schmecken.
Die Welt und ihr Hochmut, ihre Selbstsucht usw. müssen demnach als einige der Hauptfeinde der Neuen Schöpfung betrachtet werden. Die ganze Menschheit, getrieben vom Geiste dieser Welt, ist einem großen Strome vergleichbar, dessen Wasser alle in der gleichen Richtung fließen, wenn auch die einen rascher, die anderen langsamer. Die Neue Schöpfung muss nun infolge ihrer Weihung, ihrer erneuten Gesinnung, gleichsam stromaufwärts schwimmen. Sie gerät dadurch in Widerspruch zur allgemeinen Anschauung, Herkömmlichkeit usw. und erscheint infolgedessen als sonderbar. Sie hat die Reibung zu überwinden, die durch ihre Berührung mit denen entsteht, die in der anderen Richtung vorwärts streben. Diese Reibung ist unvermeidlich; sie bedeutet äußerlichen Kampf, nicht äußerlichen Frieden; aber die Empfindung, von Gott gebilligt zu werden, schafft inneren Frieden, innere Freude.
Die Bestrebungen, Ziele und Methoden der Welt sind nicht immer unedel und ungerecht. Allein selbst ihre edelsten Bestrebungen und Ziele sind in der Regel der Neuen Schöpfung zuwider, weil die Welt nach menschlicher Weisheit handelt, indes für die Neue Schöpfung die Weisheit von oben maßgebend ist. Weltliche Weisheit sieht in der Religion ein Mittel, die Massen in Schach zu halten. Sie hat von Wohlwollen, Sittlichkeit, Glauben, Hoffnung, Liebe ihre eigenen Begriffe und kann nicht begreifen, dass die Neue Schöpfung diese Begriffe nicht hat. Die Begriffe der Neuen Schöpfung kommen daher der Welt ausschließlich verkehrt vor; denn da sie den Plan Gottes nicht kennt, kann sie auch nicht ermessen, wie unbedeutend alle Dinge des gegenwärtigen Lebens sind, verglichen mit denen des zukünftigen, wie ohnmächtig alle menschlichen Bemühungen zur Hebung der Menschheit sind, im Vergleich mit den großartigen, erhabenen Maßregeln, welche Gott in Bereitschaft hält, und welche das Königreich der Himmel ergreifen wird, sobald die Herauswahl vollzählig mit ihrem Haupt und Herrn erhöht worden ist.
Die Neue Schöpfung darf daher der Hass der Welt, auch der sittlich und religiös gut denkenden Weltleute, nicht überraschen. Diesem Hass und Widerstreit der Welt, der zuweilen so sehr zum Zorn reizt und die Treue und Geduld auf eine so schwere Probe stellt, muss stets mit Freundlichkeit begegnet werden, dessen eingedenk, dass die Welt immer noch verblendet ist vom Gott dieser Welt und die außerordentlich großen und köstlichen Dinge, die tiefen Dinge des Geistes, nicht sieht, in deren Licht wir durch die Gnade Gottes befähigt sind, alle Dinge (Prüfungen, Schädigungen usw.) für nichts zu achten, auf dass wir die herrlichen Dinge gewinnen möchten, die uns im Worte verheißen sind. Vor dem Geiste dieser Welt sich zu neigen und zu beugen, um des lieben Friedens willen ihren Anschauungen die Herrschaft über uns zu gestatten, würde beweisen, dass wir den Herrn, seine Wahrheit und den Dienst an ihr nicht hoch genug schätzen. Das hätte zur Folge, dass wir, wenn auch nicht alles, so doch den Hauptpreis verlieren würden und möglicherweise unseren Anteil hätten mit der „großen Schar, die aus großer Drangsal kommt“, und mithin in der zukünftigen Herrlichkeit eine weniger erhabene Stellung erhielten.
Darum ermahnt der Apostel ernstlich: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm.“ (1. Joh. 2:15) Wir müssen uns demnach davor hüten, irgendeine Verwandtschaft und Hinneigung zu dem Geiste dieser Welt zu bekunden. Dies will nicht sagen, dass wir keine Liebe haben sollen zu unseren weltlichen Freunden, dass deren Glück oder Unglück uns gleichgültig sein soll usw.; aber es bedeutet, dass, während wir einerseits bestrebt sind, unsere Pflichten den Weltleuten gegenüber aufs Pünktlichste zu erfüllen, Ehre zu geben, wem Ehre gebührt, Steuer, wem Steuer gebührt, Unterhalt, wem Unterhalt gebührt, Güte und Zuneigung, wem solche gebühren, wir einen Unterschied machen sollen zwischen unseren Freunden und Nachbarn, die noch unter dem Einfluss des Widersachers stehen, und dem Geist oder der Geistesrichtung, in der sie stehen und gehen.
Wir haben auch unser Herz nicht an irgendwelche Einrichtungen dieser Welt zu hängen, die auf Selbstsucht gegründet sind und mit der goldenen Regel der Nächstenliebe mehr oder weniger im Widerspruch stehen. Möglicherweise sind wir genötigt, die Dinge des täglichen Lebens in höherem Grade, als uns lieb ist, den selbstischen Regeln anzupassen, die in der Welt gelten; dann dürfen wir aber nicht fortwährend darüber diskutieren, sondern nur unsere Herzensstellung wahren und festhalten, welcher Selbstsucht zuwider und Nächstenliebe Bedürfnis ist, und sodann suchen, dieser letzteren gemäß in möglichst allen Berührungen mit der Welt nachzuleben.
Es ist nicht unsere Sache zu versuchen, die Welt umzugestalten, die Gesellschaft und ihre Methoden zu stürzen. Das ist eine Riesenarbeit, die der Herr sich selber vorbehalten hat, und die an dem rasch heranrückenden „großen Tag“ gründlich besorgt werden wird. Bis dahin sollte sich das Volk Gottes, das unter seiner Führung steht, in der Welt, in der es ist, und mit der es notwendigerweise in Berührung kommt, fremd fühlen. Wer sich eng an den Herrn anschmiegt und seine Gerechtigkeit über alles liebt, der steht notwendigerweise in demselben Widerspruch wie Gott zu jeglicher Ungerechtigkeit und Gesetzlosigkeit in der Kirche und im Staat, in Geldfragen und in der Politik, in gesellschaftlichen Sitten und Gebräuchen.
Diesen Widerspruch mehr oder weniger deutlich erkennend, sind einige zu weit gegangen und haben die gegenwärtigen Zustände in einer Art und Weise an den Pranger gestellt, die sie nicht vom Herrn und seinen Aposteln haben lernen können. Wir sollten immer dessen eingedenk sein, dass die Welt im großen und ganzen es so gut macht, wie sie kann. Verhältnisse stetsfort zu tadeln, welche andere ebenso wenig zu ändern imstande sind wie wir selbst, ist nutzlos, ja noch mehr: es macht unglücklich, reizbar usw., und dies ganz umsonst. Johannes der Täufer erteilt in diesem Stück guten Rat: Den römischen Soldaten, die ihn fragten, was sie tun sollten, sagt er: „Tut niemandem Gewalt (brechet nicht die Gesetze und Vorschriften, denen ihr unterstellt seid) und begnüget euch mit eurem Solde.“ (Luk. 3:14) Es ist höchst unweise, jemanden mit seiner Lage und Umgebung unzufrieden zu machen. Die Neue Schöpfung sollte stets friedsam wirken, und hat sie auch keinen Anlass, die gegenwärtigen Zustände zu rühmen, so braucht sie sie doch auch nicht mit Worten zu verdammen. Sie hat darin ein treffliches Vorbild an dem Erzengel Michael, der in seinem Wortwechsel mit dem Satan nicht wagte, ein lästerndes Urteil über ihn zu fällen, sondern sprach: „Der Herr schelte dich“ – zu seiner Zeit und in seiner Weise. (Judas 9) Wir desgleichen, da wir einsehen, dass der Herr an den gegenwärtigen Einrichtungen zu seiner Zeit und in seiner Weise Vergeltung üben wird, haben allen Grund, mit dem Apostel zu sagen: „Habet nun Geduld, Brüder, bis zur Gegenwart des Herrn“ – die bevorstehende Aufrichtung seines Königreiches wird allem abhelfen. Vorher sich über diese Übelstände aufzuregen, ist nutzlos, ja schädlich, es macht beide unzufrieden, den unzulänglichen Helfer und die, denen er helfen will. Unter den Kindern dieser Welt wird der Herr, wenn seine Zeit gekommen ist, Leute genug finden, die alles drunter und drüber werfen. Unterdessen ist es Pflicht der Neuen Schöpfung, in der Vermeidung solcher Gesprächsgegenstände, die Unzufriedenheit und Streit erregen, Weisheit zu bezeugen und lieber im Kreise der Familie Gottes, derer, die Ohren haben zu hören, von den tieferen Dingen des göttlichen Planes zu reden, wobei sich schon da und dort Gelegenheit bietet, von der Zeit der Drangsal zu reden, welche der Aufrichtung des Reiches unmittelbar vorangehen muss.
Die Neue Schöpfung, die königliche Priesterschaft, hat eine ganz andere Aufgabe als die Beschäftigung mit den öffentlichen Angelegenheiten dieses Zeitalters. Sie muss die silbernen Trompeten ertönen lassen, welche das Jubeljahr(tausend) ankündigen; sie muss die Wahrheit vom Plane Gottes solchen verkündigen, die Ohren haben zu hören, die vom Widersacher nicht blind noch taub gemacht sind. Sie hat Arbeit am Volke Gottes; ihre Sache ist es, den Weizen in die Scheune zu sammeln. – Matt. 13:37-43
In einem anderen Bilde erscheint die Herauswahl als eine Braut, die sich schmückt für den Hochzeitstag. (2. Kor. 11:2; Offb. 19:7) Das ist Beschäftigung genug für ihre Gemüter, nimmt ihre Zeit und Kraft so voll und ganz in Anspruch, dass sie die Welt nicht in der Weise lieb gewinnen kann, dass sie die Erhaltung derselben in ihrer jetzigen Gestalt wünschen könnte, und ebenso wenig kommt sie auf den Gedanken, den weisen Maßregeln des Herrn vorzugreifen, welche die gegenwärtige arge Welt umgestalten sollen in die zukünftige Welt, in welcher Gerechtigkeit wohnt. – Hebr. 2:5; 2. Petr. 3:13
Satan, der große Widersacher
Der Apostel schreibt: „Euer Widersacher, der Teufel“, als wollte er uns verständlich machen, dass wir uns des Teufels viel ernstlicher erwehren müssen als der Schwachheit unseres Fleisches oder der Mängel unserer Mitmenschen. Er wollte, dass wir im Teufel einen sehr listigen Feind sehen, damit wir uns um so enger an den guten Hirten anschließen, um aus der Versuchung errettet zu werden, der Gewalt des Bösen zu entrinnen. Lasst uns hier eine Anzahl der zahlreichen Stellen anführen, welche von diesem Widersacher handeln, dessen Existenz heutzutage vielfach geleugnet wird:
„Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wenn er verschlinge.“ – 1. Petr. 5:8
„Dann wurde Jesus von dem Geiste in die Wüste hinaufgeführt, um von dem Teufel versucht zu werden.“ – Matth. 4:1
„Dann wird er zu denen zu seiner Linken sagen: Gehet von mir, Verfluchte, in das ewige Feuer (Gehenna, Feuersee – zweiter Tod), das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“ – Matth. 25:41
„Die aber an dem Wege sind die, welche hören; dann kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihren Herzen weg.“ – Luk. 8:12
„Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun. Jener war ein Menschenmörder von Anfang und ist in der Wahrheit nicht bestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er es aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben.“ – Joh. 8:44
„Und während des Abendessens, als der Teufel schon dem Judas, Simons Sohn, dem Iskariot, es ins Herz gegeben hatte, dass er ihn überliefere.“ – Joh. 13:2
„Gebet nicht Raum dem Teufel.“ – Eph. 4:27
Ziehet an die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr zu bestehen vermöget wider die Listen des Teufels.“ – Eph. 6:11
„Nicht ein Neuling, auf dass er nicht, aufgebläht, ins Gericht des Teufels verfalle.“ – 1. Tim. 3:6, 7
„Und sie wieder nüchtern werden aus dem Fallstrick des Teufels.“ – 2. Tim. 2:26
„Auf dass er (Jesus) durch den Tod (die Darangabe seiner menschlichen Natur) den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist der Teufel.“ – Hebr. 2:14
„Widerstehet dem Teufel, und er wird von euch fliehen.“ – Jak. 4:7
„Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel, denn der Teufel sündigt von Anfang. Hierzu ist der Sohn Gottes geoffenbart worden, auf dass er die Werke des Teufels vernichte. Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels. Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott, und wer nicht seinen Bruder liebt.“ – 1. Joh. 3:8, 10
„Michael aber, der Erzengel, als er, mit dem Teufel streitend, Wortwechsel hatte um den Leib Moses‘, wagte nicht, ein lästerndes Urteil über ihn zu fällen, sondern sprach: Der Herr schelte sich.“ – Judas 9
„Der Teufel wird etliche von euch ins Gefängnis werfen, auf dass ihr geprüft werdet.“ – Offb. 2:10
„Und es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, welcher Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt, geworfen wurde er auf die Erde, und seine Engel wurden mit ihm hinabgeworfen.“ – Offb. 12:9
„Und er griff den Drachen, die alte Schlange, welche der Teufel und der Satan ist, und er band ihn tausend Jahre … auf dass er nicht mehr die Nationen verführe, bis die tausend Jahre vollendet wären.“ – Offb. 20:2, 3
„Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuersee und Schwefelsee geworfen … Dies ist der zweite Tod, der Feuersee.“ – Offb. 20:10, 14
„Jetzt ist das Gericht dieser Welt, jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden.“ – Joh. 12:31
„Ich werde nicht mehr vieles mit euch reden, denn der Fürst der Welt kommt und hat nichts in mir.“ – Joh. 14:30
„Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen … von Gericht, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist.“ – Joh. 16:8, 11
„In welchen ihr einst wandeltet nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams.“ – Eph. 2:2
„Wenn aber auch unser Evangelium verdeckt ist, so ist es denen verdeckt, die verloren gehen, in welchen der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen verblendet hat, damit ihnen nicht ausstrahle der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher das Bild Gottes ist.“ – 2. Kor. 4:3, 4
„Die Pharisäer aber sagten, als sie es hörten: Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus, als durch den Beelzebub, den Obersten der Dämonen. Und Jesus sprach: … Wenn der Satan den Satan austreibt, so ist er wider sich selbst entzweit; wie wird denn sein Reich bestehen?“ – Matth. 12:24-26
„Der Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichtes an.“ – 2. Kor. 11:14
„Ihn, dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans ist, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge, und in allem Betrug der Ungerechtigkeit denen, die verloren gehen.“ – 2. Thess. 2:9, 10
„Auf dass wir nicht von Satan übervorteilt werden; denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt.“ – 2. Kor. 2:11
„Denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern.“ (Luther: wider die bösen Geister, die in der Luft herrschen – es sind die Dämonen oder gefallenen Engel (1. Petr. 3:20; Judas 6), welchen die Heiden des Altertums dienten, und mit denen heutzutage die Spiritisten verkehren.) – Eph. 6:12
„Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist (Joh. 1:3), nicht sündigt, sondern der aus Gott Geborene bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an. Wir wissen, dass wir aus Gott sind, und die ganze Welt liegt in dem Bösen.“ – 1. Joh. 5:18. 19
„Ich schaute den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.“ – Luk. 10:18: Jes. 14:12-14
„Hierzu bin ich dir erschienen, … ihre Augen aufzutun, auf dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott.“ – Apg. 26:16, 18
„Der Gott des Friedens wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten.“ – Röm. 16:20
„Einen solchen dem Satan zu überliefern zum Verderben des Fleisches.“ – 1. Kor. 5:5; 1. Tim. 1:20
„… dem Widersacher keinen Anlass geben zur Lästerung; denn schon haben sich etliche abgewandt, dem Satan nach.“ – 1. Tim. 5:14, 15
„Und es geschah eines Tages, da kamen die Söhne Gottes, um sich vor Jehova zu stellen; und auch Satan kam in ihrer Mitte.“ – Hiob 1:6-12; 2:1-7
„Und er ließ mich den Hohenpriester Josua sehen, der vor dem Engel Jehovas stand; und der Satan stand zu seiner Rechten, ihm zu widerstehen. Und Jehova sprach zu Satan: Jehova schelte dich, Satan! Ja, es schelte dich Jehova, der Jerusalem erwählt hat!“ – Sach. 3:1, 2
Als unser Herr sagte: „Gehe hinweg, Satan!“ und wiederum, als er zu Petrus sagte: „Gehe hinter mich, Satan! du bist mir ein Ärgernis; denn du sinnest nicht auf das, was Gottes ist“ (Matth. 4:10; 16:23), da gab er damit zu verstehen, dass Satan, weil er zu Gott im Widerspruch steht, Widersacher aller derer ist, die mit Gott in Einklang stehen. Und Petri Aussage, der Teufel gehe umher wie ein brüllender Löwe und suche, welchen er verschlinge, scheint zu verstehen geben zu wollen, dass der Teufel nicht nur der Herauswahl, sondern der ganzen Menschheit Feind ist. Unser Herr bezeichnete ihn direkt als einen solchen. – Joh. 12:31; 14:30; 16:11
Wir tun wohl daran, die Erklärung unseres Herrn, dass der Satan der große Widersacher nicht nur Gottes, sondern auch der Menschheit ist, nicht als eine Wahnvorstellung, sondern als Wahrheit zu betrachten. Er ist der Widersacher besonders der Herauswahl in einem anderen Sinne als das Fleisch oder die Welt. Unser Fleisch macht der Neuen Schöpfung Schwierigkeiten, nicht aus Hass oder Erbitterung gegen sie, nicht um ihr zeitlichen oder ewigen Schaden beizufügen, sondern einfach, weil es Dinge begehrt, welche von den Interessen der Neuen Schöpfung durchkreuzt werden und die mit deren Aussichten unvereinbar sind. Der Widerstand der Welt wiederum ist nicht böswillig, sondern nur selbstisch; die Welt sieht die Dinge in einem anderen Lichte als wir und verfolgt allerlei selbstsüchtige Ziele. Satan allein ist absichtlicher, arglistiger Verschwörer, und er braucht seine die des Menschen überragende Intelligenz und, soweit es zugelassen, auch seine die des Menschen überragende Macht, um unser gefallenes Fleisch in seine eigenen Gelüste zu verstricken. Oft dienen ihm auch, ohne dass sie es wissen, Kinder dieser Welt als Werkzeuge in seinem Kampfe gegen Gerechtigkeit und Wahrheit, gegen die, welche aus der Wahrheit sind.
Er war ein Lügner und Mörder von Anfang
– Joh. 8:44 –
Nach dem wiederholten Bericht der Schrift war Satan der erste Empörer gegen das göttliche Gesetz und verleitete aus Herrschsucht unsere ersten Eltern zum Ungehorsam. Seit Adams Fall ist der Teufel der unversöhnliche Widersacher Gottes, seiner Gerechtigkeit und Wahrheit, der Irreführer der Menschheit geblieben, und sein ganzes Dichten und Trachten war auf die Vereitelung des großen Wiederaussöhnungsplanes gerichtet, den Gott entworfen hat und durch Christum hinausführen lässt. Der Teufel scheint unter den Engeln keine Mitverschwörer gehabt und vielmehr beabsichtigt zu haben, sich auf der Erde ein Reich zu gründen, mit Gottes jüngster Schöpfung, den Menschen, als Untertanen. Aus der Hand seines Schöpfers war der Satan sicher vollkommen und aufrichtig hervorgegangen, selber ein Bild Gottes; denn alle Werke Gottes sind vollkommen (5. Mose 32:4; Eph. 3:9), und Gott hat für Recht und Gerechtigkeit nur einerlei Maßstab.
Aber gerecht erschaffen werden und gerecht bleiben ist nicht dasselbe. Gott hat keines seiner intelligenten Geschöpfe als Maschine erschaffen, die keiner Veränderung ihrer Denk- und Handlungsweise fähig wäre. Es war vielmehr Gottes Wohlgefallen, alle sittlich bewussten und denkfähigen Wesen nach seinem Bilde zu erschaffen, befähigt, seinem Beispiel gemäß dem Rechten, Wahren, Reinen, Guten nachzujagen, aber auch sich gegen seine gerechten Gesetze zu empören und auf eigenen Wegen zu wandeln. Allein Beherrscher der Situation ist Gott dadurch geblieben, dass er die Verleihung ewigen Lebens sich selbst vorbehalten hat; er hat die Macht, diejenigen unter seinen Geschöpfen zu vernichten, welche seinen gerechten Anforderungen Anerkennung und Gehorsam verweigern. Auch ist es seine Absicht, solche in das Nichts, aus dem er sie gezogen, zurückkehren zu lassen und nur solchen ewiges Leben zu gewähren, deren Herzen mit seinen Forderungen einverstanden sind.
Unter den Engeln hohen Ranges (zu denen ursprünglich Satan zählte) bestand wohl von jeher und besteht wohl noch jetzt eine bestimmte Rangordnung; aber die Beziehungen unter ihnen sind Liebe und Eintracht in der Ausführung der Befehle Gottes. Vielleicht Jahrtausende lang wussten sie nichts als Güte, Liebe, Freundlichkeit, Gehorsam gegen Gott, und darum waren sie glücklich. Allein als die Zeit dazu gekommen war, trat ein neuer Zug im Plane Gottes in Erscheinung: Der Mensch wurde erschaffen, ein von den Engeln verschiedenes, ihnen um ein Kleines untergeordnetes, aber wie sie, denkfähiges Wesen, von der Erde statt vom Himmel, Fleisch statt Geist, mit einem eigenen, von dem der Engel getrennten Wohnplatze (der Erde) und mit der Befähigung, sich zu mehren, eine Familie zu gründen. Diese letztere Befähigung geht den Engeln ab; sie haben kein Geschlecht und stammen nicht einer vom anderen ab. So staunten sie wohl über diesen neuen Beweis der Allmacht Gottes, und ihrer Denkfähigkeit war ein neues Gebiet zur Betätigung eröffnet.
Beim Nachdenken über die mit dieser neuesten Schöpfung Gottes verbundenen Möglichkeit kam nun einem jener Engel höheren Ranges, welcher selbstsüchtige und ehrgeizige Gedanken hatte in sich aufkommen lassen, die Idee, dass, wenn es ihm gelänge, das neu erschaffene Menschenpaar zu fangen und Gott zu entfremden, er ein eigenes Reich gründen könnte, in welchem er selbst Gott oder Fürst sein und an Jehovas Statt verehrt werden könnte. Seitdem dieser Erzengel so frevelhaften Strebens sich schuldig machte, trug er den Namen „Satan“, d.h. Widersacher. Er strebte nicht nach Herrschaft über die Engel. Das wäre ein aussichtsloses Bemühen gewesen, da ja alle Engel Gott selber kannten und in Satan nur ihresgleichen sahen. Sie hätten mithin nicht auf den Gedanken kommen können, seine Diener und Anhänger zu werden, um so weniger, als es ihnen unter der gerechten, liebevollen und weisen Herrschaft Jehovas des Allmächtigen sehr gut ging, und es sie mithin nicht nach einem Wechsel gelüsten konnte.
Kaum hatte Satan der Selbstsucht und dem Ehrgeiz Zutritt zu seinem Herzen gegeben, als er auch sofort Gott dieselben selbstsüchtigen und ehrgeizigen Absichten zutraute, die er selbst hatte. Das böse Herz ist also immer bereit, anderen Böses zuzutrauen, seien sie noch so rein, ehrenhaft und wohlwollend. Ohne Zweifel rechtfertigte Satan anfänglich vor sich selbst seine Verirrung dadurch, dass er Gott zutraute, er habe die Menschen deshalb ein wenig geringer gemacht als die Engel und ihm deshalb die Erde als ausschließlichen Wohnplatz angewiesen, um ihn desto leichter und sicherer in der Sklaverei zu erhalten. Nachdem Satan einmal diesen neidischen, aufrührerischen, unheiligen Gedanken Zutritt zu seinem Herzen gegeben, war der weitere Schritt zu offener Auflehnung und Sünde wider Gott nur noch eine Frage der Zeit.
Möglicherweise geschah es in der irrigen Meinung, einem Unterdrückten zu seinem Rechte zu verhelfen, dass Satan Eva zu verstehen gab, das Verbot, von einem bestimmten Baume zu essen, sei ein Willkürakt Gottes, und sie und Adam sollten sich dadurch in der Freiheit, auf die sie Anspruch hätten, und die zu ihrem Vorteil sei, nicht beschränken lassen. Er brachte Eva auf den möglicherweise in seinem Herzen schon festgewurzelten Gedanken, dass Gott sie betrogen habe, als er den Menschen sagte, das Essen von der verbotenen Frucht werde ihre Vernichtung, ihren Tod, nach sich ziehen. Satan hatte den Tod eines im Bilde Gottes geschaffenen intelligenten Wesens nie gesehen; und darum mutete er in seines Herzens nunmehriger Verkehrtheit Gott nicht nur böse Absichten wider seine Geschöpfe zu, sondern beschuldigte ihn direkt, dass er seine Geschöpfe belüge, um sie in Unwissenheit zu erhalten und um so leichter seiner Willkürherrschaft zu unterwerfen.
Die böse Saat ging alsbald auf in Evas Herzen. Bis jetzt war sie dankbar gewesen und hatte Gottes Gnadengaben hochgeschätzt, hatte in Gott den Urquell der Wahrheit, des Wohlwollens, der Liebe, kurz den Urquell von allem gesehen, was lieblich ist. Nun erwachte in ihr der Gedanke, sie sei betrogen worden, sie sei eines Teiles ihrer Freiheit beraubt worden, damit sie ihre Kenntnisse nicht noch mehr bereichern könne, sei von einem Versuch in dieser Richtung dadurch abgeschreckt worden, dass sie und ihr Mann für den Fall des Essens von der verbotenen Frucht mit dem Tode bedroht wurden. Da sei dieser neu entdeckte Freund, Satan, doch ein viel besseres Wesen; er liebte sie mehr, gönne ihnen alles, habe ihr Wohlergehen im Auge, wolle ihre Freiheit wahren, wolle ihnen zu den Vorteilen verhelfen, welche der Genuss der verbotenen Frucht gewähre, die also nicht töte, sondern klug mache. So wurde Selbstsucht und Habsucht in Evas Herz gepflanzt, in welchem bisher solche Gefühle nicht Raum gefunden hatten, weil sie keine Erfahrungen gemacht hatte, die sie hätten erwecken können.
Seine böse, im Paradies verwirklichte Absicht schied Satan von Gott. Sein ganzes Dichten und Trachten ging darauf aus, das Menschengeschlecht einzufangen, um es zu seinem Untertan zu machen. Er mag ja diese Absicht als das löbliche Bestreben bezeichnet haben, die Menschen aus der Willkürherrschaft Gottes zu befreien. Er war wohl nicht weniger enttäuscht als Eva, als er die Folgen der Übertretung sah: Den Ausschluss des Menschen vom Paradiese, den Entzug der Frucht des Lebensbaumes, die ersten und später sich mehrenden Spuren des Zerfalls, des langsamen Dahinsterbens. Adam wurde nach Pauli Zeugnis darin nicht getäuscht; er wusste, was seiner im Falle des Ungehorsams wartete. Seine Teilnahme an der Übertretung Evas war eine freiwillige; wir können sie fast als Selbstmord bezeichnen. Der Gedanke, dass sein Weib nun sterben müsse, weil sie von der verbotenen Frucht gegessen, war ihm schrecklich; diese Aussicht bedeutete für ihn den Entzug alles Glücks, und darum entschloss er sich, mit ihr zu sterben. Hätte er Gottes Charakter besser verstanden, wie sich dieser in seinem großen Wiederaussöhnungsplane offenbart, so hätte er wohl Vertrauen genug zu Gott gehabt, um zu glauben, er werde ihm aus der Schwierigkeit heraushelfen, und wäre um jeden Preis gehorsam geblieben.
Doch nun zurück zu Satan. Nachdem er einmal eine falsche Richtung eingeschlagen, scheint jeder Schritt auf seinem Wege ihn weiter und weiter von der Gerechtigkeit hinweggeführt zu haben. Bei seiner ersten Lüge: „Ihr werdet mit Nichten des Todes sterben“, mag noch ein gutes Stück guter Glaube mitgewirkt haben. Seither jedoch, und auch heutzutage noch, sucht er mit allen Mitteln den Glauben an seine erste Lüge zu erhalten und den Menschen vorzumachen, dass es keinen Tod des Menschen gebe, dass die Gestorbenen vielmehr weiterleben und lebendiger sind als zuvor. Es ist immer die alte Lüge, wenn auch in neuem Gewande. Niemand weiß besser als Satan, dass der Tod wirklich ist, dass die ganze Menschheit ihm verfallen ist. Aber auch niemand weiß besser als er, dass, wenn die Menschheit die Wahrheit erkennen würde, dass der Tod der Sünde Sold, dass das Lösegeld unsere Schuld bezahlt, und dass der Menschheit eine Wiederherstellung verheißen ist, diese Erkenntnis die Menschheit mit ihrem gerechten und barmherzigen Schöpfer wieder aussöhnen würde.
Das gilt es zu verhindern. Darum füllt Satan die Einbildungskraft der Menschen mit ganz unrichtigen Vorstellungen vom Charakter und Plan Gottes. Er will nicht, dass die Menschen einsehen, dass der Tod und der damit verbundene geistige, sittliche und leibliche Zerfall Folgen des Ungehorsams gegen Gott sind, eine Folge davon, dass Eva seiner Lüge ein williges Ohr geliehen. Er will vielmehr, und hat es auch bei vielen dazu gebracht, dass die Menschen denken, der große Jehova, der sich selbst für die Verkörperung der Liebe und der Gerechtigkeit ausgibt, habe bei der Erschaffung des Menschen in ebenso liebloser wie ungerechter Weise beabsichtigt, weitaus die meisten Menschen (alle Unbekehrten – d. Übers.), Tausende von Millionen, einer ewigen Qual entgegenzuführen und nur eine „kleine Herde“ herrlich zu machen, um an ihr zu zeigen, was er an denen zu tun Macht habe, denen er wohlwollend gesinnt sei.
Mit dieser und mancher anderen Täuscherei hat der Widersacher 6000 Jahre lang das Urteil der Menschen getrübt und den lebendigen Gott und die Wahrheit dem Menschenherzen entfremdet, wie geschrieben steht: „Der Gott dieser Welt hat den Sinn der Ungläubigen verblendet, damit ihnen nicht ausstrahle der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher das Bild Gottes ist.“ (2. Kor. 4:4) Denn dieser Lichtglanz würde das Dunkel der Unwissenheit und des Missverständnisses verscheuchen, und die Menschen erkennen lassen, wie geduldig, freundlich, gerecht und barmherzig der himmlische Vater ist.
Wo die im Geiste und in der Wahrheit verstandene Bibel ihr Licht scheinen lässt, steht Satans auf das Dunkel berechnete Täuschung in Gefahr, als solche erkannt zu werden. Die Wahrheit ist tausendmal vernunftgemäßer als Satans Irrlehre und würde seiner rasch Meister, wenn er nicht so überaus listig wäre und durch häufigen Kulissen- oder Kostümwechsel seine alte Lüge immer wieder unter neuen Formen und Verhältnissen erscheinen ließe, um, wenn es möglich wäre, selbst die Auserwählten zu täuschen. Eine seiner ersten, gewaltigsten und erfolgreichsten Taten war die Schaffung des großen antichristlichen Systems, des Papsttums, jener Verzerrung der wahren Kirche und des Reiches Gottes, durch die er in der Namenchristenheit unter falschem Namen zu regieren vermocht hat. Im Lichte der freiheitlicheren Gegenwart erscheint jene Zeit den Menschen als das „finstere Mittelalter“, in welchem Gewalttätigkeit, Aberglaube, unausgesetzte schreckliche Verfolgung derer, die Gott ihrem eigenen Gewissen gemäß verehren wollten, vorherrschten, und wo die Verfolgung um so grausamer wurde, je treuer und mutvoller jemand sein Licht vor den Menschen leuchten ließ. So teuflisch war dieses große System in seinem Vorgehen und seinem Einfluss, so trefflich schattete es Satans List und Ehrgeiz und Täuscherei ab, dass der Herr es als das Bild des Satans beschreibt. Es war auch sein Statthalter, wiewohl es vorgab, Statthalter Christi zu sein. – Band 2, Kap. 9
Die Weissagung handelt häufig von Satan und seinem Statthalter auf Erden, den, wer Augensalbe vom Herrn gekauft hat, in den Bildern der Prophetensprache leicht zu erkennen vermag. So bezieht sich die Beschreibung, welche Jesaja von der Befreiung des natürlichen Israels vom Joche Babels gibt, auch auf die Befreiung des gegenbildlichen Israels von der Herrschaft des gegenwärtigen Babels (des Antichristen), und die Beschreibung vom Emporsteigen und Fall des natürlichen Babylons sowohl auf die Bestrebungen Satans und deren Ende als auch auf das Emporkommen und den Sturz des Antichristen.
Wir lesen in Jes. 14:12-17: „Wie bist du vom Himmel gefallen, du Glanzstern, Sohn der Morgenröte! zur Erde gefällt, Überwältiger der Nationen! und du, du sprachst in deinem Herzen: Zum Himmel will ich hinaufsteigen, hoch über die Sterne Gottes meinen Thron erheben, und mich niedersetzen auf den Versammlungsberg (das Königreich des Volkes Gottes) im äußersten Norden. (Die nördlich gelegenen Plejaden betrachtet man seit längerer Zeit als das Zentrum des Universums, den Thron Jehovas.) Ich will hinauffahren auf Wolkenhöhen, mich gleich machen dem Höchsten. Doch in den Scheol wirst du hinabgestürzt, in die tiefste Grube. Die dich sehen, betrachten dich, schauen dich an: Ist das der Mann, der die Erde beben machte, Königreiche erschütterte; der den Erdkreis der Wüste gleich machte und dessen Städte niederriss, dessen Gefangene nicht in die Heimat entließ?“
Wie Babylon sich selbst erhöhte über die Königreiche der Erde, so auch das Papsttum, der Antichrist. Er versuchte, die Völker zu weiden mit eiserner Rute und behauptete ein Recht darauf zu haben, weil er an Christi Statt stehe. Wie Babylon zu Fall gebracht wurde, so harrt auch der großen Babylon, der Mutter der Huren, der endgültige Sturz, von dem sie sich nimmer erheben soll. War der Ehrgeiz und die Herrschsucht beider Babel auch so groß, so war doch Satans Herrschsucht und Ehrgeiz noch größer: er wollte größer sein als die anderen Geschöpfe Gottes; er wollte ein eigenes Reich und eigene Untertanen haben; er wollte neben Gott regieren und auf der Erde herrschen, wie Gott im Himmel herrscht. Allein wie die beiden Babel, so wird auch dieses Reich nicht auf ewig bestehen. Sein Fürst wird zunächst tausend Jahre gebunden werden, während welcher Zeit der Erlöser herrschen, den Fluch aufheben und die Welt segnen wird; aber hernach wird dieser Fürst vernichtet werden mit allen seinen Engeln, seinen Boten, denen, die sich seiner Führung anvertrauten und auf seinem bösen Pfade wandeln. – Matth. 25:41; Hebr. 2:14; Offb. 20:10
Satans Genossen – Legionen von Dämonen
Im Anfang seiner Auflehnung gegen Gott scheint Satan keine Parteigenossen unter den Engeln gehabt zu haben, wenigstens sagt die Schrift nichts davon, jedoch deutet sie an, dass „die damalige Welt“ (vor der Sintflut) den Engeln anvertraut worden war. (Hebr. 2:5) Dies geschah, weil sie mit Gottes Regiment einverstanden waren und den Versuch machen wollten, den weiteren Fall der Menschen aufzuhalten und diese wieder mit Gott auszusöhnen. Damals lernten die Engel kennen, was Sünde, Ungehorsam gegen Gott und sittliche Mängel sind. Das war eine Erprobung für sie, indem sie sahen, dass es möglich ist, auf bösem Wege zu wandeln, den Willen Gottes nicht zu erfüllen, dass es auf diesem bösen Wege Vorteile und Annehmlichkeiten gibt:
„Des Lasters Bahn ist Anfangs zwar
Ein Weg durch blüh’nde Auen.“
Ob die Engel ihn wohl wählen oder dem großen Jehova ergeben bleiben würden? Die Schrift belehrt uns, dass einige dieser Engel, die bis dahin heilig waren, Übertreter wurden und in Sünde fielen. Judas und Petrus reden von diesen Engeln, die ihre Behausung (Natur, ihren ersten, ursprünglichen Zustand) nicht bewahrten, und darum von Gott ihrer Freiheit beraubt, in Ketten der Finsternis geschlagen worden seien und aufbewahrt würden für den noch zukünftigen großen Tag des Gerichtes, an dem auch ihr Fall zur Verhandlung kommen werde. – 2. Petr. 2:4; Judas 6
Von den heilig gebliebenen Engeln seither getrennt, heißen diese gefallenen Engel nunmehr Dämonen oder Teufel, und Satan ist ihr Oberster, ihr Anführer; und wie dieser, so sind auch sie jetzt damit beschäftigt, Unheil unter den Menschen anzurichten. Da sie zu Gutem nicht verwendet werden und ganz sich selbst überlassen sind, darf es uns nicht wundern, dass ihre Bosheit und Verderbtheit groß wurde, und dass sie Satans Lüge: „Ihr werdet mit Nichten des Todes sterben“, getreulich weiter verbreitet haben. Schon bald nach der Flut wahrscheinlich begannen die Dämonen, die Menschen durch falsche Religion zu entsittlichen. Da sie selbst der Freiheit oder Fähigkeit beraubt waren, als Menschen zu erscheinen, fanden sie bald unter den gefallenen Menschen jene heraus, die bereit waren, ihnen als ihre Agenten oder Medien zu dienen, ihre Leiber in ihren (der Dämonen) Dienst zu stellen. Diese menschlichen Vermittler des Verkehrs zwischen der Menschheit und der Dämonenwelt galten früher als Wahrsager, Zauberer, Hexen, Totembeschwörer, Priester falscher Religionen. Die Heilige Schrift erzählt verschiedene ihrer Versuche, das Volk Israel, welches Gott für einige Zeit zu seinem Vertreter auf Erden bestellte, in ihre Gewalt zu bekommen. Nicht umsonst warnten die heiligen Propheten von Moses an vor ihnen, und der Beruf des Geisterbeschwörers wurde im Volke Israel bei Todesstrafe verboten.
Der Mensch ist, weil zum Bilde Gottes bestimmt, ein zur Freiheit und Unabhängigkeit bestimmtes Wesen. Diese Freiheit kommt ihm auch in sittlicher Beziehung zu. So sehr er der Sklave seiner Begierden oder seiner Mitmenschen werden kann – sein Wille bleibt frei, er hat Gewalt über seinen Geist. Wenn er ihn dem Willen des Herrn unterwerfen will, so kann er es; wenn er ihn einem bösen Einfluss unterwerfen will, so kann er es auch; wenn er weder Gott noch der Bosheit die Herrschaft gönnen will, so hat er dazu auch Macht, soweit seine Körper- und Geisteskräfte reichen. Allein diese Kräfte sind durch den Fall erheblich vermindert; sein Urteil, seine Erkenntnis, seine Denkfähigkeit sind getrübt; darum läuft seine sittliche Unabhängigkeit Gefahr, wenn er von betrügerischen Geistern und „Lehren der Dämonen“ angegriffen wird, als was die Schrift den bösen Einfluss in der Welt bezeichnet. (1. Tim. 4:1) Es ist daher keineswegs verwunderlich, dass diese bösen Geister zu jeder Zeit und an jedem Ort Menschen gefunden haben, die sich in ihren Dienst stellten. Sie richteten dabei ihr Augenmerk vor allem auf die geistig Befähigtesten, um durch sie Einfluss auf die Massen ausüben zu können. Bei den Heiden finden wir unter den Priestern, Wahrsagern und Geisterbeschwörern die begabtesten Menschen. In den „christlichen“ Ländern heißen die Agenten der bösen Geister spiritistische Medien oder Verkehrsvermittler, und die Bezeichnung ist überaus zutreffend, ob nun der Verkehr mit der Geisterwelt durch Klopfen, Schreiben oder Reden vermittelt wird.
Zu allen Zeiten haben die bösen Geister durch ihre Medien die Lehre verbreiten lassen, sie seien verstorbene Menschen, und nur ausnahmsweise sind sie keck genug, sich als das zu geben, was sie sind, als Dämonen. (1. Kor. 10:20) Indem sie sich für verstorbene Menschen ausgeben, erreichen sie mannigfaltige Zwecke:
1. Sie stützen die alte Lüge: „Ihr werdet mit Nichten des Todes sterben.“
2. Durch diese Lüge verblenden sie den menschlichen Sinn, so dass er die gute Botschaft von den Gnadenvorkehrungen Gottes nicht erreichen kann.
3. Der Rückkauf, die Wiederherstellung des Menschen von der Sünde und ihrem Solde, dem Tode, erscheint infolge dieser Teufelslehre als unvernünftig, sinnlos. Ihre Lehre, dass nicht der Tod, sondern ewige Qual der Sold der Sünde sei, ist nicht nur eine Lästerung Gottes, dem dadurch Ungerechtigkeit und Grausamkeit zugetraut wird, sondern sie macht auch die biblische Lehre vom Lösegelde lächerlich, indem selbst der Verstand des natürlichen Menschen erfassen kann, dass Christi Sterben auf Golgatha das Geschlecht nicht von der ewigen Qual freikaufen könnte, weil das Lösegeld alsdann in keinem Verhältnis zur Strafe gestanden hätte.
4. Die Lehre von der Auferstehung, auf welche in 1. Kor. 15 so großes Gewicht gelegt wird, erscheint als unnütz und unverständig. Wenn es keine Toten gibt, so kann es auch keine Auferstehung der Toten geben. Wenn alle beim Sterben lebendiger werden als zuvor und (die „Bekehrten“, „Frommen“, Kirchgänger usw. – der Übers.) in den Himmel kommen und es besser haben denn zuvor, wozu bedarf es dann einer Auferstehung? Warum wird dann die Auferstehung von der Schrift als unsere einzige Hoffnung hingestellt?
5. Diese Lehre bereitet verstrickenden Irrtümern den Weg. Unter den Heiden hat die Lehre der Seelenwanderung wunderliche Gestalt gewonnen. Es gibt manche, die glauben, die angebliche „unsterbliche“ Seele des Menschen werde, nachdem sie einige Zeit ohne Leib weiter existiert habe, in verschiedene Tiere (Hunde, Katzen, Pferde, Kühe, Ratten, Mäuse usw.) hineingeboren, oder, wenn sie dessen würdig, komme sie in bessere Verhältnisse.
6. In der Namenchristenheit hat diese Lehre ihre teuflischste Gestalt gewonnen. Sie wurde der Ausgangspunkt des größten Aberglaubens, dessen die wahren Christen sich aufs kräftigste erwehren mussten. Niemals hätte die gotteslästerliche Lehre von der ewigen Qual aufgestellt, verbreitet und geglaubt werden können, wenn nicht zuvor die Lüge Satans, die Teufelslehre von der Unsterblichkeit der Seele, von der bewussten Fortexistenz der Verstorbenen, von der Fähigkeit, etwas zu empfinden, sich in den Köpfen festgesetzt hätte. Die Lehre vom Fegefeuer stellt auch auf diese Fortexistenz und Empfindungsfähigkeit der Verstorbenen ab; und dank dieser konnte der Antichrist Messen und Gebete für die Verstorbenen verkaufen und bei diesem Geschäft reich werden und dabei die Menschheit in beständiger Furcht und in verkehrten Anschauungen über den Charakter und die Absichten Gottes erhalten.
7. Obwohl nun in der Reformation das Papsttum an Macht einbüsste, so blieb doch die grundlegende Teufelslehre von der Unsterblichkeit der Seele bestehen und die Dämonen fuhren fort, unter allen Nationen Kundgebungen zu veranstalten, welche das Fortleben nach dem Tode beweisen sollten. Die Reformatoren blieben im Banne dieser Lehre, und so wurde sie auch im Protestantismus die Grundlage aller Schwierigkeiten und Irrtümer, mit denen sich die verschiedenen Gemeinschaften seither abgemüht haben. Sie hat sie in großem Maße dem Lichte des Wortes Gottes gegenüber verblendet und sie verhindert, „völlig zu erfassen mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe der Liebe Gottes sei.“ – Eph. 3:18
8. In den letzten fünfzig Jahren hat sie in Anpassung an die neuen Zustände die Rolle des Lichtträgers der Kirche angenommen und geheuchelt, alle Wahrheitshungrigen zu leiten. Darin ist sie dem für sie im Worte Gottes bezeichneten Charakter getreu, denn der Apostel erklärt: „Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichtes an.“ – 2. Kor. 11:14
9. Der Spiritismus ist nicht erfolgreich im Einfangen der Mehrheit der Christen gewesen. Obwohl sie durch die falsche Lehre, dass ihre toten Freunde lebendig seien, gehemmt werden, so haben die Christen im allgemeinen doch auf irgendeine Art instinktiv erkannt, dass die Medien (die besten Hilfsmittel, die Satan bekommen konnte) nicht die Mittel sind, die Gott gebrauchen würde, um Auskunft zu geben und Kanäle der Gemeinschaft zwischen ihnen und ihren Freunden, die sie irrtümlicherweise als lebendig und ihnen häufig, wenn auch ungesehen, nahe glauben, zu sein; folglich hat der große Widersacher, während er dem Spiritismus erlaubte, so viele wie möglich zusammenzubringen und zu halten und zum Bösen zu verführen, es für nötig gehalten, noch spitzfindigere Versuchungen, noch genauere Nachahmungen wahren Christentums einzuführen, unter dem Namen von
„Christliche Wissenschaft“ und „Theosophie“
Diese Systeme, die eine Hochachtung vor dem Worte Gottes vortäuschen und ohne an Christum als ihren Erlöser zu glauben, seinen Namen missbrauchen, werden als Lockvögel für solche Christen gebraucht, die in der gegenwärtigen Zeit erwachen, um ihre Begierde nach etwas Neuem und Besserem als die Hülsen menschlicher Überlieferungen, von denen sie sich so lange genährt haben, zu befriedigen. Sie behaupten, ihre Nachfolger mit wissenschaftlicher Wahrheit zu füttern, während sie Wahrheit und Wissenschaft in jedem Sinne des Wortes unbeachtet lassen.
10. Da der Widersacher gewahrt, dass die Wiederherstellung bald Platz greifen wird, so versucht er, die Aufmerksamkeit der Menschen von dem göttlichen Plane, von dem die Wiederherstellung ein Teil ist, abzuziehen durch vorübergehende Wiederherstellung einzelner Individuen durch die Geheimmittel der „Scientisten“, „Theosophen“ und „Hellseher“. Diese Nachahmungen, die verhindern sollen, dass der Glaube an das Lösegeld, die bleidende Erlösung und die Wiederherstellung zum Durchbruch gelange, sind in unseren Augen Beweise dafür, dass Satans Täuschereien im Begriffe sind, bei denkenden Christen nicht mehr zu verfangen, dass sein Reich erschüttert ist und bald verfallen wird. Der Tausendjahrtag für die Menschheit bricht an und beleuchtet vor den Augen der Welt die Gaukelkünste der großen Verfechters des Truges, Wahnes und Irrtums, die daher immer offener der Namenkirche, dem Antichristen, den Rücken wendet, ohne freilich zunächst den Weg zum Leben zu finden. Gott sei gepriesen, dass Satan demnächst für tausend Jahre gebunden und verhindert werden wird, die Menschheit weiter zu täuschen, dass das Tausendjahrreich Christi Licht verbreiten und die ganze Erde mit der Erkenntnis der Wahrheit erfüllen wird, wie Wasser den Meeresgrund bedeckt.
In der Heidenwelt gewahren wir auf den ersten Blick das Zerstörungswerk der Dämonen in der Verkommenheit der Völker, deren Geistesfreiheit in die Fesseln der Zauberer und Wahrsager geschlagen ist. Die Schrift gibt uns Beispiele dafür, wie die gute Botschaft vom Reiche Christi auf diese gefallenen Geister wirkt; sie bezeugt auch, dass einzig das Licht der Wahrheit die Welt zu erleuchten und die Nacht zu verscheuchen vermag, in die der Widersacher die Menschheit gebracht hat. Daher die Angst der Dämonen in den Besessenen vor dem Heilande der Welt. Merke auch auf den in Apg. 19:18-20 verzeichneten Bericht: „Viele von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und verkündigten ihre Taten. Viele aber von denen, welche vorwitzige Künste getrieben hatten, trugen die Bücher zusammen und verbrannten sie vor allen; und sie berechneten den Wert derselben und fanden ihn zu fünfzigtausend Stück Silber. Also wuchs das Wort des Herrn mit Macht und nahm überhand.“
Die Apostel hatten beständig mit diesen bösen Geistern zu kämpfen, die zuweilen der guten Botschaft zu widerstehen suchten, im allgemeinen jedoch gewahrten, dass sie der durch die Apostel wirkenden geistigen Gewalt nicht gewachsen waren. Bei einer Gelegenheit suchte ein böser Geist Verbindung mit der guten Botschaft und veranlasste daher sein Medium, den Aposteln zu folgen und wiederholt auszurufen: „Diese Menschen sind Knechte Gottes, des Höchsten, die euch den Weg des Heils verkündigen.“ Ob dieser Dämon die Lehre der Apostel in die Gesellschaft des Dämonismus oder Spiritismus bringen, oder nur die Bevölkerung erregen und einen den Aposteln feindlichen Auflauf herbeiführen wollte, das wissen wir nicht. Wohl aber belehrt uns die Schrift, dass die Apostel darüber völlig im Klaren waren, wer in diesen „Medien“ wirkte: nämlich nicht angeblich unsterbliche Seelen verstorbener Menschen, sondern böse Geister, gefallene Engel. Und diese selbst wussten das so gut, dass sie vor den Aposteln niemals ihre Identität verleugneten. – Apg. 16:16-19; 19:15; Jak. 2:19
Zur Zeit des Herrn Jesu fanden die bösen Geister unter den Juden manche bereit, sie aufzunehmen. Das waren die Besessenen, die oft, wenn zuviel Dämonen Wohnung bei ihnen machten, epileptisch wurden oder den Verstand verloren, indem die bösen Geister jede geistige Fähigkeit des Leibes des Besessenen mit Beschlag belegten. Viele von diesen Besessenen heilte der Herr und ebenso auch die von ihm mit Kraft von oben ausgerüsteten Jünger. Besonders interessant sind die Stellen in Luk. 4:34-37 und Matth. 8:28-33, aus denen hervorgeht, dass die bösen Geister nicht nur keinen Versuch machten, ihre Identität zu verleugnen, wenn sie mit dem Herrn redeten, sondern überhaupt seine Macht über sie erkannten und ihrer Erwartung Ausdruck gaben, dass er einmal ihrer Gefangenschaft ein Ende machen, über sie zu Gericht sitzen und ihren Fall endgültig entscheiden werde.
„Unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut (allein)“
Aus dem Vorhergehenden erkennen wir, dass Satan und die mit ihm verbundenen gefallenen Engel die Großmacht sind, welche in den Menschen und durch Menschen Gott und seinem Wiederaussöhnungsplane entgegenwirkt, dessen Ausführung mit der Menschwerdung und in der Darangabe seines Sohnes als „Lösegeld für alle“ ihren Anfang nahm. Darum sagt auch der Apostel: „Unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern.“ (Eph. 6:12) Da nun der Mensch so gar nicht imstande ist, sich selbst des listigen Widersachers zu erwehren (die meisten vielmehr von seinen Lügen und Täuschereien betört werden und sie für Wahrheit halten), und da selbst das auserwählte Volk des Herrn den gelegten Schlingen Satans nur in dem Maße entrinnen kann, als es dem Herrn treu ergeben bleibt und auf sein Wort achtet, und solchen wird besondere Hilfe zuteil und Erlösung vom Übel (Befreiung vom Irrglauben an eine unsterbliche Seele und deren ewige Qual in einer Feuerhölle), welches sonst auch die Auserwählten ereilen und irreführen würde – da dies so ist, so entsteht ganz natürlich die Frage: Warum lässt Gott zu, dass der große Widersacher die Menschen derart verführt mit schwer erkennbaren Irrtümern, falschen Lehren, und bis zu einem Grade zur Unterstützung derselben sogar mit Wundern (als da sind die Kundgebungen der bösen Geister auf Befehl der Spiritisten, welche in der Absicht gegeben sind, des Teufels Lehre zu unterstützen, dass die Gestorbenen nicht tot sind, nicht schlafen, sondern ihre „vom Leibe befreiten Seelen“ zu leben und bewusst zu sein fortfahren?
Die einzige befriedigende Antwort auf diese Frage ist, dass Gott im gegenwärtigen Zeitalter gar nicht versucht, die ganze Welt mit sich auszusöhnen, gar keinen Versuch macht, die ganze Menschheit wieder mit sich selbst in Einklang zu bringen, sondern nur eine Herauswahl aus dem ganzen zurückgekauften Geschlecht sucht: Die Neue Schöpfung, die kleine Herde derer, welche ihre Berufung und Erwählung unter göttlicher Aufsicht festmachen, indem sie im Herzen Abbilder des geliebten Sohnes Gottes, ihres Käufers, ihres Herrn, ihres Bräutigams, werden. Erst im Tausendjährigen Reich wird der Welt klar gemacht werden, wie sehr der Widersacher sie getäuscht hat. Erst dann wird sie lernen, dass alle anderen Geister außer dem Geist der Wahrheit den Menschen herabwürdigen. Alle werden alsdann erkennen, wie sehr Satan sie getäuscht und in allerlei falschen Vorstellungen gefangen gehalten (2. Tim. 2:26), wie sehr der Gott dieser Welt sie verblendet hat gegen das wahre Licht, in welchem durch Christum der Charakter Gottes als das erscheint, was er ist. (2. Kor. 4:4) Alsdann werden die Menschen lernen: 1. dass Gott der wahre Freund aller seiner Geschöpfe ist, und dass seine Gesetze deren Wohlbefinden im Auge haben; 2. dass das Böse ein tiefeingewurzeltes Übel ist, wie sie es an Satan, an den gefallenen Engeln, an sich selbst haben erfahren können; 3. dass in ihrem gefallenen Zustande ihr Urteil unzuverlässig, ihre Kenntnis unzulänglich gewesen ist, und dass ihnen darum Licht wie Finsternis und Finsternis wie Licht vorkam, gut als böse und böse als gut erschien. Diese Belehrung durch Erfahrung wird von bleibendem Werte sein (ihr Rauch, d.h. die Erinnerung daran, wird aufsteigen in die Zeitalter der Zeitalter, und die Menschheit wird alsdann lernen, mehr auf Gottes Weisheit, Macht und Güte zu vertrauen.
Der Zweck des Bösen
Unterdessen dienen diese Verirrungen und Wahnvorstellungen dazu, die Menschen in der Knechtschaft zu halten zu einer Zeit, da sie noch nicht imstande sind, von der Freiheit einen richtigen Gebrauch zu machen. Denn nur vollkommene Menschen, Menschen, in denen Gottes Abbild verwirklicht ist, welche von Gott sich leiten lassen, sind befähigt, die Freiheit zu ihrem Vorteil zu benutzen. Das zeigt die Geschichte gewisser Revolutionen, welche auf den Dichter Schiller einen so tiefem Eindruck machten, dass er schrieb:
„Wehe denen, die dem ewig Blinden
Des Lichtes Himmelsfackeln leihn;
Sie scheint ihm nicht, sie kann nur zünden
Und äschert Städt‘ und Länder ein.“
Unterdessen richtet sich der Widerstand Satans, der gefallenen Engel und der von ihnen missleiteten Welt gegen die Wahrheit und ihre Diener, und dieser Widerstand wird um so heftiger, je eifriger und fester auf der anderen Seite zur Wahrheit gestanden wird. Unser königlicher Meister, der treueste aller Diener des lebendigen Gottes, sagte ja zu denen, die in seinen Fußspuren wandeln würden: „Wenn die Welt euch hasst, so wisset, dass sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum hasst euch die Welt.“ (Joh. 15:18, 19) Es ist mithin ganz natürlich, dass „alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, verfolgt werden.“ (2. Tim 3:12) Und diese Verfolgung und dieser Widerstand der Welt, des Fleisches und des Teufels sind in Gottes Hand Hammer und Meißel zur Zubereitung der lebendigen Bausteine zu seinem Tempel, zur Heran- und Ausbildung der Neuen Schöpfungen.
Gott gebraucht diese Werkzeuge, die ihm sein eigener Widersacher verschafft, und bringt es dazu, dass die Wut und der Widerstand (der Menschen und der Dämonen) „ihn preisen“, indem die Widrigkeiten und Prüfungen der Herauswahl für „uns“ ein weit überwiegendes und ewiges Gewicht von Herrlichkeit bewirken. (2. Kor. 4:17) Die Behauung der Bausteine muss dem Zusammenfügen derselben zum Tempel vorausgehen, und, Gott sei Dank, dieses Zusammenfügen steht unmittelbar bevor und wird zur Folge haben, dass alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden – und zwar so viele, wie mit dem Herrn wieder ausgesöhnt werden wollen. Wenn Gottes Kinder einmal erkannt haben, dass der Widerstand, den ihnen Nebenmenschen entgegenstellen, zum großen Teil die Folge des Falles, des Wahnglaubens und der Blindheit ist, die der große Widersacher Gottes und Feind der Gerechtigkeit in ihnen erzeugt hat, dann können sie Erbarmen fühlen nicht nur für die Welt im allgemeinen, sondern auch gerade für die, „welche sie beleidigen und verfolgen“. Weit entfernt, auf Rache zu sinnen, werden sie ihre Feinde lieben, denen wohl tun, die sie verfolgen, indem ihnen klar ist, dass ihre Peiniger im vollsten und wahrsten Sinne des Wortes „nicht wissen, was sie tun“.
Unter den Menschen, welche von der Aussöhnung mit Gott nichts wissen wollen, erkennen wir manche, die auf verschiedene Weise und aus verschiedenen Beweggründen Direkt Mitarbeiter des großen Widersachers sind, der alles tut, was er kann, um die Aussöhnung der Menschen mit Gott zu verhüten. Wenn wir die Bordellhalter, Kneipwirte, Spielhöllenhalter, die Fetischpriester, Medien und Wahrsager in erster Linie dazu zählen würden, so fänden wir wohl die Zustimmung großer Massen. Aber in Gottes Augen tragen die führenden Geister in der zivilisierten Welt, diejenigen, die dem Lichte der Wahrheit widerstehen, aber dabei vorgeben, ihr zu dienen, weitaus die größte Verantwortlichkeit. Sie sind Satans beste Werkzeuge, freilich oft, ohne es zu wissen. – Apg. 3:17
Wir hoffen, dass viele von denen, die während des ganzen Evangeliums-Zeitalters und auch jetzt noch der Wahrheit, nachdem sie damit in Berührung gekommen sind, widerstanden und widerstehen, dies teilweise aus Blindheit taten und tun, wie der Apostel von denen sagt, die den Heiland gekreuzigt haben: „Ich weiß, dass ihr in Unwissenheit gehandelt habt, gleichwie auch eure Obersten.“ (Apg. 3:17) Dies gestattet uns, auf die einstige Erleuchtung selbst der heftigsten Gegner der Wahrheit zu hoffen, seien sie Evolutionisten, Theosophen, Spiritisten oder Scientisten, Katholiken oder Protestanten. Bedenklicher erscheint uns der Fall derer, welche durch die gegenwärtige Wahrheit erleuchtet wurden, dann aber aus Ehrgeiz, Eifersucht oder Hochmut mit dem Wunsche, selbst etwas zu sein, dem Erntewerk Gottes zu widerstehen beginnen, Universalisten werden, die Lehre vom Lösegelde und die durch die zweite Gegenwart des Herrn geschaffene Lage aus den Augen verlieren. Zu richten haben wir freilich niemanden; wohl aber ist es heilsam, uns vor solchen Abwegen zu fürchten, eingedenk der Worte des Apostels: „Es ist unmöglich, diejenigen, welche einmal erleuchtet waren und geschmeckt haben die himmlische Gabe und teilhaftig geworden sind des Heiligen Geistes, und geschmeckt haben das gute Wort Gottes und die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters, und abgefallen sind, wiederum zur Buße zu erneuern, indem sie den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigen und ihn der Schmach preisgeben.“ (Hebr. 6:4-6) Es ist heilsam für uns zu wissen, dass die Voraussagungen der Schrift in Erfüllung gehen, damit wir keine Gemeinschaft haben mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, dieselben vielmehr missbilligen, den Umgang mit solchen meiden, die nicht nach der Apostel Lehre wandeln und nicht den einst den Heiligen überlieferten Glauben noch den Geist desselben festhalten. Denn alle solche stehen auf der Seite Satans, widerstehen dem Herrn und seinem Plan, dessen Mittel- oder Angelpunkt das Lösegeld, die Wiederaussöhnung ist. – 2. Petr. 2:21; 2. Thess. 3:6; Juda 3
Bedenken wir, wie bereits in Band 5 Kap. 5, ausgeführt worden ist, dass die Versuchungen, welche an den Herrn herantraten, aufs deutlichste die Versuchungen andeuten, denen die Neuen Schöpfungen ausgesetzt sind.
Die Einflüsterung des Widersachers
Eine Einflüsterung des Widersachers, die mit den Neigungen des Feindes sehr gut zu harmonieren scheint, ist die, dass der Schutz, dessen sich die Neue Schöpfung seitens Gottes erfreut, ihr zeitliches Wohl in allen Stücken fördern müsse. Das ist ein Gedanke des natürlichen Menschen, in der Schrift findet sich aber hierin kein Anhaltspunkt, und nur die Schrift darf Richtschnur der Denkweise der Neuen Schöpfung sein. Der alte Mensch besteht darauf, dass die Aufnahme in die Familie Gottes und die daran sich knüpfende Verheißung der Miterbschaft mit Jesu Christo den Segen und die Gunst Gottes in allen zeitlichen Dingen selbstverständlich machen. Am hartnäckigsten argumentiert das Fleisch hinsichtlich der Gesundheit: „Warum sollten unsere darangegebenen sterblichen Leiber krank, schmerzertragend sein? Gott sendet uns doch gewiss keine Schmerzen und Leiden; somit sind sie vom Teufel. Sind sie demnach nicht ein Zeichen, dass Gott uns seine Gunst entzogen hat, und sollten wir nicht um Befreiung davon beten?“
Der Widersacher sucht auf mancherlei Weise eine bejahende Antwort auf diese Frage – ob Krankheit ein Beweis verlorener Gunst bei Gott sei – herbeizuführen, und zwar in einer Weise, die gar nicht vermuten lässt, dass er die Hand im Spiele hat. Er gibt ein, die Anwendung von Heilmitteln werde einen Mangel an Glauben zu Gott beweisen; um Gottes Gunst wiederzufinden, sei es notwendig, sich nur auf das Gebet des Glaubens zu verlassen; das Volk Israel habe dieses Vorrecht auch gehabt und davon Gebrauch gemacht, wie viel mehr sollte demnach das geistliche Israel es so halten, Gott allein als seinen Heiler anzuerkennen! Mormonen und Scientisten, Anhänger Dowies, Blumenhardts, Zellers usw., argumentieren alle so, um, wenn es möglich wäre, selbst die Auserwählten irrezuführen, zu fangen, ihre Aufmerksamkeit von der Wahrheit abzulenken.
Die Interessen der Neuen Schöpfung und die des sterblichen Leibes, in dem sie wohnt, stehen einander oft entgegen. David sagt: „Bevor ich gedemütigt ward, irrte ich.“ Die Neue Schöpfung, nicht ihr sterblicher Leib, ist ein Adoptivkind Gottes; die Darangabe des aus Glauben gerechtfertigten Fleisches ist die Vorbedingung zu unserer Neuzeugung, unserer Aufnahme in die Familie Gottes. Israel nach dem Fleische hatte zeitliche Verheißungen, die die Verhältnisse, wie sie im Tausendjahrreiche auf Erden herrschen werden, vorschatteten. – 2. Mose 15:26; 3. Mose 26:3-15; 5. Mose 28:1-14
Es gehört zur Schulung der Neuen Schöpfungen, dass sie hinsichtlich irdischer Dinge im Glauben und nicht im Schauen wandeln, dass sie Verfolgung erdulden, Selbstverleugnung üben, und dass sie, obwohl die Wahrheit redend, als Lügner gelten, obwohl (im Glauben) alles besitzend, als Nichtbesitzende, obwohl weise in Gottes Augen, töricht in Menschenaugen sind. Und das alles in einem Maße, dass auch von ihnen bis zu einem gewissen Grade gelten könnte: „Wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt.“ Der Prophet erklärt: „Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden.“ Unsere Heilung, d.h. Gerechtmachung, ist unserer Annahme als Glieder am Leibe Christi vorausgegangen, und unsere Aufnahme auf die höhere Stufe der Sohnschaft und Miterbschaft ist an die Bedingung geknüpft, dass „wir mit leiden“, dass „wir ergänzen in unserem Fleische, was noch rückständig ist von den Drangsalen des Christus.“ – Jes. 53:4, 5; Röm. 8:17; Kol. 1:24
Unser Herr freilich war selbst nie krank; denn er war vollkommen. Aber es steht geschrieben, dass er des Menschen Schwachheit zu schmecken bekam, dass er der Menschen Krankheit auf sich nahm; die Schwachheiten des Menschen nahmen die Stelle der Kraft ein, die von ihm ausging, und mit der er die Menge der Kranken heilte. – Hebr. 4:15; Matth. 8:17; Luk. 6:19
So auch müssen wir als Unterpriester die Leiden der Welt zu schmecken bekommen, bevor wir ihre Könige, Priester und Richter werden können. Aber es ist hierzu weder nötig noch möglich, dass wir viel von unserer Lebenskraft an andere abgeben und deren Schwachheiten und Krankheiten auf uns nehmen. Wir bekommen die Folgen des Falles ohnedies zu schmecken, denn dem Fleische nach sind wir Kinder des Zornes gleich wie andere und gehören mit diesen zu der seufzenden Schöpfung. Die Abgabe von Lebenskraft seitens unseres Herrn geschah nicht zugunsten der Herauswahl; eine solche konnte es nicht geben, bevor nicht das Sühnopfer vollbracht, dem Vater dargebracht und von ihm angenommen war, was erst zu Pfingsten bekundet wurde. Bevor die Jünger nicht den Heiligen Geist empfangen hatten, war es nutzlos, zu versuchen, ihnen von himmlischem Dingen zu reden. (Joh. 3:12; 16:13; 1. Kor. 2:10-12) So wurde denn unseres Herrn Lebenskraft ausgegeben in Gestalt von Gleichnissen, die später unter Anleitung des Heiligen Geistes verstanden werden sollten, insbesondere aber in Gestalt von Heilungen körperlicher Krankheiten und Gebrechen, um damit die großartigen Heilungen vorzuschatten, an denen wir jetzt schon und im kommenden Königreiche Anteil haben können; die Öffnung der Augen des Verständnisses, das Werk, den sittlich Toten die Stimme des Herrn vernehmlich zu machen, und ihnen so zu ermöglichen, ein neues Leben zu beginnen. So können wir unser Leben darangeben im Dienste der Brüder und zu ihren Gunsten ergänzen, was rückständig ist von den Drangsalen des Christus. – 1. Joh. 3:16; Kol. 1:24
Es ist nicht zulässig, die Worte ihres Inhaltes zu berauben und zu denken, das Darangeben unseres Lebens für die Brüder koste uns keine Lebenskraft und die Trübsale des Christus kein Leiden. Wir sehen aus den Tatsachen, dass der Herr müde war, dass die Kraft von ihm ausging, dass er unsere Schwachheit zu schmecken bekam. Darum dürfen wir nicht hoffen, dass es uns in irdischer Beziehung besser gehe als der Welt; sondern wir müssen vielmehr erwarten, Verluste zu erdulden, mit ihm zu leiden. Das gilt nicht nur hinsichtlich der Ehre vor den Menschen, nicht nur von Geld und Gut, – unser Meister und seine Apostel gehörten auch nicht zu den Großen dieses Zeitlaufes und wurden oder blieben arm, indem sie bereit waren, uns durch ihre Armut reich zu machen – sondern das gilt auch von der Gesundheit, wie es das häufige Unwohlsein des Timotheus, Pauli „Pfahl im Fleisch“ und des Epaphroditus Krankheit beweisen. Gewiss in dem Sinne, dass Satan die Sünde erfunden, und dass die Sünde nicht ohne Folgen geblieben ist, waren diese Leiden vom Teufel; aber sie waren es in keinem anderen Sinne als die Gefängnisstrafen, die Schläge, der Schiffbruch oder die Hinrichtung. Satan war wahrscheinlich, direkt oder indirekt, Bringer aller dieser äußerlichen Leiden, wie sie unter den Menschen zu finden sind. Aber die Apostel, wenn ihnen solches widerfuhr, schlossen daraus nicht, dass sie aus Gottes Gunst gefallen seien, sondern lobpreisen ihn dafür, indem sie es als ein Teil der Leiden um Christi und der Wahrheit willen ansahen, und je mehr ihre Leiden die ihrer Mitmenschen übertrafen, um so mehr freuten sie sich, indem sie daran dachten, dass ihre künftige Herrlichkeit auch entsprechend größer sein würde.
Allein wir müssen wohl unterscheiden zwischen Leiden um der Wahrheit willen und Leiden für begangenes Unrecht. Der Apostel gibt zu verstehen, dass viel Leiden herrührt von einem Einmischen in anderer Leute Angelegenheiten und von anderen Verfehlungen, zu denen wir Unmäßigkeit (Phil. 3:19) und Mangel an Selbstbeherrschung zählen möchten. Über Leiden aus solcher Quelle sollte sich keiner freuen, sondern solche sind vielmehr ein Gegenstand der Trauer, des Betens und Fastens, zur Ausübung strammerer Selbstzucht. Wenn aber irgendein Leiden die Folge eifriger Benutzung einer Gelegenheit zum Dienste Gottes ist und die Welt uns deswegen schmäht, dann wollen wir uns nicht schämen, sondern Gott um solcher Trübsale willen lobpreisen als solche, die würdig erachtet worden sind, um Christi willen zu leiden.
Leiden, die nicht von Sünde oder Selbstsucht herrühren, dürfen mit Geduld und Danksagung getragen werden als Unterricht im Mitleid mit der seufzenden Schöpfung und Hoffen auf die Aufhebung des Fluches beim Anbruch des siebenten Tausendjahrtages. Die richtige Herzensstellung zu Gott übt gewiss einen sehr guten Einfluss auf unsere ganze Lebenshaltung aus; aber sie vermag nicht unsere durch den Fall beschädigten Leiber neu zu schaffen, wiederherzustellen, es sei denn durch ein direktes Wunder. Und Gott wird Wunder nicht verrichten, welche uns verleiten würden, im Schauen anstatt im Glauben zu wandeln, und die eine Menschenklasse in die Herauswahl hineinziehen würden, die Gott noch nicht anzuziehen sucht. Er macht uns aus Glauben gerecht, er rechnet uns zwar als seien wir vollkommen, lässt uns aber in unserem unvollkommenen Zustande. Die richtige Herzensstellung macht nicht, dass wir Hitze oder Kälte, Hunger und Durst nicht empfinden; sie macht nur, dass wir es, wenn es unvermeidlich ist, geduldig ertragen im Vertrauen auf unseren himmlischen Vater und seine Verheißungen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, wenn sie mit Geduld und Glauben ertragen werden.
Sollten wir nun aber, im Gegensatze zur Welt, keine Medikamente brauchen, um unsere Leiden zu erleichtern? Sollte die Neue Schöpfung ihren Glauben durch solche Enthaltung beweisen? Keineswegs. Gott handelt im Evangeliums-Zeitalter mit seinem Volke nicht nach dem Fleische; er sieht in ihm nur die Neue Schöpfung; „das Fleisch ist nichts nütze“; wir haben es ohnehin darangegeben zur Vernichtung; was unserer Neuen Schöpfung wohl bekommt, ist unser größtes Interesse. Und da nun unser adamischer Leib vorläufig das einzige Werkzeug unserer Neuen Schöpfung ist, so haben wir das Recht, dieses Werkzeug in tunlichst bestem Zustande zu erhalten, damit wir unseren Opferdienst dem Weihegelübde gemäß verrichten können. Hunger und Durst sollten wir stets auf eine Weise stillen, die uns zur höchstmöglichen Leistung befähigt. Durch dem Herrn wohlgefällige Kleidung dürfen und sollen wir Schutz gegen die Kälte suchen. Sind wir krank, so hat der Herr allerlei heilsame Kräuter wachsen lassen, um es uns zu erleichtern; zu diesen sollen wir unsere Zuflucht nehmen, nicht zu Hellsehern, Scientisten, Magnetiseuren und anderen Zauberern dieser Art, die unsere Leiden durch Beeinflussung mit Hilfe des Widersachers wegzaubern und uns damit der Gefahr aussetzen, in die Schlingen des Teufels zu fallen. Die Neue Schöpfung hat hinsichtlich der Pflege ihres armen gebrechlichen, sterblichen Leibes genau dieselben Rechte wie der natürliche Mensch. Ja, es ist Pflicht eines jeden Wesens, für seinen Leib Sorge zu tragen; diese Pflicht ist im Falle der Neuen Schöpfung noch verschärft, indem sie den Leib dem Herrn zum Opfer geweiht hat bis in den Tod und nun dieses Opfer so groß wie möglich machen soll.
Zwischen selbst bereiteten Salben und Apothekerwaren, eigenen Maßnahmen und ärztlicher Hilfe einen Unterschied zu machen, hat keinen Sinn. Ist es recht, sich selbst zu helfen, so ist es auch kein Unrecht, Arzt und Apotheker zu Hilfe zu nehmen. Mit demselben Recht müsste man es sonst ablehnen, sich mit anderen als selbstgefertigten Kleidern gegen die Kälte zu schützen oder mit anderem als selbstgefertigtem Brote eigener Aussaat den Hunger zu stillen. Oder ist es etwa Sünde, einen Bruder oder Nachbarn oder einen fremden Arzt zu Rate zu ziehen, wenn man krank ist, während gegen die Inanspruchnahme des Schneiders, Sämanns, Bäckers oder Fleischers nichts einzuwenden wäre? Gewiss nicht! Nicht, dass wir beständige Anwendung von Apothekertränklein und Pillen empfehlen möchten, was sehr leicht in üble Gewohnheit ausartet, wir ermuntern nur zum Gebrauch unseres gesunden Menschenverstandes. Erhaltung der Gesundheit durch richtige Auswahl der Nahrung ist natürlich immer in erster Linie zu beobachten. „Lasset eure Mäßigkeit kund werden allen Menschen.“ Diese Ermahnung an die Neue Schöpfung gilt sowohl hinsichtlich der Nahrung als auch der Arzneien.
Was taten Jesus und seine Apostel? Nie heilten sie Glieder der Herauswahl, soweit das Neue Testament berichtet. Oder ist einzig die Art, wie die Kranken von Jesu geheilt wurden, diejenige, in der wir geheilt werden dürfen? Nimmermehr; nicht die Geheilten, sondern ihr Heiler ist unser Vorbild. Weil Jesus die Volksmenge auf wunderbare Weise speiste, sollten wir erwarten, dass er auch uns so ernähre? Nimmermehr! Im Gegenteil, er hat uns ein ganz anderes Beispiel gegeben, indem er ablehnte, die göttliche Wunderkraft für seine eigene Bequemlichkeit in Anspruch zu nehmen. (Matth. 4:2-4; 26:53) Wie er seine Jünger aussandte, um Brot zu kaufen, wenn ihn hungerte, wie er sich am Brunnen oder anderswo setzte, wenn er müde war, wie er nicht um Befreiung von der Beschwerde bat, die ihm das Schmecken unserer Schwachheiten verursachte, sondern sie als einen Teil seines Opfers freudig auf sich nahm, so sollten wir es auch in allen diesen Dingen halten.
Ja noch mehr: unser Herr gibt zu verstehen, dass die Zuhilfenahme der Wunderkraft zur Befriedigung eigener zeitlicher Bedürfnisse sündiger Missbrauch einer ihm zu anderen Zwecken verliehenen Macht gewesen wäre. Den göttlichen Schutz gegen diesen oder jenen Teil des Sterbevorganges anzurufen, wäre Sünde, Bundesbruch, Zurücknahme der geweihten Opfergaben gewesen. „Wenn jemand sich zurückzieht, so wird meine Seele kein Wohlgefallen an ihm haben.“ – Hebr. 10:38
Für die Herauswahl gilt dasselbe, denn sie wandelt in des Anführers Fußspuren. Göttliche Hilfe zugunsten unserer in den Tod geweihten sterblichen Leiber anzurufen wäre ein Abweichen von unseren Bundespflichten, da wir alle unsere durch Jesu kostbares Blut für uns erworbenen Ansprüche auf die Wiederherstellung als Menschen preisgegeben haben, um als Neue Schöpfungen den Lauf nach dem Kleinod der Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit mitmachen zu dürfen. Um Rückgabe des Preisgegebenen beten würde einem Wunsche entsprechen, das Opfer zurückzunehmen, den Bund aufzugeben und auf das himmlische Erbe unserer Neuen Schöpfungen zu verzichten. Diese Ansicht über das Beten um die irdischen Dinge ist vielleicht dem einen oder anderen neu; diesem oder jenem mag auch das Gewissen schlagen bei dem Gedanken, dass er so gebetet, ja dass Gott ihm den Wunsch erfüllt habe. Sollte das bedeuten, dass sie hinfort vom Laufe nach dem Kleinod ausgeschlossen sind? Wir denken, nein, und halten dafür, dass, wie irdische Eltern mit unwissenden Kindlein geduldig sind und Langmut üben, auch Gott unabsichtliche Irrungen übersieht und auf die Denkungsart, die sich im Beten offenbart, nicht auf den Wortlaut des Gebetes achtet. Und wie irdische Eltern gelegentlich einer unpassenden Bitte des Kindleins ihm diese gewähren, so, glauben wir, hat Gott oftmals den Glauben seiner Kinder der Erhörung gewürdigt, auch wenn er unrichtig angewendet wurde. Wenn wir aber in der Gnade und Erkenntnis wachsen, so wird unpassendes, den Bundespflichten zuwiderlaufendes Beten Sünde, ein Zeichen unseres Abwendens von der Bevorrechtung, deren Gott uns gewürdigt, ein Zeichen unseres Bundesbruches werden.
Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen
– Jak. 5:14-16 –
Auf diese Stelle, sowie auf Mark. 16:17, 18 stützen sich diejenigen, welche der Meinung sind, die Neue Schöpfung solle sich im Krankheitsfalle einzig auf die Macht Gottes, zu heilen, verlassen. Bekanntlich ist nun aber der Schluss des Evangeliums Markus (von V. 9 an) unecht; er ist eine spätere Ergänzung, etwa aus dem 5. Jahrhundert. Die Stelle im Jakobusbrief zeigt, dass die dort erwähnte Krankheit, eine Strafe für Sünde war, nicht ein unbedeutendes Unwohlsein, sondern eine schwere Krankheit, welche das Zusammenberufen der Ältesten der Versammlung rechtfertigte. Aus der gedachten Situation scheint hervorzugehen, dass Jakobus Fälle im Auge hatte, bei denen der Sünde soweit Zutritt gewährt wurde, dass der kranke Sünder sich von Gott abgeschnitten fühlte. In solcher Lage gilt es: „Bekennet denn einander die Vergehungen und betet für einander. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen (oder: retten, nämlich aus dem Abgeschnittensein), und der Herr wird ihn aufrichten (zum Zeichen wieder gewährter Gunst gesund machen), und obschon er Sünden getan hat, so wird ihm vergeben werden.“ – Jak. 5:15, 16
Wenn Satan den Satan austreibt, so kann sein Reich nicht bestehen.
– Matth. 12:26 –
Als bei der ersten Gegenwart die Pharisäer unseren Herrn beschuldigten, er treibe die Dämonen aus durch Satans Macht, so gab seine Antwort deutlich zu verstehen, dass solches bei Satan wohl möglich wäre, dass es aber nicht wahrscheinlich sei. Zu diesem Mittel, seine Herrschaft zu erhalten, würde er erst greifen, wenn es mit seiner Macht bald zu Ende gehe, wenn er kein anderes Mittel mehr zur Verfügung haben werde, um die Menschen zu täuschen. Wir bezeichnen nun nicht kurzweg alle Gebetsheilungen und ähnliche Wunder als teuflisch, aber wir empfehlen dringend, sich die Personen oder Organisationen, welche Wunder verrichten zu können vorgeben, genau anzusehen, ob sie aus Gott sind. Der Neuen Schöpfung gilt der Rat: „Prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“ – oder aus Satan. Stellet sie auf die Probe und verhaltet euch ihnen gegenüber, je nachdem diese Probe ausgefallen ist. – 1. Joh. 4:1
Zur Gründung der Herauswahl (im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung) bedurfte es der Wunder zur Kundmachung der Macht Gottes. Für die Gegenwart kann die Notwendigkeit der Wunder nicht mehr behauptet werden, nachdem die Herauswahl längst gegründet ist und bald vollzählig sein wird. Hingegen weist der Apostel auf das Ende des Zeitalters hin, wenn er von Satan sagt, er werde sich gebärden wie ein Engel des Lichts (als ein Bote des Friedens, der Heilung) und den Irrtum überaus täuschend gestalten. Ferner setzt der Apostel voraus, dass Gott dieser Täuscherei viel Erfolg lassen wird, alle irrezuführen, die auf der Erde wohnen, sofern ihre Namen nicht geschrieben sind im Lebensbuche des Lammes. „Deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrtums, dass sie der Lüge glauben, auf dass alle gerichtet (d.h. erkennbar) werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit (am Irrtum).“ Macht und alle Zeichen und Wunder der Lüge und Betrug der Ungerechtigkeit (des Irrtums) sind fällig am Ende des Zeitalters. (2. Thess. 2:9-12) Und der Her selber sagt: „Viele werden sagen an jenem Tage (des Gerichtes, der Rache – der Übers.): Herr, Herr! haben wir nicht durch deinen Namen geweissagt (gepredigt) und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan (Kranke geheilt usw.)? und dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt; weichet von mir, ihr Übeltäter!“ – Matth. 7:22, 23
Es ist gewiss an der Zeit, dass alle, deren Augen des Verständnisses aufgetan worden sind, sodass sie erkennen, dass wir am Ende des Zeitalters, wo die Erfüllung aller dieser Weissagungen fällig ist, leben, sich danach umsehen und imstande sind, in den Irrlehren und Lügenwundern mitten in der Namenchristenheit diese Erfüllung zu erkennen.
Allein wie können wir uns dessen vergewissern, dass alle diese Wunder Satans Betrügereien und nicht von Gott sind? Durch Anlegen des Maßstabes der Schrift: „Wenn sie nicht nach diesem (nämlich Gottes) Worte reden, so ist es, weil kein Licht in ihnen ist.“ (Jes. 8:20) Ihr Abweichen vom Worte ist mannigfach, bald in diesem bald in jenem Punkte. Die meisten dieser Geister sind leicht daran erkennbar, dass sie die Grundlehre des Evangeliums, das Lösegeld, verwerfen. Natürlich tun sie dies nicht direkt; um zu täuschen, geben sie sogar vor, an die Notwendigkeit und Wirksamkeit des großen Sühnopfers auf Golgatha zu glauben, weil dank desselben die Sünden vergeben werden und die Aussöhnung mit dem Vater stattfinden könne. Allein das wird diejenigen auf die Dauer nicht täuschen, welche sich erinnern, dass das griechische mit „Lösegeld“ übersetzte Wort buchstäblich „entsprechender Preis“ oder „entsprechender Kaufpreis“ bezeichnet. Dieser Prüfstein der göttlichem Wahrheit wird bald offenbar machen, dass die Evolutionstheorie das Gegenteil der Wahrheit ist, weil sie leugnet, dass der Fall stattgefunden hat und eine Wiederaufrichtung aller nötig macht. An diesem Prüfstein ist die Antichristlichkeit der christlichen Wissenschaft sofort erkennbar, indem dieselbe lehrt, die Sünde, der Tod und alle Übel seien nicht wirklich, sondern Wahnvorstellungen. Dieser Prüfstein lässt erkennen, dass es ein Irrtum ist, zu glauben, dass Gott der Urheber des Bösen, der Sünde sei. Denn die ganze Bibel zeigt, dass Gott ein Feind der Sünde ist und seit Jahrtausenden einem bestimmten Plane gemäß handelt, um die Menschen, gemäß dem Plane der Erlösung, der in den Zeiten der Wiederherstellung vor aller Augen zu Ende geführt werden wird, aus den Banden der Sünde und des Todes zu befreien.
Doch was sollen wir von denen sagen, die Gottes heiligen Namen durch Lehren von Dämonen lästern, indem sie verkünden, dass für die große Mehrheit der Menschen eine Ewigkeit in Qualen vorgesehen ist, während die Schrift im Gegenteil sagt, dass sie in ihren „Gräbern“ auf die verheißene Segnung aller Geschlechter der Erde warten? Wenn solche Leute Heilungen vollbringen „in meinem Namen“, sollen wir da annehmen, dass der Herr ihre gotteslästerlichen Lehren gutheißt? Nimmermehr! Der große Tausendjahrtag bricht herein, und mit ihm schwindet jede Entschuldigung für so große Finsternis mehr und mehr. Von solchen können wir nicht glauben, dass sie zu denen gehören, die der Apostel meint, wenn er schreibt: „Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, dass euch der Tag wie ein Dieb ergreife.“ Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sie ihre Wunderwerke ihrem Glauben an Christum als den bald kommenden König zuschreiben. Wer eine so gotteslästerliche Teufelslehre wie die von der ewigen Qual in den Mund nimmt oder im Herzen festhält, von dem glauben wir, dass seine Wunderwerke ebenso sehr vom Teufel sind, wie diejenigen der Scientisten und anderen Spiritisten.
Auch das lebhafte Interesse, das solche Namenchristen der Heidenmission entgegenbringen, sollte unsere allgemeine Anschauung in diesem Punkte nicht erschüttern. Freilich geben wir gerne zu (und hoffen es), dass viele Missionsfreunde wahre Kinder Gottes sind, die nur durch die Lehre von der Notwendigkeit der Bekehrung der Welt in diesem Zeitalter bezaubert worden sind, die aber binnen kurzem von diesem Wahn, der noch auf dem mystischen Babylon lastet, befreit werden dürften. Unser Herr hat bei seiner ersten Gegenwart von der Missionstätigkeit der Frommen gesagt: „Ihr durchziehet das Meer und das Trockene, um einen Proselyten zu machen; und wenn er es geworden ist, so machet ihr ihn zu einem Sohne der Gehenna, zwiefältig mehr als ihr!“ (Matth. 23:15) Welchen Nutzen können die Heiden davon haben, dass ihnen die Irrlehren des Widersachers beigebracht werden? Die wenigen, die von ihnen erreicht werden, werden einfach in der Zeit der Wiederherstellung sich einen Irrtum mehr abgewöhnen müssen. Wie zur Zeit der ersten Gegenwart, so gilt auch jetzt noch: „Ihr seid dessen Sklaven, dem ihr gehorcht.“ Satan wirkt viel in der Namenkirche, vom Lehrstuhl und von der Kanzel aus. Von ihm irregeführt, müssen die Obersten der Priester und Schriftgelehrten die Wahrheit, das Licht hassen (das ihre Verwirrung erkennbar macht) und es auszulöschen suchen.
„Gehet aus ihr (Babylon) hinaus mein Volk, auf dass ihr nicht ihrer Sünden mit teilhaftig werdet und nicht empfanget von ihren Plagen.“ – Offb. 18:4
Satans Reich ist am Einstürzen. (Matth. 12:26) Das Lüften des Schleiers der Unwissenheit, die Zunahme der Erkenntnis auf jedem Gebiet, macht es ihm unmöglich, die Menschen in mittelalterlichem Aberglauben gefangen zu halten. Er muss neue Täuschereien erfinden, damit die Menschen ihn nicht auf der Lüge ertappen und auf ihn zu horchen aufhören. Er ist daher äußerst tätig als scheinbarer „Engel des Lichts.“ Den einen predigt er Evolutionstheorie (wonach sich die Affen zu Menschen, die Menschen zu Engeln entwickeln); er gibt vor, die Heiden durch Furcht vor der Feuerhölle bekehren zu wollen; als ein Elias bot er sich selbst als der Wiederhersteller der Menschheit an; als Scientist überredet er die Menschen, sie hätten keine Schmerzen, und macht sie körperlich gesund, um ihre Begriffe um so mehr zu verwirren, sodass sie hernach Wahres und Falsches nicht mehr zu unterscheiden vermögen. Satan mag sich einbilden, er habe mit dem allem Erfolg; aber unser Herr sagte voraus, dass diese „Teufelsaustreibung“ durch Satan dem Einsturz des Reiches des Fürsten dieser Welt unmittelbar vorausgehen werde; dass er heute den Arzt und Heiler spielt, zeigt, dass sein Fall nicht mehr fern ist. Gott sei Dank, dass er in kurzem ganz gebunden werden wird, sodass er die Nationen nicht mehr wird täuschen, betrügen und irreführen können.
Liebet Gerechtigkeit, hasset Ungerechtigkeit
Um die Verfahrensweise Gottes mit der Neuen Schöpfung im gegenwärtigen Zeitalter völlig zu erfassen, müssen wir im Gedächtnis halten, dass nach seinem Ratschluss diejenigen, welche der Vollkommenheit der göttlichen Natur teilhaftig werden sollen, nicht nur die gute Absicht haben müssen, in dem Sinne, dass sie das Recht dem Unrecht vorziehen, sondern sie müssen auch aus eigener reichlicher Erfahrung die Annehmlichkeiten und Vorteile der Gerechtigkeit klar erfassen und richtig würdigen. Darum wird die Neue Schöpfung (in ihrem Embryo-Zustand) ganz besonderen Widrigkeiten und Erprobungen unterworfen, mehr als es seinerzeit die Engel wurden, und mehr als einst die übrigen der Menschen es sein werden – an ihrem tausendjährigen Gerichtstage. Soweit unsere Kenntnis reicht, hatten die Engel keine Erprobungen zu bestehen bis zu dem Augenblick, wo einer von ihnen vom rechten Wege abwich, nach selbständiger Herrschaft über die Erde strebte und dadurch der Teufel wurde. Aber wir dürfen wohl annehmen, dass der Fall der Menschheit in Sünde und Tod eine Erprobung für die Engel wurde, nicht nur für diejenigen, welche ihre erste Behausung (ursprüngliche Natur) verließen, sondern auch für die heilig gebliebenen. Es musste ihr Vertrauen auf die Macht Jehovas auf die Probe stellen, Zeugen zu sein, nicht allein der schrecklichen Folgen des Ungehorsams, sondern auch der scheinbaren Ohnmacht Gottes, ihnen zu steuern. Da kann in einem jeden von ihnen der Gedanke aufgetaucht sein, dass auch sie sündigen könnten, ohne dass Gott sie zu strafen vermöchte; und wenn sie nun (in ihrer Mehrzahl) gehorsam blieben, so zeigt das, dass ihre Herzensstellung die richtige war, dass sie demütig und der Gerechtigkeit zugetan waren. Jetzt sehen sie die Hauptlinien des Planes Gottes, wie der Christus ihn zur Ausführung bringen soll, und in kurzem wird die Durchführung dieses Planes ihr Vertrauen auf die Weisheit, Liebe, Gerechtigkeit und Macht vollauf rechtfertigen.
Diese Prüfung der Engel war jedoch in gewisser Hinsicht nicht so schwer wie diejenige, der die Neuen Schöpfungen in Christo Jesu unterworfen werden infolge ihres Wohnens im Fleische und ihrer aus diesem Grunde beständigen Berührung mit der menschlichen Unvollkommenheit. Dies stellt nicht nur Glaube und Liebe, sondern auch Geduld und Eifer auf eine große Probe, bis in den Tod. Auch die Prüfungen (das“Gericht“), denen die Welt im Tausendjahrreiche wird unterworfen werden, werden zwar unnachsichtlich und derart sein, dass offenbar werden wird, wer von Herzen zum Herrn und seiner Gerechtigkeit steht und wer nicht, werden sich aber dennoch wesentlich von den Prüfungen der Neuen Schöpfung unterscheiden, weil alsdann die Umgebung (die moralische Atmosphäre) die Entscheidung des Menschen für die Wahrheit und Gerechtigkeit und den Gehorsam ihr gegenüber begünstigen wird. Im Gegensatz hierzu erfahren die Neuen Schöpfungen im gegenwärtigen Zeitalter die Richtigkeit der Erklärung des Apostels, dass, wer gottselig leben wolle, zu leiden habe. Diese Bereitwilligkeit, zu leiden um des Herrn und seines Reiches willen, und der Glaube, der hierzu erforderlich ist, sind die Prüfsteine, an denen Gott erkennt, ob wir den für das himmlische Erbe unentbehrlichem Charakter besitzen. Was er über die Neuen Schöpfungen in ihrem Embryozustande kommen lässt, bezweckt deren Förderung in der Heiligkeit und in der Freudigkeit, um seiner Wahrheit und seinetwillen zu leiden, der Wahrheit zu dienen um den Preis aller irdischen Annehmlichkeiten, Ehren, Belohnungen, ja selbst um den Preis des Lebens.
Die mangelhafte Erkenntnis dieses Zuges im Plane Gottes stiftet bei manchen Verwirrung hinsichtlich Gottes vorsorglicher Art und Weise in der Behandlung der kleinen Herde. Es gibt Kinder Gottes, die nicht erkennen, dass, wie zur Zubereitung des Stahles, so auch zur Zubereitung seiner künftigen Werkzeuge bei der Wiederherstellung und Segnung der Menschheit die voraufgehende Härtung und Bewährung im Feuerofen der Trübsal unentbehrlich ist. Übel ist nie gut, und Gott ist nie der Urheber moralischen Übels, der Sünde; aber in seiner Weisheit und Macht vermag er die Dinge so zu überwalten, dass ihr Ende, ihre Wirkung gut wird. Wir haben z.B. eben gesehen, dass Gott den ersten gefallenen Engel nicht zum Sündigen veranlasste. Er hatte ihn, wie die anderen, vollkommen aufrichtig und rein erschaffen; er hatte ihm unter anderen Segnungen auch den freien Willen gegeben. Der Gebrauch desselben im Widerspruch zur göttlichen Ordnung machte aus dem einst heiligen Engel einen Widersacher, den Teufel. Der Allmächtige hätte nun den Fehlbaren sofort vernichten können; aber er sah voraus, wie nutzbringend für Engel und Menschen ein gründliches Schmecken und Beobachten des Bösen und seiner Folgen sein würde. Gott hätte ebenso die Sünde zu jeder Zeit ausrotten können, wie er es demnächst tun wird; allein er sah in seiner Weisheit voraus, wie selbst die Bosheit des Menschen, ohne es zu wollen und zu wissen, ihn verherrlichen werde. Gottes Kinder brauchen daher nichts zu fürchten; der Herr wird schließlich über Sünder und Sünde den Sieg davontragen. Sie können sich darauf verlassen, dass weder der Erzwidersacher, noch seine mehr oder weniger wissentlichen oder unwissentlichen Nachfolger eine endgültige Meisterschaft erringen werden. Der Plan Gottes ist schon soweit gediehen, dass nunmehr das große Geheimnis von der Zulassung des Bösen, dem Gedeihen der Sünde und der Sünder und ihres Widerstandes gegen Gott und seine Getreuen verständlich wird.
Lasst uns nicht vergessen, dass, wenn auch Krankheit und Tod auf den großen Widersacher zurückzuführen sind, indem er den Keim der Sünde in das Herz des Menschen pflanzte, Gott die Sache so überwaltet, dass die verschiedenen Teile des Fluches, der wegen der Sünde über die Menschheit kam, sowohl zum Besten der Welt als auch der Neuen Schöpfung dienen. Erstere lernt als seufzende Schöpfung, wie sündhaft und unheilbringend die Sünde ist; letztere muss als Braut und zukünftige Miterbin Christi das Leiden des Menschen zu schmecken bekommen, damit ihre Glieder mitfühlende, mitleidige Priester werden können, damit keiner sich finde in der heiligen Körperschaft, der nicht Erbarmen zu haben vermöchte. Alle werden aus Erfahrung wissen, was leiden heißt, und daher der armen Welt aufzuhelfen wissen, wenn die Zeit ihrer Heimsuchung, ihrer Auferweckung zum Gericht und ihrer Unterwerfung unter die Prüfungen des kommenden Zeitalters angebrochen sein wird. Unser Herr war auch im Fleische vollkommen: er hätte mithin unsere Schwachheiten nicht schmecken können, wenn er nicht die Kranken dadurch geheilt hätte, dass er ihnen von seiner Lebenskraft abgab und dafür Schwäche- und Schmerzgefühle der Kranken empfand. Wie geschrieben steht: „Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.“ (Matth. 8:17) Wer als Glied am Leibe (in der Körperschaft) Christi berufen ist, hat gewöhnlich wenig Lebenskraft auf wunderbare Weise zu vergeben; er schmeckt einfach die Schwachheiten, unter denen das Geschlecht zu leiden hat, in seinem eigenen Fleische, was ihn befähigt, Mitleid zu empfinden wegen des allgemein verbreiteten Elends.
Aus dem Vorhergehenden kann man erkennen, dass wir keineswegs der Meinung sind, dass die Glieder des Leibes Christi erwarten dürften, von den leiblichen, gesellschaftlichen oder geschäftlichem Widrigkeiten, die über die Welt kommen, verschont zu bleiben. Bei Israel nach dem Fleische war dies freilich der Fall. Ihr Lohn für Gesetzestreue bestand darin, dass sie von solchen Widrigkeiten, Leiden usw. verschont blieben; mit den Neuen Schöpfungen ist es ganz anders; bei ihnen, dem Samen Abrahams, sorgt Gott für das Wohlergehen nicht des Fleisches, sondern des Geistes (des himmlischen Embryos). Für sie wirken alle Dinge zu ihrem geistigen Wohle mit; Gottes Segen bleibt ihnen, solange sie Christo treu und gehorsam bleiben. Nichts kann in diesem Fall die Neue Schöpfung antasten; sie ist (wie jedes Embryo) vor allem Schädlichem geborgen. Aber ihr Glaube an die Vorsorglichkeit Gottes wird beständig auf die Probe gestellt, um zu erkennen, ob sie auch das Geistige höher schätzt als das Irdische. Der Zweck dieser Erprobung ist, sie dahin zu bringen, dass sie das Geistige immer höher schätzen und schließlich, wenn das Opfer des Irdischem völlig dargebracht ist, als vollkommene Neue Schöpfung geboren werden kann.
Wenn also die Neuen Schöpfungen in Christo Jesu finden, dass sie viel Feuer der Trübsal erdulden müssen, welcher Art es auch sei, so sollen sie darin Beweise ihrer Treue erkennen, Beweise dafür, dass Gott sie als Söhne ansieht, sie auf ihr Festhalten am Bunde hin prüft und befähigt, für ihre Vollendung im Geiste und für die zukünftige Herrlichkeit zubereitet zu werden. Wenn also Schwierigkeiten sie treffen, sollten sie nicht mit denselben Augen betrachtet werden wie die Schwierigkeiten, die über die Welt kommen. Mit den verschiedenen Unglücks- und Wechselfällen, die über die Welt kommen, hat der Herr nichts zu tun, wie dies der Heiland anlässlich der Niedermetzelung der Galiläer beim Opfer und des Einsturzes des Turmes von Siloam, der achtzehn Arbeiter begrub, erklärt hat. Solche Opfer bei Unglücksfällen sollten nicht als besondere Sünder angesehen werden. (Luk. 13:1-5) Gott lässt dem Zorne Satans und der Menschen innerhalb gewisser Schranken freie Bahn, soweit die Welt in Betracht kommt; hinsichtlich seiner Herauswahl aber hält er es anders. Nichts befällt sie von ungefähr. „Kostbar ist in den Augen Jehovas der Tod seiner Frommen.“ Nicht ein Haar kann von ihrem Haupte fallen ohne Vorwissen ihres Vaters im Himmel. (Psalm 116:15; Matth. 10:30) Darum erwiderte auch Jesus auf die Frage des Pilatus: „Weißt du nicht, dass ich Gewalt habe, dich loszugeben, und Gewalt habe, dich zu kreuzigen?“, mit den Worten: „Du hättest keinerlei Gewalt wider mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre.“ (Joh. 19:10, 11) Das gilt gleicherweise von jedem Gliede am Leibe Christi, vom Augenblicke seiner Zeugung als Neue Schöpfung an. Ja, wir haben allen Grund, anzunehmen, dass die besondere Fürsorge Gottes sich sogar über die Neuen Schöpfungen hinaus auf jene erstreckt, deren Leben und Interessen eng mit ihnen zusammenhängen. Wenn mithin die Neuen Schöpfungen Feuer der Trübsal erdulden, soll es sie nicht verwundern noch befremden, sondern sie sollten bedenken, dass schwere Erfahrungen über alle Glieder des Leibes Christi, vom Haupte an abwärts, gekommen sind und noch kommen werden, bis die letzten Fußglieder erprobt, gereinigt, angenommen und herrlich gemacht sein werden. Wenn solche Prüfungen in Gestalt von Widerstand und Verfolgung im Hause oder von Seiten früherer Freunde und sonst nahestehender Mitmenschen oder der Namenchristen, in Gestalt von geschäftlichem Ruin oder hoffnungsloser Armut, in Gestalt von Krankheit, Unfällen, Leiden aller Art über das Volk Gottes kommen, muss es zufrieden sein im festen Vertrauen darauf, dass der Vater es liebt und nur sein Bestes im Auge hat. Dieses feste Vertrauen ist ein Prüfstein unseres Glaubens. Ja, es stellt den Glauben derer, die berufen sind, im Glauben und nicht im Schauen zu wandeln, wenn sie einst als Überwinder gelten wollen, auf eine furchtbar harte Probe, wenn ihnen einerseits gesagt wird, sie seien Kinder und mithin Erben Gottes, und Gott sorge für sie, andererseits ihnen aber allerlei schwere Erfahrungen zustoßen. So lasst uns denn mit unerschütterlichem, liebendem Vertrauen aus Gottes Hand Tröstliches und Schweres entgegennehmen und daraus lernen, was der Herr uns klarzumachen beabsichtigt.
Diese Sicherheit, dass Gott um unser Bestes, hier wie dort, besorgt ist, sollte uns jedoch nicht gleichgültig machen hinsichtlich unserer zeitlichen Angelegenheiten. Wir sollen uns vielmehr als Verwalter von anvertrautem Gute betrachten, heiße dies Geld, Stellung oder Gesundheit; es ist uns gegeben, unser Möglichstes zu tun, um gesellschaftliche Gebrechen, wo wir sie treffen, zu heilen. Wir müssen freundlich und überlegt sein, und, soweit als möglich unsere Motive und Absichten verständlich machen, erklären und vor verkehrten Auslegungen schützen. Wir müssen jeden Schein von Aberglauben und Fanatismus vermeiden und so unserem Gott, seinem Charakter, seinem Worte und seiner Herauswahl vor denen, die draußen sind, eine Empfehlung sein. In dieser Weise sollen wir unser Licht leuchten lassen. In geschäftlichen Dingen müssen wir klug und sparsam und nicht nachlässig sein, gerade als hätten wir keinen Gott und als hinge alles von unserer Bemühung ab, dabei aber im Herzen und bei der Besprechung geschäftlicher Angelegenheiten im Schosse des Haushaltes des Glaubens unser Vertrauen auf Gott festhalten und bezeugen, da wir ja sein sind und seines Schutzes uns erfreuen. Und wenn uns alsdann trotz alledem Verluste beschieden sind, wenn wir alsdann trotz alledem arm bleiben, so wollen wir die Sache so auffassen, dass unser himmlischer Vater wisse, dass dies unserer Neuen Schöpfung zuträglicher sei als größeres Wohlsein und besseres Gelingen. Was uns auch beschieden sei, wir müssen es aus seiner Hand annehmen als ein Mittel, durch das er uns segnen will. Gleicherweise mit der Gesundheit. Werden wir krank, so ist es unsere Pflicht, als treue Verwalter zu tun, was in unseren Kräften steht, die besten uns erreichbaren Mittel anzuwenden. Stellen uns dieselben her, so haben wir Gott dafür zu danken; heilen sie uns nicht, so sollen wir deshalb nicht an seiner Macht zweifeln, sondern nach weiteren Segnungen Ausschau halten, die uns durch Ertragen des zugelassenen Leidens zuteil werden können. In allen Schwierigkeiten sollten die Neuen Schöpfungen des Ihrige tun, um sie zu überwinden, im übrigen aber vertrauensvoll zum Herrn aufblicken mit dem Wunsche, zu erfahren, was Gott sie dadurch lehren will, und ob sie Züchtigungen für begangenes Unrecht oder aber der Stecken und Stab sind, mit dem der gute Hirte seine Schafe von einem Irrwege, der sie hinwegführen könnte von den Spuren seiner Füße, wieder ablenken will. „Dein Stecken und Stab trösten mich.“ Das Volk des Herrn darf sich nicht nur glücklich fühlen, wenn es ihm äußerlich gut geht, sondern kann sich des Friedens Gottes unter allen Umständen erfreuen, ob es nun mit dem Stabe geleitet oder mit der Rute zurechtgewiesen wird. Mit dem alten Propheten können viele Neue Schöpfungen sagen: „Bevor ich gedemütigt ward, irrte ich.“ Viele von ihnen haben erfahren, dass Trübsale oft mit großem Segen verknüpft sind.
Von der Herauswahl und der Fürsorge des Herrn für sie ist im 103. Psalm die Rede, wenn wir lesen: „Der da heilet alle deine Krankheiten.“ Anwendung dieser Aussage auf die leibliche Gesundheit der Auserwählten ist nicht möglich. Wer ist, der nicht wüsste, dass vom Haupte der Herauswahl bis herab auf die letzten Fußglieder des Leibes Christi es dem Herrn nicht gefallen hat, alle körperlichen Gebrechen zu heilen? Dass sehr viele Heilige an ihrer Krankheit gestorben sind? Auch unser geliebter Erlöser war nach Ansicht der medizinischen Wissenschaft, obgleich er körperlich vollkommen war, von einer Krankheit befallen, als er in Gethsemane Blut schwitzte; diese Krankheit ist den Ärzten nicht unbekannt. Wer ist, der nicht wüsste, dass der Apostel Paulus einen Pfahl im Fleische zu ertragen hatte (seine Halbblindheit), und dass der Herr sich weigerte, ihn zu heilen, und ihm zu verstehen gab, dass geduldiges Ertragen seines Leidens ihm um so größeren Segen einbringen werde? Passt mithin die angeführte Psalmstelle nicht auf Leibeskrankheiten, so passt sie um so besser auf die geistige Beschaffenheit der Neuen Schöpfungen. Die Neue Schöpfung hat mit Krankheiten und Leiden geistiger Natur zu tun; für solche ist die Salbe Gileads bestimmt. Die außerordentlich großen und köstlichen Verheißungen des göttlichen Wortes, jener Friede und jene Freudigkeit, welche die Welt weder zu geben noch zu nehmen vermag, heilen die Herzen von aller Unruhe und erfüllen sie mit Liebe und heiliger Gesinnung.
Markus 16:9-20 unecht
Der Schluss des Markus-Evangeliums wird allgemein von Fachleuten als unecht bezeichnet. Er fehlt in den ältesten griechischen Handschriften und gibt sich schon durch seinen Stil als aus anderer Feder stammend zu erkennen. Es ist nicht wahr, dass alle an den Herrn Jesus Glaubenden Giftgetränke einnehmen, von Giftschlangen gebissen, von ansteckenden Krankheiten befallen werden können, ohne beschädigt zu werden. Es ist nicht wahr, dass alle die Macht hätten, Krankheiten zu heilen oder Teufel auszutreiben. Die besseren Bibelübersetzungen setzen den ganzen Abschnitt in Klammern. Sich darauf berufen, ist mithin gleichbedeutend damit dem Worte Gottes etwas hinzuzufügen, und kann nur die in Bezug auf einen wichtigen Punkt bereits schon vorherrschende Verwirrung noch vermehren.
Die Meinung, dass Gottes Volk hinsichtlich seiner Gesundheit oder sonst in äußerlicher Hinsicht von Gott begünstigt werde, ist, wie wir schon sahen, ein Irrtum und das gerade Gegenteil von dem, was die Neue Schöpfung zu erwarten hat. Der Herr und seine Apostel sind unsere Vorbilder; sie erwarteten keineswegs, von den Widrigkeiten, unter deren Last die ganze Schöpfung seufzt, befreit zu werden, sondern ihr Weihegelübde schloss freudiges Ertragen derselben ein, damit sie die menschlichen Gebrechen schmecken könnten. Unser Herr lehnte es z.B. ab, seine göttliche Macht dazu zu gebrauchen, seinen Hunger in der Wüste auf wunderbare Weise zu stillen. (Matth. 4:3, 4) Am Jakobsbrunnen setzte er sich, weil er müde war, und sandte seine Jünger in die Stadt, um Speise zu kaufen, anstatt göttliche Macht zur Herstellung seiner Kräfte in Anspruch zu nehmen. (Joh. 4:6) Speise war in diesem Fall die richtige Medizin für seinen Hunger und Rast das richtige Heilmittel für seine Mattigkeit; der Herr wandte sie darum auch an. Die Schrift sagt nichts davon, dass der Herr an irgendeinem chronischen Leiden gelitten habe; hätte er es, so zweifeln wir gar nicht daran, dass er sich für frei und berechtigt gehalten hätte, Heilwurzeln, Heilkräuter oder andere Heilmittel eben so gut anzuwenden, wie er Speise einnahm, wenn ihn hungerte, und rastete, wenn er müde war. Die organische Störung, welche den blutigen Schweiß in Gethsemane und das Brechen seines Herzens am Kreuze herbeiführte, trat wohl erst am Ende seiner irdischen Laufbahn ein. Damals war seine Stunde gekommen.
Wenn er aber auch ablehnte, seinen Hunger auf wunderbare Weise zu stillen, seine Mattigkeit auf wunderbare Weise loszuwerden, Engellegionen zu seinem Schutze herbeizuführen, so war er doch völlig frei, von seiner Wunderkraft zugunsten seiner Nachfolger oder auch anderer Gebrauch zu machen (s. die Speisung der Fünftausend und der Viertausend; die Stillung des Sturmes; die Beschaffung des Steuergroschens). – Matth. 14:15-21; 17:24-27; Mark. 4:36-41
Ebenso gebrauchten die Apostel die ihnen verliehene Macht nicht zu ihrer eigenen Heilung oder Erleichterung. Freilich hören wir von keinen körperlichen Leiden bei ihnen, mit Ausnahme des Augenleidens Pauli (Apg. 9:8, 18; Gal. 4:15; 6:11), das der Herr selbst auf seines Dieners Gebet hin zu heilen sich weigerte, ihm damit andeutend, dass diese Erprobung seiner Geduld und Demut in der reichlichen Gnade, die ihm zuteil geworden sei, mehr als ihren Gegenwert habe. (2. Kor. 12:7-9) Des Apostels Glaube und Vertrauen ist allen Wanderern auf dem schmalen Wege von seinen Tagen bis auf unsere Zeit eine Trostquelle gewesen, und doch bat er den Herrn nicht um zeitliche Güter, Geld, Grundbesitz, Speise, Kleidung usw. Er bezeugt selbst, dass er zuweilen daran Mangel litt, und dass er dann arbeitete, sein Teppichwirkerhandwerk wieder aufnahm. Andere, die bedeutend weniger heilig waren als er, hätten solche Händearbeit nicht für gut genug befunden, hätten auch irgendeine Anstellung verschmäht und hätten versucht, wie sie sagen, „vom Glauben zu leben“, d.h. ohne zu arbeiten, ein Ding, das der Apostel aufs bestimmteste verwirft, indem er sagt: „Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen“ und: „Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, auf dass er dem Dürftigen mitzuteilen habe.“ (2. Thess. 3:10; Eph. 4:28) Manche, die so irrigerweise sich vorstellen, es sei der Wille des Herrn, dass sie aus Glauben leben, während andere von ihre Händearbeit leben und diese „Glaubenshelden“ erhalten, sind dann oft keck genug, um das Geld, die Speise, die Kleidung usw., um die zu arbeiten sie sich weigern, zu beten. Wir wollen hiermit nicht sagen, dass alle, die solches tun, böse seien; vielmehr glauben wir, dass einige Kinder Gottes solcher Ansicht sind, weil sie hinsichtlich Gottes Handlungsweise mit ihnen und hinsichtlich der Natur ihrer Berufung nicht richtig unterrichtet worden sind. Wir wollen auch nicht in Abrede stellen, dass der Herr zuweilen solche Gebete erhört, auch wenn sie nicht völlig mit seinem Willen übereinstimmen. Wir sind der Ansicht, dass der für die Neuen Schöpfungen passendste und Gott wohlgefälligste Wandel in der möglichst genauen Nachfolge Christi und seiner Apostel besteht. Ihre Annahme als Neue Schöpfungen setzte voraus, dass sie die Tatsache erkannten, dass irdische Segnungen das Teil des mit seinem Schöpfer in Einklang stehenden natürlichen Menschen sind; dass mithin durch den Glauben an Christum vor Gott gerechtfertigte Gläubige Anspruch haben auf diese Segnungen, dass sie aber diese Ansprüche weihten, hingaben, auf den Opferaltar legten, um der himmlischen, geistigen, höheren Segnungen und Vorrechte teilhaftig zu werden, die das Vorrecht der Neuen Schöpfung sind, zu dem sie während des Evangeliums-Zeitalters berufen wird. Nachdem nun diese irdischen Ansprüche darangegeben, ausgetauscht worden sind gegen ein himmlisches Guthaben, wie könnte die Neue Schöpfung wieder darum bitten und beten? Ganz etwas anderes ist es, um jene zeitlichen Segnungen zu beten, die nach des Herrn Weisheit zu unserem Besten dienen, oder um die Segnung unserer Lieben nach dem Fleische zu beten, aber auch in diesen Dingen sollte die Liebe und Weisheit des Herrn stets als höher anerkannt werden als die unsere, und unsere Willigkeit, seinem Entschlusse uns zu unterwerfen, sollte nicht allein in unseren Herzen verbleiben, sondern im Gebete ausgedrückt werden. Die Neue Schöpfung sollte, nachdem sie vom Worte Gottes belehrt worden ist, ihre geistigen Interessen viel höher schätzen als zeitliches Wohlergehen, und im Fleische nur solche Erfahrungen wünschen, die geeignet sind, die Neue Schöpfung zu voller Entwicklung zu bringen, und sie für ihre königliche Würde und Aufgabe zuzubereiten. Das Neue Testament beschäftigt sich mehr mit den Erfahrungen desjenigen Apostels, der die Stelle des Judas Iskariot einnahm, als mit den Erfahrungen aller anderen Apostel zusammen, und beginnt dabei mit seiner Berufung auf dem Wege nach Damaskus. Da gewahren wir denn, dass Paulus seine Gabe, Wunder zu verrichten, in manchen Fällen zugunsten solcher gebrauchte, die sich der Wahrheit nahten. Aber kein Fall ist namhaft gemacht, in dem er seine Gabe, zu heilen, für sich selbst oder für solche benutzt hätte, die geweihte Heilige waren. Nicht etwa, dass die letzteren nichts zu ertragen gehabt hätten; wir wissen im Gegenteil, dass Timotheus ein chronisches Magenleiden hatte; Epaphroditus war dem Tode nahe, nicht um einer Sünde willen, sondern, wie der Apostel erklärt, um des Werkes des Christus willen, indem er dabei sein Leben aufs Spiel setzte. (Phil. 2:25-30) Wir wissen nicht, welches die Speisen und Heilmittel waren, die der Herr zur Wiederherstellung des Epaphroditus segnete; aber im Falle des Timotheus sandte der Apostel kein wundertätiges Taschentuch oder Schweißtuch an den Kranken und riet ihm nicht, um Heilung zu beten, sagte ihm auch nicht, dass er für seine Heilung gebetet habe, sondern schrieb ihm: „Gebrauche ein wenig Wein, um deines Magens und deines häufigen Unwohlseins willen.“ (1. Tim. 5:23) Den Wein empfahl Paulus nicht als Getränk, noch als Betäubungsmittel, sondern als Arznei.
Was in diesen Fällen zu merken ist, ist, dass ein Wunder Gottes zugunsten der genannten Heiligen nicht erbeten worden ist; dass Paulus sie nicht durch Handauflegen heilte. Sie ertrugen geduldig ihre Leiden und Trübsale und schöpften aus ihnen Gnade um Gnade. Das hinderte nicht, dass sie auf natürliche Weise sich Erleichterung zu schaffen suchten, so gut sie es verstanden. Wir halten dies für ein von allen geweihten Neuen Schöpfungen zu befolgendes Beispiel. Sie sollten um Heilung von eigener Krankheit ebenso wenig bitten wie um äußere Annehmlichkeiten des irdischen Lebens. Des Herrn Mustergebet zeigt dass um das gebetet werden soll, was nach Gottes Weisheit für uns das Beste ist, und die Bitte um das tägliche Brot sollte begleitet sein von unserer Hände Arbeit und von der zuversichtlichen Erwartung, dass der Herr den Ertrag derselben so regeln werde, wie es für unsere Charakterentwicklung am zuträglichsten ist. Fällt dieser Ertrag nach Gottes Willen spärlich, ja so aus, dass er knapp für Nahrung und Kleidung hinreicht, so kann der Geführte darin einen Unterricht in der Geduld und im Glauben an den Herrn erblicken. Fällt umgekehrt der Ertrag reichlich aus, so soll die Erprobung darin erblickt werden, einen wie großen Teil dieses Ertrages wir in den Dienst an der Wahrheit und an den Brüdern zu stellen bereit sind. Wem Gesundheit und Rüstigkeit verliehen ist, wird daraufhin geprüft, ein wie großer Teil seiner Kräfte auf den Dienst in der Wahrheit und an den Brüdern verwendet werden, oder ob alles zu eigensüchtigen Zwecken benutzt wird. Und umgekehrt hat, wem Gott die Lebenskräfte kärglich zugemessen hat, Gelegenheit, seinen Eifer und seine Treue durch bestmögliche Ausnützung seiner kärglichen Mittel zu erweisen.
Die Namenkirche als ein Widersacher der Neuen Schöpfung
Der Umstand, dass es die Namenkirche war, die zuerst von Gott zu uns redete, macht viele geneigt, dieselbe als ihre geistige Mutter zu betrachten und sich ihr gegenüber zu Anhänglichkeit verpflichtet zu fühlen. Solchen wird es schwer, einzusehen, dass alle irdischen Systeme (Babylon) Feinde der Neuen Schöpfung sind. Das rührt daher, dass sie zu wenig umfassende Begriffe haben. Von höherer Warte aus werden sie gewahren, dass vor Gott zwischen der Namenkirche und der Herauswahl ein ebenso großer Unterschied ist wie zwischen Weizen und Scheinweizen. So wenig Scheinweizen Weizenkörner hervorbringen kann, ebenso wenig kann das Namenchristentum wahre Christen erzeugen, sondern eben nur Namenchristen. Die Schrift erklärt, dass es die Kraft Gottes ist, welche uns befähigt, zu wollen und zu tun, was Gott wohlgefällt. Es ist die Kraft des neuen Lebens, welches unter Gottes Fürsorge sich entwickelt und mehr und mehr erstarkt. Die Zeugung durch den Geist der Weltlichkeit kann solches nicht bewirken. Die Namenkirche besteht, zum Unterschied von der Herauswahl, aus solchen Leuten, welche gewisse Züge der Wahrheit wahrgenommen haben, welche mehr oder weniger befähigt worden sind, Recht und Unrecht zu unterscheiden, daher gewisse Begriffe von Gut und Böse haben, aber im weiteren sorglos den Willen Gottes zu übersehen und von seiner Gnade soweit Gebrauch zu machen geneigt sind, wie es ihnen persönlichem und gesellschaftlichen greifbaren Nutzen eintragen kann, mehr nicht. Die Herauswahl hingegen besteht aus solchen, welche die Wahrheit nicht allein gehört, sondern auch alles dem geweiht haben, der sie geliebt und erkauft hat mit seinem kostbaren Blute, welche von den ersten Kenntnissen weitergedrungen sind bis zur Erkenntnis des Herrn und zum Gehorsam, soweit sie es vermögen, und dabei ihr Leben nicht lieb haben. Die Namenkirche ist nicht das Licht der Welt, sondern eine Klasse von Menschen, welche dem Dämmerlicht vor der Finsternis den Vorzug geben, welche ein wenig von dem Lichte haben, das die wahren Christen erleuchtet, außerdem aber heidnischen oder fälschlich für wissenschaftlich geltenden Anschauungen folgen. Die Glieder der Herauswahl hingegen sind, ein jedes für sich, hell brennende Lichter, wo sie sich auch befinden mögen.
Je fühlbarer der Unterschied zwischen beiden Klassen ist, um so besser für die Herauswahl. Die Lampen der getreuen Lichtträger haben meist um so heller geleuchtet, je dicker die Finsternis in der Namenkirche, je feuriger die Verfolgung der Herauswahl durch die Namenkirche war, von welcher alle Verfolgungen ausgegangen sind.
Wenn wir einmal erkannt haben, dass Gott die Angelegenheiten der Neuen Schöpfung in allen Einzelheiten überwacht, nicht nur in ihrer Berufung, sondern auch in ihrer Zubereitung für die Königswürde durch Widrigkeiten, Prüfungen und Verfolgung, dann schätzen wir die Mitwirkung menschlicher Einrichtungen in der Verwirklichung des Planes Gottes weniger hoch ein. Diese Einrichtungen stammen nicht vom Herrn; er hat auch niemanden beauftragt, sie zu treffen; sie sind fleischlich, und sonach gelüsten sie wider den Geist. Damit wollen wir nicht sagen, dass die Herauswahl nicht in enger Berührung mit der Namenkirche gestanden habe; aber wir erachten, dass sie wohl in, aber nicht von diesen Systemen war, dass sie stets einen anderen Geist (eine andere Gesinnung, Auffassung) hatte. Die Zeugung der geistigen Kinder Gottes durch das Wort seiner Gnade und ihre teilweise Würdigung durch die Scheinweizensysteme wird ziemlich gut vorgeschattet durch gewisse Insekten, welche ihre Eier auf den Rücken anderer ihnen feindlich gesinnter Insekten legen, deren Körperwärme sie dann ausbrüten. Wenn aber die Jungen ausschlüpfen, so stirbt meist das Insekt, das die Eier ausgebrütet hat. So sind auch die von Gott gezeugten Neuen Schöpfungen mehr oder weniger in den Einrichtungen Babylons warm geworden, haben dadurch unter Gottes Vorsehung und Fürsorge eine Entwicklung genommen, welche Babylon zuwider ist, bis sie, zu einer gewissen Reife gelangt, den Ruf dessen vernehmen, der sie gezeugt hat: „Gehet aus ihr hinaus, mein Volk, auf dass ihr nicht ihrer Sünden mitteilhaftig werdet, und auf dass ihr nicht empfanget von ihren Plagen.“ – Offb. 18:4
Es findet eine beständige Versuchung der Neuen Schöpfung durch die Namenkirche statt, nicht nur durch die in derselben verbreiteten Irrlehren, sondern auch durch das dort gern gesehene Formenwesen, wo ein jeder Gefahr läuft, mit den Lippen Gott zu nahen, indes das Herz fern bleibt, d.h. Gedanken, Gefühle und Werke im Widerspruch stehen zum Geiste der Wahrheit und zur Weihung, zu der dieser antreibt. Die Versuchungen der Welt hätten fast keine Macht über die Neue Schöpfung, wenn nicht in der Namenkirche Weltsinn und Christennamen zu einem so verführerisch schönen Ganzen zusammengemengt wäre. Der Dienst in derselben ist angenehm, bringt Ehre vor den Menschen, befreit vom Opferbringen, führt zum Genuss des Besten, was die Welt zu bieten hat. Das ist der Köder, den Babylon stetsfort der Neuen Schöpfung hin hält. Es gibt in der Hand des Widersachers kaum wirksamere, täuschendere, verlockendere Verführungen als diese.
Die Waffenrüstung Gottes
„Ziehet nun an die ganze Waffenrüstung Gottes, damit ihr zu bestehen vermöget wider die Listen des Teufels … an dem bösen Tage.“ – Eph. 6:11-13
In dieser Stelle wiederum warnt der Apostel vor dem Ende des Zeitalters, indem er es „den bösen Tag nennt“, in dem Satans Kräfte in besonderer Weise fühlbar werden würden, „um so, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen“. Gleichzeitig verweist uns der Apostel auf eine Waffenrüstung, die Schutz gewähren würde wider alle Täuschereien Satans. Diese Waffenrüstung ist nicht für das Fleisch, sondern für die Gesinnung, für die Neue Schöpfung. Gott ist ihr Hersteller, und Menschen waren seine Werkzeuge bei dieser Arbeit. Diese Waffenrüstung ist sein Wort, seine Botschaft, seine Wahrheit. Am „bösen Tage“ wird diese Waffenrüstung allein schützen, und man wird ihrer vollständig bedürfen, mögen auch frühere Generationen mit einem Teile davon genug gehabt haben.
Der Gürtel um die Lenden stellt die Weihung zum Dienen dar, und der Apostel ermahnt uns dringend, darauf zu achten, dass wir nicht dem Irrtum dienen, sondern der Wahrheit. Ein jeglicher untersuche seinen Gürtel, ob es auch der richtige sei, gürte sich dann damit und werde ein Diener der Wahrheit, oder sei wenigstens dienstbereit.
Der Brustharnisch der (zugerechneten) Gerechtigkeit (Christi) ist ebenfalls unentbehrlich. Der Herr erkennt niemanden an als Kreuzessoldaten, der seinen Maßstab der Gerechtigkeit nicht von anderen Maßstäben zu unterscheiden vermag und ihm vor allen anderen den Vorzug gibt, niemanden, der die Lehre von der Gerechtmachung aus Glauben (durch Glauben), gestützt auf das kostbare Blut seines Sohnes, verwirft.
Die Füße müssen beschuht sein mit der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens. Der Kreuzessoldat, der ohne den Frieden Gottes, der ihm über raue Stellen auf seinem Wege hinweghilft, in den Krieg zieht, wird weniger ausrichten und mehr Mühe haben, als der, der Frieden zu halten sucht, soviel an ihm ist mit allen Menschen, soweit dies ohne Verleugnung der Wahrheit möglich ist. Wer ohne Schuhe auszieht, geht auf die Jagd nach Trübsal und kann sicher sein, solche zu finden.
Den Schild des Glaubens benötigen wir zum Schutze gegen die feurigen Pfeile des Widersachers: die Lehren der Zweifler, höheren Textkritiker, Evolutionisten und die Lehren des Teufels. „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen.“ „Dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.“ – Hebr. 11:6; 1. Joh. 5:4
Der Helm des Heils bedeutet das Erfassen des Planes Gottes mit der Vernunft. Das war ehedem weniger notwendig als jetzt; aber jetzt, in der „Ernte“, da der Widersacher die Wahrheit so wütend angreift und aus Bildung und Wissenschaft Waffen, die Wahrheit umzustoßen, zu schmieden sucht, ist dieser Helm unentbehrlich. Und jetzt erst ist dieser in einer Gestalt und Form erhältlich, die selbst dem geringsten Kreuzessoldaten passt. Der Herr hielt seinerzeit den Angreifer weit genug von den Seinen, dass der Schild des Glaubens sie schützen konnte; jetzt aber beschafft er die ganze Waffenrüstung, und fürwahr zur rechten Stunde.
Das Schwert des Geistes, das Wort Gottes, ist die einzige Angriffswaffe der kleinen Schar des Herrn. Ihr Anführer siegte in seinem guten Kampfe gegen den Widersacher, indem er ihm sein: „Es steht geschrieben“ entgegenhielt. Dies ist auch der Schlachtruf der Seinen. Andere als die wahren Kreuzessoldaten haben für den Herrn gekämpft mit fleischlichen Waffen, mit menschlichen Lehren, mit weltlicher Weisheit und Methode, mit Beschlüssen von Konzilien, Synoden, Kirchenräten usw. Unsere Zuflucht im Streit an diesem bösen Tage sei einzig das Wort Gottes. Was dort geschrieben steht, sei unser Glaube; darauf allein wollen wir uns berufen! Wir müssen nicht Pfeile brauchen wie Satan, nicht Zorn, Bosheit, Hass und Streit. Das Schwert des Geistes aber kann nur der richtig handhaben, der das Wort Gottes unter der Leitung des Heiligen Geistes gründlich durchforscht, mit heiligen Gesinnung, nicht mit der Absicht, es zu meistern, sondern sich belehren zu lassen, zum Eintritt in den Dienst, der Einreihung unter die Kreuzessoldaten.